Nuramon
großen Augen.
Er nickte. »Wir werden Nylma damit einen Wunsch erfüllen. Sie möchte, dass Yendred, Lyasani und Salyra dabei sind, sie und Bjoremul, ich und Daoramu, Borugar und Loramu. Und auch du. Die einen schmieden Pläne, die anderen wirken oder lenken Magie, und alle anderen kämpfen in der Schlacht.«
Nerimee lächelte. »Wer sollte sich damit messen?«
»Dreißigtausend Feinde«, sagte er und sah, wie das Lächeln aus dem Gesicht seiner Tochter verschwand.
Nach dem wundervollen Tag mit der Familie und einer liebevollen Nacht erwachte Daoramu vor Sonnenaufgang und merkte, dass sie allein war. Nuramon hatte offenbar nicht schlafen können, war aufgestanden und hatte ihr gewiss noch ein wenig Ruhe gönnen wollen.
Sie zog sich ihren teredyrischen Wollmantel über, ging zum Fenster und schaute in die Nacht hinaus. Das Leuchten der Lampen, die von Nerimees Lichtsteinen erhellt wurden, zog sie in seinen Bann. Sie sah nicht nur das Licht, sondern auch den magischen Hauch, der die Steine umgab. Wenn es dunkel war, sah sie die Magie wie einen dünnen Nebel. Cerens Baumkörper dampfte vor ihren Sinnen, und unten auf der Bank erspähte sie Nuramons magischen Hauch. Sie blinzelte, rieb sich die brennenden Augen, und fort war ihr Zauberblick. Die Nacht war mit einem Schlag dunkler geworden.
Nachdem sie sich ihr Morgenkleid und den Brokatmantel angezogen hatte und in die leichten Schuhe gestiegen war, durchstreifte sie den Palast. Es mochte das letzte Mal sein, dass sie durch diese Gänge schritt. Sie kam an Yendreds Gemächern vorbei und hörte Yulivees Weinen und die tröstende Stimme ihres Sohnes. Im Südflügel hörte sie Schritte in Nylmas Zimmer. Hinter der benachbarten Tür schlief Terbarn, gegenüber Helgura, und daneben lag Gaerias Zimmer. Über die Seitentreppe ging Daoramu hinauf, schritt zwischen den Gemächern ihrer Eltern hindurch und ging dann im Treppenhaus hinab bis in die Eingangshalle, grüßte die Wachen und betrat den Thronsaal.
Einige Leuchtsteine glommen hier wie die Glut eines Feuers; nur der Thron stand in einer hellen Lichtsäule. Aus dem kleinen Fach in der Wand zog Daoramu den grauen Nachtstein heraus, und es wurde finster im Saal. Sie wollte gerade den Bernstein einsetzen, des sen Licht sie mochte, da sah sie, dass drüben bei der Tür zum Kriegssaal Licht hereinfiel. Daoramu legte den Stein zurück und in der Erwartung, ihren Vater über Landkarten gebeugt vorzufinden, trat sie näher. Zu ihrer Überraschung stieß sie auf Loramu und Nerimee. Die Strategin ihres Vaters stützte sich am Tisch ab und schaute an sich hinab, während Nerimee vor ihr kniete. »Ist es gut so?«, fragte sie. »Heb es noch einmal an.«
Loramu verlagerte ihr Gewicht auf ihr unversehrtes Bein und hob ihren Beinstumpf an, der in ein Geflecht gehüllt war, in dem Edelsteine funkelten. Nerimee schob ein weiteres Geflecht, das dreieckig und von weißem Lack überzogen war, auf dem Boden umher.
»Es wird nicht gehen«, sagte Loramu.
»Ich habe es ausgeglichen«, erwiderte Nerimee und gab Loramu das Zeichen, den Beinstumpf zu senken. Loramu tat es, schien gegen etwas Unsichtbares zu prallen und geriet ins Taumeln. Nerimee packte sie zu spät, doch Daoramu sprang hinzu, fasste die Kriegerin bei den Schultern und sah dann in zwei erstaunte Gesichter.
»Wie lange stehst du schon da?«, fragte Nerimee.
»Nicht lange genug, um zu wissen, was du da machst«, sagte Daoramu und schaute auf das weißlackierte Geflecht hinab.
»Das ist ein Fuß«, sagte Nerimee. »Das Nest am Stumpf trägt die eine Hälfte des Zaubers, dieser Fuß die andere.«
Loramu lächelte. »Und deine Tochter will mir nicht glauben, dass es nicht geht. Zumindest nicht auf die Schnelle.«
Nerimee hob den magischen Fuß an und betrachtete ihn aufmerksam. »Ich Närrin!«, sagte sie schließlich. »Ich habe den Zauber falsch herum gedacht.« Sie legte die Hand über den Fuß, und Daoramu spürte, wie die Magie ihrer Tochter wie ein Pfeil in das Geflecht drang. »Jetzt müsste es gehen.«
Daoramu stützte Loramu noch immer und schaute mit ihr zu, wie Nerimee den Fuß langsam näher schob. »Vorsichtig«, sagte sie, doch das weiße Geflecht schoss vor, direkt unter Loramus versehrtes Bein. Die Kriegerin verlagerte das Gewicht nach rechts und schwenkte dann wieder nach links. »Ich trau mich nicht recht«, sagte sie.
»Ich halte dich«, sprach Daoramu.
Loramu ließ sich wieder nach rechts sinken, und selbst Daoramu spürte, dass die Kriegerin auf
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