Nuramon
der Zeit an der Seite dieser Menschen fühlte er sich noch immer wie ein Gast. Ganz so war es ihm auch in einem früheren Leben bei den Zwergen ergangen. Er hatte sich dort wohlgefühlt, aber weder die alten noch die neuen Hallen von Aelburin waren ihm je ein Zuhause geworden.
Er ließ seinen Blick weiter schweifen, entdeckte Nylma und Yargir am Rande der Feiernden und stutzte. Sie lagen einander in den Armen und küssten sich so leidenschaftlich, dass es keinen Zweifel daran geben konnte, dass sie ein Liebespaar waren. Dass die beiden mehr als nur Freundschaft verband, hatte er schon früher vermutet, aber sicher war er sich nicht gewesen.
Als die Nacht kam und der Duft von Gebratenem vom Platz heraufstieg, lehnte Nuramon sich gegen den Schornstein und starrte hinauf zum Mond, der immer wieder zwischen klar umrissenen Wolken verschwand.
»Hier bist du«, sagte eine Stimme neben ihm. Schon ehe er sich ihr zuwandte, wusste er, zu wem sie gehörte. Es war Daoramu. Sie stellte ihre Lampe auf dem Boden ab und setzte sich neben ihn.
»Habt ihr so lange beraten?«, fragte Nuramon.
»Nein. Wir waren uns schnell einig, was zu tun ist. Ich habe mich anschließend ein wenig hingelegt.«
»Und was werdet ihr tun?«
»Werengol wird mich nach Yannadyr begleiten und das Angebot vor meinem Vater oder aber dem Fürsten wiederholen. Für unsere Hilfe im Kampf um ihre Stadt und eine nette Summe Gold wollen sie uns die Waffen geben, die für die Varmulier gedacht waren. Wenn mein Vater zusagt, ist es besiegelt.«
»Kann dein Vater denn einen solchen Handel unabhängig vom Fürsten schließen?«
Sie lächelte. »Als Graf darf er in seinem Reich frei handeln. Erst wenn er seine Grenzen überschreitet, mit einem Handelszug oder einer Kriegsschar, muss er sich die Erlaubnis des jeweiligen Landbesitzers oder aber des Fürsten einholen.«
Nuramon lachte leise. »Für die Albenpfade gilt das nicht?«
»Wer außer dir wollte dort einen Wegzoll erheben? Die Frage ist eigentlich, ob mein Vater durch Befehle des Fürsten gebunden ist. Wenn ja, muss Werengol direkt an den Fürsten herantreten.«
»Du scheinst deinem Fürsten nicht zu vertrauen«, sagte Nuramon.
»Da mein Kompromiss einen Krieg verhindert hätte und er mich einfach fallengelassen hat, bin ich vorsichtig.« Sie musterte ihn mit aufmerksamen Blicken. »Jetzt brauchen wir nur noch deine Zustimmung. Wirst du uns auf die Albenpfade führen?«
Nuramon schaute ihr von einem Auge ins andere. »Ich habe Bjoremul versprochen, ihn nach Osten zu bringen. Wenn das getan ist, bin ich zu allem bereit. Dann bringe ich dich nach Westen und kehre gerne mit einer Streitmacht zurück, die uns unten in Teredyr hilft.«
Daoramu beugte sich vor und schaute auf den Platz hinab. »Ich habe gehört, dass die Befreiung der Gefangenen auf deinen Plan zu rückgeht«, sagte sie, und Nuramon nickte. »Warum bist du dann nicht dort unten bei den anderen und feierst mit ihnen euren gemeinsamen Sieg?«
Er zögerte kurz, doch dann schob er seine Zweifel fort, denn er fühlte sich wohl in ihrer Gegenwart und wollte seine Gedanken mit ihr teilen. »Weil ich in Albenmark sein und dort ein goldenes Zeitalter genießen sollte«, antwortete er. »Ich sollte bei meiner Ziehschwester Yulivee sein und in mein Haus zurückkehren, das meine Sippe und ich einst auf der beseelten Eiche Alaen Aikhwitan aus dem Holz der legendären Ceren errichteten. Ich sollte mit den Zwergen zechen, mit den Feen singen und mit den Elfen tanzen. Dort sollte ich Feste feiern.«
Daoramu setzte sich wieder zurück, lehnte sich neben ihm gegen den Schornstein und strich sich durch ihr dichtes Haar. »Wie würdet ihr denn feiern?«
»Einen Triumph wie diesen würden wir auf einer Lichtung im Mondschein feiern – in der Nähe der Königin, wie im Rausch und zugleich erhaben, mit Liedern voller Träume und lieblicher Worte. Und je weiter du dich dem Rand der Lichtung näherst, umso freizügiger wird das Feiern. Und dann die Magie, die alles wie fließendes Licht erhellt!«
»Unsere Welt birgt auch Magie«, sagte Daoramu. »Du kannst sie nach deinem Willen formen.«
»Aber ich bin der Einzige, der diese Magie nutzt. Das ist eine Verschwendung. Wie ein gewaltiger Palast, in dem ich allein lebe.«
Sie schüttelte den Kopf. »Warum suchst du keinen Weg zurück? Irgendeinen Weg gibt es immer.«
»Gäbe es einen, ich wäre ihn gegangen.«
Sie führte ihre schmale Hand nahe an seine Wange, zog sie dann aber zurück. »Keiner konnte mir
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