Nuramon
sollten bestraft werden; allen voran das letzte Elfenkind . Nuramon selbst war in den Zeilen zwar nicht namentlich erwähnt, aber es war beschrieben, dass am Ende, wenn die ganze Albenbrut verschwunden wäre, nur ein Elfenkind zurückbleiben werde. Und damit mein ten sie ihn. Die Trennung der Welten stellte das Buch als Rache des Tjured dar. Der Herr stieß die Mark der Alben in die Finsternis, hieß es dort. Auch das entsprach nicht der Wahrheit, so wie der ganze Hass der Tjuredanbeter gegen die Albenkinder auf Lügen des Devanthar zurückging.
Die Zaubersprüche des Buches hingegen waren so detailliert beschrieben, dass Nuramon und Nerimee sie inzwischen nachvollziehen konnten. Von Licht- bis zu Unsichtbarkeitszaubern, von Artefakt- bis zu Kampfzaubern war alles in dem Buch dargelegt. Die Macht, die Daoramu niedergestreckt hatte, war unter der Überschrift Tjureds Rache niedergeschrieben und beanspruchte wegen ihrer Vielschichtigkeit viel Platz. Die Hintergründe und die Wirkungsweise waren im Vergleich zu den anderen Zaubern aber knapp gehalten; ganz so, als hätte es keiner Erklärungen bedurft.
Wenngleich der gesuchte Zauber nur oberflächlich beschrieben war, erfuhr Nuramon im Rest des Buches viel über die neue Magie der Tjuredanbeter. Sie war Nuramon fremd und mit all den abwegigen Ritualen, Gesten und Sprüchen sehr umständlich. Dazu kostete sie Nuramon viel Kraft, wenn er sie wirken wollte. Nerimee tat sich ein wenig leichter, empfand die Magie aber als grob und machthungrig. Sobald Nuramon einen der Zauber gewirkt hatte, waren seine magischen Sinne für Stunden betäubt. Es war eine rücksichtslose Form der Magie. Sie scherte sich um nichts als die Wirkung.
Obwohl es dem Zauber, der Daoramu getroffen hatte, an Erläuterungen mangelte, nährten die beschriebenen Handlungen, die vor allem aus mit Magie geschwängerten Gesten bestanden, ihren Verdacht, dass es sich um eine Art magisches Gift handelte. Zwar scheiterte jeder Versuch, den Zauber in seiner Gesamtheit zu wirken, bereits im Ansatz, doch die magischen Gesten gaben ihnen ein Gespür für das, was Daoramu gefangen hielt.
So lernten sie, die fremde Magie zu berühren, doch kaum hatte Nuramon den Zauber in Daoramu angefasst, wusste er, dass sie viel Kraft benötigten, um das Gift zu tilgen. Der fremde Zauber war wie Farbe, die leicht aufgetragen, jedoch einmal getrocknet nur mit enormem Aufwand zu entfernen war.
Trotz allem waren sie auf einem guten Weg, und weder er noch Nerimee verzagten. Und so trug Nuramon eines Morgens gemeinsam mit Yendred, Lyasani und Salyra Daoramu auf einer Liege auf den Gang, der gegenüber der Pforte zu den Ahnenhallen begann. Hier befand sich der größte Keller des Palastes. Er war voller Möbel und Kisten, die enger standen, je weiter man sich vorwagte. Gleich im ersten Raum erwartete sie Nerimee. In dem kleinen Gewölbe lagerten sie die meisten ihrer Quellsteine. Nun aber sollte dieser Ort dem Heilzauber dienen, den sie vorbereitet hatten.
In Nischen standen Feuerschalen voller Leuchtsteine. Das Licht funkelte in all den Edelsteinen, die in der Mitte angehäuft waren. Eine lange Vertiefung in dem Haufen war mit Pflanzengeflecht ausgekleidet, wie Nerimee es sonst in den Schilden und den Rüstungen verwendete. Darauf betteten sie Daoramu.
»Du hast Borugar und Jaswyra nichts gesagt?«, fragte Nerimee.
Nuramon schüttelte den Kopf. Nach all den Fehlschlägen der letzten Jahre wollte er sie nicht ein weiteres Mal zur Hoffnung verleiten. »Sie schlafen noch.«
»Gut«, sagte Nerimee und schob Edelstein um Edelstein vom Rand an Daoramus Körper heran.
»Es klappt bestimmt«, sagte Yendred und ging seiner Schwester ebenso zur Hand wie Lyasani und Salyra.
Schließlich knüpfte Nerimee weitere Pflanzenadern an das Geflecht unter dem Almandin, der immer noch neben dem Stein der Ceren auf Daoramus Brust ruhte. Kaum war alles bereit, starrten sie Daoramu an.
»So stelle ich mir die Königin der Elfen vor«, flüsterte Salyra. Ausnahmsweise zierte kein Lächeln das Gesicht der jungen Kriegerin. In ihrem steten Schmunzeln hatte Yendred nach Gaerigars Tod viel Trost gefunden. Und Nuramon war nicht entgangen, dass die beiden einander liebten. Sein Blick wanderte zu Lyasani, die Daoramu mit leeren Augen betrachtete. Er wusste nicht, was Bjoremuls Tochter für Yendred empfand und wie es um die Freundschaft zwischen ihr und Salyra bestellt war. Nur eines war ihm klar: Yendred, Lyasani und Salyra waren nicht zu trennen. Und was
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