Nuramon
Ruhe.
»Denk nur!«, rief Gaerigar ihm voller Begeisterung zu. »Ich habe die halbe Nacht gekämpft.« Und dann berichteten sie einander, was vorgefallen war, und die Feldherren – allen voran Borugar – wurden nicht müde, Gaerigars Taten zu loben. Nicht nur dass er das Tor mit einem Steinzauber aufgesprengt hatte, er hatte die Merelbyrer in die Stadt geführt und die Nordmauer erobert. Nuramon lächelte seinem Sohn entgegen, und dieser strahlte vor Glück.
Jasgur war unterwegs, um die Gesamtlage in Erfahrung zu bringen, und sie alle erwarteten seine Rückkehr. »Wir werden in die Garnison der Torwachen einziehen und sie zu unserem Hauptquartier machen«, erklärte der Fürst. Er zeigte auf der Karte, wie viel Boden sie in der Nacht gewonnen hatten.
Als Jasgur schließlich das Zelt betrat, bestürmten ihn die Feldherren mit Fragen, doch der Herzog von Gaelbyrn schmunzelte nur, verbeugte sich vor seinem Fürsten und sagte: »Herr, es gibt Nachrichten.« Dann ließ er sich einen Becher Wasser reichen. Er nahm ihn mit der linken Hand an, und Nuramons Blick fiel wie so oft auf den rechten Arm Jasgurs, der seit der Schlacht von Weramul beinahe steif war. Er fragte sich, ob er etwas hätte ausrichten können, wenn er in jenem Kampf an der Seite seines Freundes gewesen wäre.
In aller Ruhe trank er den Becher aus, dann schaute er zu Nuramon und sagte: »Was im Osten geschehen ist, habt ihr also erfahren. Im Süden haben die Varmulier alle Hügel geräumt. Sogar das Lager südlich der Mauern haben sie abgebrochen und sind durch das Südtor in die Stadt geströmt. Einige der feindlichen Banner sind geflohen.« Jasgur erhob sich und deutete auf einige Stellen der Karte. »Wir halten die Mauern und Tore der meisten Stadtbezirke und haben einen Ring um den Königsbezirk geschlossen.«
Die Feldherren applaudierten, und Borugar strahlte und klopfte Gaerigar auf die Schulter. Auch Nuramon erkannte die Siege an, aber Freude verspürte er nicht.
»Mit diesem Morgen halten wir die Hügel ringsumher«, sagte Jasgur feierlich. »Und die Späher berichten, dass jene Varmulier, die gen Süden geflohen sind, der feindlichen Verstärkung entgegeneilen, die langsam auf der großen Straße näher kommt.« Jasgur schaute Nuramon in die Augen. »Tarsun ist in die Stadt zurückgekehrt und gelangte in den Königsbezirk, ehe wir den Kreis schließen konnten. Wir kommen im Augenblick nicht an ihn heran. Also werden wir deine Macht benötigen. Zwei bis vier Ringträger sollen an seiner Seite gewesen sein. Sonst gab es bei keinem der Kämpfe in der Stadt Anzeichen von Magie.« Jasgur grinste. »Und noch etwas: Tarsun war so erschöpft oder aber verletzt, dass seine Leute ihn erst stützen und dann tragen mussten.«
Nuramon hatte den Hofmagier zwar mit einem Zauber getroffen, aber die Wirkung war ihm nicht so verheerend erschienen, wie Jasgurs Bericht es andeutete. »Vielleicht war er lediglich am Ende seiner Kräfte«, sagte Nuramon.
»Wie dem auch sei«, sagte Bjoremul. »Wir kennen nun die Grenzen unseres Feindes.«
Borugar nickte und schaute anerkennend über die Karte. »Bald schon stoßen wir den König vom Thron«, erklärte er. Dann wandte er sich an Nuramon. »Wir schnappen uns den Magier. Und dann beenden wir diesen Krieg und kehren nach Hause zurück.«
Nuramon nickte und dachte zuerst an all die Toten, die er nicht hatte retten können, dann aber an Daoramu. Der Hofmagier hielt den Schlüssel zu ihrem Erwachen in Händen. Und Nuramon war bereit, alles aufzubieten, um diesen Schlüssel zu erbeuten.
»Aber wenn wir erst einmal in der Stadt sind, könnten wir rasch selbst zu Belagerten werden«, sagte Gaerigar und schaute fragend in die Runde.
Borugar nickte, Jasgur aber schmunzelte. »Haben wir den Königsbezirk erobert, können wir uns unbegrenzt versorgen«, sagte der Stratege des Fürsten.
»Ich ahne, worauf du hinauswillst«, sagte Nuramon und dachte an das Ahnenhaus. »Du meinst den Albenstern in den Totenhallen.«
»Du alte Schlange!«, rief Bjoremul da aus dem Hintergrund.
Jasgur nickte. »Es stimmt«, sagte er. »Der Albenstern in den könig lichen Ahnenhallen macht Varlbyra zur größten Sternfestung von Arlamyr.«
Salyra
Yendred lief seiner Schwester durch den Thronsaal entgegen und schloss sie in die Arme.
»Das ist aber ein lieber Empfang, Yendred«, sagte Nerimee und legte ihren Mantel ab. Darunter kam ein rotes, goldbesticktes Kleid zum Vorschein. »Vielleicht sollte ich öfter fortgehen.«
»Bloß
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