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Nuramon

Nuramon

Titel: Nuramon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sullivan
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wiederzufinden und das Siegel, das sie verborgen hält, zu brechen.«
    Seine Eltern erzählten ihm von der Macht, die ihnen ihre Alben verliehen hatten. Ihre Alben, sagten sein Vater und seine Mutter oft. Andere Elfen sprachen von ihren Eltern oder von ihren Schöpfern, selten aber von ihren Alben . Er dachte damals, er würde diese Bezeichnung nie vergessen, und für dieses Leben galt es.
    Früh erwachte in Nuramon der Wunsch, anderen Albenkindern nahezukommen, mit ihnen die Welt zu durchstreifen und große Ta ten zu vollbringen. »Unsereins strebt nicht nach großen Taten«, sagte seine Mutter. »Unsere Aufgabe ist es zu dienen. Weder den Alben noch den Devanthar – und gewiss nicht den Drachen. Wir dienen jenen, denen auch die Geister und die Orakel dienen, wir dienen der Macht, der alles entspringt: dem Urbaum, der Riesin, dem Schöpfer, den Alben der Alben oder schlicht den Elementen und Kräften. Der Ursprung hat viele Namen, und es ist nicht an uns, die Wahrheiten zu finden, die jenseits der Grenzen von allem liegen.«
    »Warum dienen wir nicht den Alben?«, fragte Nuramons früheres Ich mit kindlicher Stimme.
    »Jene, die zurückblieben, wurden zu Feinden der Devanthar. Bald schon wird Gleiches mit Gleichem vergolten, und die Lüge verdrängt die Wahrheit, um den eigenen Zielen zu dienen. Am Ende folgen sie und ihre Kinder nicht mehr ihrem Herzen und ihrem Gewissen, sondern den Lügen. Sie geben sich selbst auf, damit es ihnen und ihrer Macht nützt.« Damals hatte er an den Worten der Mutter gezweifelt. Aber nun musste er an den Krieg der Alben gegen die Devanthar, an die Drachenkriege und die Zerbrochene Welt denken. Seine Eltern sprachen nicht von Albenpfaden, sondern von Zauberpfaden. Sie mieden die Gegenwart der verbliebenen Alben, als fürchteten sie diese.
    Ein versiegelter Pfad mochte den Feinden den Weg versperren. Ein Albenpfad, der in die eigene Siedlung führte, war in Friedenszeiten ein Segen, konnte im Kriegszeiten aber zum Fluch werden. So ließen viele Sippen ihre Pfade im Krieg versiegeln, sodass diese scheinbar verschwunden waren. Ging man zum Angriff über, vermochten feind liche Späher verborgene Pfade nicht aufzuspüren. So konnten diese, wenn man sie im richtigen Moment entsiegelte, einem Überraschungsangriff dienen. Doch mit der Verbreitung der Albensteine verlor die Macht seiner Eltern an Bedeutung. Denn die Mächtigen konnten nun Pfade beinahe nach Belieben schaffen und verschwinden lassen. Und ebenso wurden all die Zauber verfeinert, die einen Riegel auf einen Albenstern legten und einen Zauberer daran hinderten, ein Tor zu öffnen. So wurden die Dienste von Nuramons Eltern immer seltener in Anspruch genommen.
    Sein Vater lehrte ihn trotz allem, den Siegelstab zu nutzen, um Zauberpfade zu verbergen; seine Mutter brachte ihm bei, die Siegel aufzuspüren und zu brechen. Sie erklärte ihm, dass jedes Siegel eine magische Markierung trug. »Jene, die unter dem gleichen Zeichen stehen, gehören zusammen«, erklärte sie.
    »Versiegelt man ein ganzes Wegkreuz, vergehen alle Zauberpfade, die sich dort treffen«, sagte sein Vater. »Markierst du verschiedene Siegel entlang der verborgenen Pfade mit dem gleichen Zeichen, kannst du später die Versiegelung aller verbunden Pfade, die dieses Zeichen tragen, mit einem einzigen Zauberspruch aufheben.« Dies war es, was er in der Zukunft in Dayra tun musste. Während sein früheres Ich den Siegelstab schwang und Zeichen in die Luft malte, fürchtete er, in seiner eigenen Gegenwart auf die Suche nach jenem Kleinod gehen zu müssen – ein Artefakt, von dessen Aufenthaltsort er nichts wusste.
    Sein früheres Ich nutzte den Stab für alle Zauber, die mit den verborgenen Pfaden zu tun hatten, doch seine Mutter hielt den Stab nicht in Händen, wenn sie Siegel aufspürte. »Du brauchst den Stab zum Versiegeln«, erklärte sie ihm. »Denn darin lauern unzählige Zauber, die – einmal entfesselt – einer nach dem anderen ausgeführt werden. Kein Elf könnte es ohne den Stab. Um die Siegel zu erspüren, brauchst du den Stab aber nicht. Es verlangt einen genauen Blick, ungeheures Gespür und einen kleinen Zauber. Mit dem Stab ist es einfacher. Aber du musst auch lernen, die Macht des Stabes zu schonen und ohne ihn die Siegel zu finden.« Und kurz darauf offenbarte sie ihm, dass auch zum Brechen eines Siegels der Stab nicht unbedingt nötig war. »Der Zauber ist schwierig und machthungrig«, sagte sie. »Aber sollten wir je getrennte Wege gehen

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