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Nuramon

Nuramon

Titel: Nuramon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sullivan
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Knaben.
    »Nein!«, rief eine Frau und presste das Kind fest an sich. Andere um sie herum wimmerten. Überall waren angstgeweitete Augen, und Nuramon suchte geradezu nach einem Krieger oder dem Magier Tarsun. Hier aber waren nur etwa zwanzig unbewaffnete Frauen, Männer und Kinder. Der Knabe, der Nuramon zuerst aufgefallen war, schien der einzige Junge unter den Kindern zu sein. Er war etwa sieben Jahre alt und klammerte sich an seine Mutter, ließ Nuramon aber nicht aus den Augen. Der edlen Alltagskleidung nach zu urteilen, waren dies die Frauen des Königs mit ihren Kindern und den Eunuchen.
    Nuramon senkte das Schwert. »Wer seid ihr?«, fragte er, und als niemand antwortete, deutete er auf den Jungen und sagte: »Ist das der Thronerbe?« Er schaute die Frau an, die den Jungen im Arm hielt. Diese aber schwieg und starrte ihn mit ihren großen, schwarzen Augen an. Langes, lockiges Haar rahmte ihr überaus schönes Gesicht. Sie mochte Mitte dreißig sein und passte auf die Beschreibung, die Daoramu ihm einst von Yenwara gegeben hatte – jenem Mädchen, das von Daoramus wohlwollender Kerkermeisterin in Werisar zur Königin, der Ranghöchsten unter Mirugils Ehefrauen, herangewachsen war.
    »Bist du Yenwara?«, fragte Nuramon leise.
    Die Frau blickte ihm nur flehend entgegen.
    »Sie ist es«, sagte Bjoremul und trat an seine Seite. »Und der Kleine ist Tyregol, der Thronerbe.« Der Wyrenar wischte sich den Schweiß von der Stirn und atmete tief durch.
    »Meister Bjoremul«, sagte eine Frau Mitte fünfzig mit grauem, hochgestecktem Haar, deren Lippen sich trotz der Angst in ihrem Ge sicht noch immer spöttisch wölbten. »Ich flehe dich an, sei gnädig.«
    Bjoremul beugte das Haupt vor ihr und schüttelte dann den Kopf. »Du kennst die Regeln, Yaswani«, sagte er der ältesten Frau Mirugils, die vor Yenwara die Königinnenkrone getragen hatte. »Ich kann euch nicht helfen.«
    Yaswani schaute zu Boden und nickte.
    Bjoremul biss sich auf die Lippen, und als Borugar mit einer Handvoll Krieger hereinkam, verließ er wortlos das Zimmer.
    »Ist das die Königsfamilie?«, fragte Borugar.
    Nuramon nickte. Nun wusste er, was Mirugil gemeint hatte. Er hatte eben um Gnade für seine Familie gebeten. Und diese Familie musste nun sterben, auf dass niemand Rache nehmen konnte. Nuramon selbst war dieser Regel bislang immer ausgewichen oder hatte Borugar darum gebeten, eine Ausnahme zu machen. Er hatte noch nie eine Familie zum Tode verurteilt, doch sobald er an Daoramu, Nylma, Yargir und Gaerigar dachte, stieg der Zorn und die Verzweiflung in solche Höhen, dass er vor sich selbst erschrak. Und der Blick in die Augen des Jungen brachte keine Antwort, sondern warf nur Fragen auf. Was wusste dieses Kind schon von alldem, was geschehen war? Stand es dem Knaben nicht zu, den Mörder seines Vaters zu hassen? Und würde er ihm nicht im vollen Recht nachstellen, wenn er erwachsen war?
    »Bringt sie nach draußen«, befahl Borugar.
    Als die Gefangenen fort waren und Nuramon mit seinem Schwiegervater alleine war, sagte dieser: »Es ist deine Entscheidung, was aus ihnen wird.«
    Nuramon nickte nur und folgte Borugar stumm in den Thronsaal hinaus.
    Vor der Tür herrschte Unruhe. Nicht nur, dass die Frauen des Königs laut um ihren toten Gatten klagten, direkt neben dem Thron begehrte einer der Eunuchen auf. Jasgur hielt sich den Schädel, während Loramu den Mann, in dessen Händen ein Dolch blitzte, niederstach.
    Nuramon eilte zu Jasgur, und es verlangte viel Überredungskunst, dass der Herzog ihm das verletzte Auge zeigte. Es war das linke. Es blutete, und die Pupille schien gespalten zu sein. Nuramon legte Jas gur den Finger auf die geschlossenen Augen und ließ seine Heilmagie fließen. Als er die Hand wieder löste und ins verletzte Auge schaute, wirkte es matt. »Siehst du etwas?«, fragte Nuramon und schaute zu den Königsfrauen, den Kindern und den verbliebenen Eunuchen hinüber, die am Fuße der Treppe angekommen waren und auf ihr Schicksal warteten. War ihnen denn nicht klar, dass ihr Leben in seinen Händen lag und die geringste Geste über ihr Schicksal entscheiden mochte? »Sag schon: Siehst du etwas?«, fragte er Jasgur noch einmal.
    »Nicht auf dem Auge«, antwortete der Herzog.
    »Es tut mir leid«, war alles, was Nuramon darauf zu sagen wusste.
    Der Herzog nickte. »Das ist der Preis«, sagte er. Er kniff das linke Auge zu und schaute mit dem rechten zur Königsfamilie hinab. Die Frauen und ihr Gefolge standen den knienden

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