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Nuramon

Nuramon

Titel: Nuramon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sullivan
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Schicksal ihn hier erwartet hatte.
    Er lächelte. Irgendwann würde er es erfahren. Er würde Yulivee und die anderen gewiss im Mondlicht wiedersehen – falls das, was man ihm in den Jahrtausenden darüber erzählt hatte, der Wahrheit entsprach. Er musste an seine erste Mutter denken. »Niemand weiß wirklich, was das Mondlicht ist«, hatte sie gesagt. »Ich träumte einmal, das Mondlicht wäre für jeden etwas anderes und jeder Augenblick flösse in mein Mondlicht ein, um eine Welt zu schaffen, die nur für mich da ist. Und all jene, die ich kannte, waren dort und erinnerten sich an mich und daran, was wir erlebten.« Und er hatte gefragt: »Aber wäre das Mondlicht dann nichts weiter als ein Traum?« Seine Mutter hatte gelächelt. »Vielleicht ist dieser Augenblick das Mondlicht irgendeines Wesens«, hatte sie gesagt. »Vielleicht ist das ganze Leben nur ein Traum.«
    Daoramu streichelte seine Hand. »So hast du lange nicht gelächelt«, sagte sie. »Du bist mit dir und allem im Reinen, nicht wahr?«
    »Ich bin ahnungslos und neugierig und klammere mich an alte Träume. Und ich versuche zu vergessen, dass wir getrennt sein werden.«
    »Du sagtest mir, ich soll mir ein Beispiel an Nylma nehmen.« Sie wies hinüber zu dem offenen Zelt, in dem Nylma und Lyasani bei Bjoremul saßen. Die Wyrenara lachte und streichelte Bjoremul durchs Haar. »Und genau das werde ich tun. Ich werde mir ein Beispiel an ihrer Stärke nehmen. Du aber wirst im Mondlicht schmunzeln, wenn du daran denkst, dass wir hier sind und weiterleben. Du wirst dich fragen, was aus uns wird, aber du wirst immer wissen, dass sich all unsere Mühen gelohnt haben. Du musst nicht mit Bedauern an uns denken. Du sagtest, du könntest dir jeden Augenblick deines Lebens vor Augen holen.«
    Er nickte.
    »Dann tu das, wenn du es im Mondlicht noch vermagst.«
    Er fasste ihre Hände und küsste sie. Dann schauten sie hinaus, und er erblickte Yendred, der mit Lyasani und Salyra an Nylma herantrat. Er reichte ihr eine Maske, die mit Silber und Gold besetzt war und Guillaumes Antlitz zeigte. Es war die Maske des helbyrnianischen Fürsten – das Zeichen, dass Aniscaro tot war.
    Orakelblick
    König Tyregol schaute seinen Kriegern zu, wie sie die Zelte abbrachen. Als die Späher zurückkehrten und die Feldherren sich auf die Schultern klopfen, durchatmeten und ihm grinsend entgegenkamen, wusste er, dass die Feinde nicht noch einmal kommen würden. Die Feldherren berichteten ihm, dass die Helbyrnianer hastig nach Süden zogen. Die Krieger rebellierten gegen die wenigen Anführer, die noch geblieben waren, und die abtrünnigen Fürsten waren mit ihren Leibwächtern auf den letzten Pferden davongeritten. Das verbliebene Heer hatte sich unter den Schwertfürsten neue Anführer gesucht und sich bedingungslos ergeben.
    Tyregols Feldherren lobten ihn, doch das bedeutete ihm nichts. Er schaute zur Seite, wo Dorgals Körper in Tuch eingewickelt lag. Sein Lob hätte ihm alles bedeutet. Er wäre gewiss stolz auf ihn gewesen.
    Ningilim empfing den Ältesten, der mit den Gelehrten kam, und berichtete ihm, was geschehen war. Es folgten die Familien, auch seine Frau und seine beiden Kinder. Und auch die Kleinodien ihres Volkes führten die Letzten der Wächter bei sich: den Spiegel, mit dem sie durch Zaubertore schauen konnten, die beiden Kristalle, bei denen man in einem das sehen konnte, was um den anderen herum geschah, und schließlich die Chroniken der Wächter. »Wir werden neue Sprachen lernen müssen«, erklärte Ningilim dem Ältesten, der immer wieder zu den Wolken hinaufschaute und sich offenbar an der Weite dieser Welt nicht sattsehen konnte. Ningilim lächelte. Sie würden tun, wovon schon die Ahnen träumten: Sie würden gehen, so weit sie kamen. Einige von ihnen würden den Orakeln folgen, andere würden nach ihnen suchen. Denn sie würden immer ihre Wächter sein.
    Es war Nacht, und Nylma konnte nicht schlafen. Sie lag neben Bjoremul in einer Dachkammer der Sternfestung nordwestlich der Himmelswiesen. Das Bett war zu weich für ihren Geschmack, aber Bjoremul mochte es. Er schlief ohnehin am liebsten in einem Bett aus Kissen. Sie war dem Tod nahe gewesen und Bjoremul ebenso. Die Magie des ausklingenden Zeitalters hatte ihnen das Leben gerettet. Nun wusste sie, wie Daoramu und Nuramon empfinden mussten, seit Daoramu aus ihrem Schlaf erwacht war. Jeder Augenblick war ein Geschenk. Das hatte sie gesagt, und Nylma hatte es geglaubt. Doch jetzt erst fühlte sie

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