Nuramon
so flink wie früher. Sein rechtes Bein wirkte träge. Vielleicht war es eine Verletzung, vielleicht war es einfach nur die Zeit, die nicht spurlos an ihm vorübergegangen war.
Während die Varmulier ihre Anführer anfeuerten, folgten Nuramons Leute dem Geschehen schweigend. Sie hatten ihn oft kämpfen sehen und wussten, dass das Verteidigen am Anfang des Kampfes keine Schwäche, sondern Taktik war. Er kundschaftete seine Gegner aus. Als er aber zum Angriff überging, riefen auch sie seinen Namen. Er führte sechs rasche Hiebe gegen Varramil und lockte Dorgal damit in die Verteidigung seines Herrn. Beim siebten Hieb wechselte er blitzartig die Schlagrichtung, ließ das Schwert auf Dorgal niederfahren und traf ihn an der linken Schulter. Der Krieger schrie auf und wich zur Seite aus.
Nuramon sprang vor einem Tritt Varramils zurück, tauchte unter einem Hieb fort und schlug dem Neffen des varmulischen Königs eine Wunde in die Seite. Dann wich er zurück und ließ Dorgal an seinen Herrn heran. Der Neffe des Königs wies seinen Gefährten von sich fort. Der Schnitt hatte die Rüstung anscheinend kaum durch drungen. Varramil hob seinen Kriegshammer; Dorgal stellte sich neben ihm auf.
»Hinter dir!«, rief Waragir. Nylmas und Yargirs Sohn entging selten etwas. »Da ist noch einer!«
Nuramon schaute kurz über die Schulter zurück – dann erstarrte er. Auch diesen Krieger, der sich ihm in Lederrüstung und mit einem Kriegsflegel bewaffnet näherte, kannte er. »Bjoremul!«, sagte er leise.
Das Alter hatte an dem Wyrenar genagt, der damals seinen eigenen König verraten hatte, um ihn und die Teredyrer zu retten. Er war damals Anfang dreißig gewesen und musste nun um die fünfzig Jahre alt sein. Sein Haar war grau, der einst braune Bart stark meliert, und in seiner faltigen Miene lag Bedauern.
Nuramon ließ zu, dass Bjoremul ihn umrundete und an Varramils Seite trat.
»Warum?«, fragte Nuramon, während ringsherum Stille einkehrte.
Bjoremul biss sich auf die Lippen.
»Weil mit unserem Scheitern damals der Niedergang seinen Anfang nahm«, sagte Varramil.
Unruhe breitete sich unter den Ilvaru aus, und es war Waragir, der die aufkeimende Sorge in Worte fasste. »Das geht nicht!«, rief er. »Drei gegen einen. Das ist zu viel.« Doch Nuramon hob die Hand und wartete, bis es wieder still geworden war. Dann sagte er: »Tatsächlich? Drei gegen einen?«
»Hast du etwa Angst?«, erwiderte Dorgal.
Natürlich hatte er Angst. »Ich bin stark genug es zuzugeben«, sagte er. »Wird es also drei gegen einen sein?«
»Wir werden nicht noch einmal versagen«, erwiderte Varramil.
Nuramon nickte. »Glaubt nicht, dass ich um alter Zeiten willen Rücksicht nehme. Ich werde alles tun, um zwei von euch zu töten. Dem Letzten aber gewähre ich einen aufrechten Kampf.«
»Wenn du so lange lebst!«, rief Dorgal.
Nuramons Blick ruhte auf Bjoremul. Er schüttelte den Kopf, denn er konnte nicht begreifen, dass der Mann, der für ihn und die Teredyrer alles in die Waagschale geworfen hatte, wieder zum Werkzeug König Mirugils geworden war. »Bjoremul«, sagte er leise.
»Es muss sein, Nuramon«, erwiderte der Wyrenar.
»Dann soll es so sein«, sagte Nuramon. Er hob das Schwert und wartete auf den ersten Angriff, während er aufmerksam jede Bewegung seiner Gegner beobachtete. Dorgal, Varramil und Bjoremul strebten langsam auseinander und schienen ihn umkreisen zu wollen. Ganz gleich, wen er zuerst mit Schwert oder Zauber angriff, die anderen würden über ihn kommen. Es galt eine Wahl zu treffen, und binnen eines Augenblicks war es getan. Er deutete eine Bewegung auf Varramil an, machte dann aber einen Schritt auf Bjoremul zu und sah noch die Überraschung auf dem Gesicht des Königsneffen. Bjoremul hielt ihm den Kriegsflegel drohend entgegen, und als Nuramon fast in dessen Reichweite war, wandte er sich nach links und schickte dem Wyrenar lediglich einen Lichtstrahl entgegen.
Er sah noch, wie Bjoremul zurückwich und sich die Augen rieb, dann war Nuramon bei Varramil. Während er Dorgals Schritte hinter sich hörte, tauchte er unter dem Hieb des Feldherrn hinweg und traf dessen Schulter mit seiner Klinge. Obwohl Varramil noch nicht zum nächsten Schlag ausgeholt hatte, sprang Nuramon zur Seite. Dorgals Schwert verfehlte Varramil nur knapp, doch er prallte mit dem Schild gegen seinen Gefährten. Sofort war Nuramon da und versetzte Dorgal einen Tritt, der ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Als Nuramon jedoch das Schwert hob, um
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