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Nuramon

Nuramon

Titel: Nuramon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sullivan
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aufgenommen hatte. Dann fiel sein Blick auf den Dolch an Nylmas Gürtel. Es war ein Geschenk von Yargir gewesen, die einzige Waffe, die sie in diesen Tagen trug. »Gib mir den Dolch«, sagte er.
    »Wozu?«
    »Ich möchte etwas ausprobieren.«
    Sie zog den Dolch aus der Scheide und reichte ihn herüber.
    Nuramon setzte sich wieder neben sie, drehte ihre Hand vom Rücken auf die Fläche und ritzte ihr eine kleine Wunde in die Kante. Es war nur ein roter Strich. Dann legte er den Dolch ab und berührte die wunde Stelle. Statt zu heilen, lauschte er mit den Fingerspitzen. Und tatsächlich: Eine Macht wirkte der Wunde langsam entgegen. Nuramon strich mit dem Daumen über den Schnitt, ließ der heilenden Macht Kräfte zufließen, und die Wunde war verschwunden. Er schüttelte den Kopf. »In deiner Brust sitzt eine magische Quelle, die dich heilt«, erklärte er. »Du hast den Almandin fast zwanzig Jahre lang getragen. Zwanzig Jahre, in denen überall magische Quellen entstanden und Menschen zaubern lernten.«
    »Ich verstehe kein Wort«, sagte Nylma kopfschüttelnd.
    »Die Ringträger mussten, um die Magie nutzen zu können, lange an magischen Orten schlafen. Bei dir ist es ähnlich.« Er deutete auf den Almandin. »Der Stein hat die Magie aus dieser Welt aufgesogen und in deine Brust gepflanzt.«
    »Aber dann hätte er dich doch zuvor auch stärken müssen.«
    »Ich bin von Magie durchdrungen. Da gibt es keinen Sog.« Nuramon holte einen der erbeuteten Ringe aus dem kleinen Beutel, den er am Gürtel trug, und steckte ihn Nylma an den Finger. »Konzentriere dich, und stelle dir vor, dass die magischen Kräfte in deine Finger fließen.«
    Sie schloss die Augen, öffnete sie aber nach einem Moment wieder. »Ich weiß nicht wie.«
    Er fasste ihre Hand und verstärkte die Macht, die er in ihrem Körper spürte.
    Sie stöhnte auf. »Ist es das?«
    Er nickte, und mit einem Mal wurde sie mitsamt ihrer Kleidung unsichtbar. Sogar Nuramons Finger verschwanden. Kaum löste er diese von Nylma, erschien sie wieder. »Und jetzt mach das noch einmal, auch wenn du es nicht fühlst.«
    Ihre Hand zitterte, und dann wurde sie mitsamt ihrer Kleidung durchscheinend. Sie sah aus wie ein Geist, hob ihre Hand vor sich und staunte. Dann flackerte sie und wurde wieder ganz sichtbar.
    »Der Almandin hat dir die Zauberei geschenkt«, sagte Nuramon und erhob sich. »O Noroelle, wenn du wüsstest, wie gelegen uns dieses Kleinod kommt!«
    »Du meinst wegen Daoramu?«, sagte Nylma.
    Nuramon nickte. »Ganz genau. Vielleicht können wir den Zauber von innen her lösen, indem wir Daoramu mit dem Almandin Magie zuspielen.«
    Nylma löste das Lederband, hielt den Almandin daran empor, und er fasste den Edelstein und wog ihn in der Hand. »Weißt du, was das noch heißt?«
    »Dass ich ab jetzt Ringe tragen werde?«
    Er nickte langsam. »Aber nicht wie die Varmulier. Wir werden dir Ringe geben, die deine Macht verstärken. Denn es wirkt ein natürlicher Heilzauber in dir – ebenso wie die Magie, die mich davor bewahrt, im Schnee zu versinken.« Er schaute zu Yargirs Leiche hin über. »Es wird nicht leicht, Nylma. Aber vielleicht habe ich dir damals, als ich dir den Almandin schenkte, ohne es zu wissen, ein Schicksal zugespielt, das sich nun entfalten kann.«
    Es war bereits Nachmittag, als Nerimee von einem langen Gespräch mit ihrem Großvater über Nyrawur und das fürstliche Handelshaus zurückkehrte. Mit großen Schritten eilte sie die Treppe hinauf. Sie wusste, dass ihr Vater in seiner Studierstube sein würde, und sie wollte ihm bei seiner Suche helfen. Was er und Nylma ihr am Morgen berichtetet und demonstriert hatten, ließ Nerimee staunen und gab ihr neue Kraft. Und auch Nylma schien mit dem Funken der Magie, den sie in sich trug, den Lebenswillen wiedergefunden zu haben. Die Trauer war nicht vergessen, aber Nylma nicht mehr am Abgrund zu wissen und ein Mosaikstück zur Heilung ihrer Mutter gefunden zu haben ließ nicht mehr alles sinnlos erscheinen.
    Auf dem Weg zur Studierstube kam Nerimee am Schlafzimmer ihrer Eltern vorbei. Die Tür stand offen, und sie sah Gaeria, die ihrer Mutter die Stirn wusch und ihr etwas zuflüsterte. Die Dienstmagd war früher füllig gewesen. Nerimee erinnerte sich noch, dass sie sich als Kind nach dem Mittagsschlaf in ihren weichen Körper zurückgelehnt und einer Geschichte gelauscht hatte. Nun aber hatte das Mitleiden Gaeria schlank gemacht, und das volle Gesicht hatte sich zu einer stets sorgenvollen Miene

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