Nuramon
die auf die Gewänder genäht waren.
Daoramu öffnete sein Hemd Knopf um Knopf. Während sein alter Mantel und seine sandfarbene Kleidung gelitten hatten, schien sein Hemd die Jahrzehnte tadellos überstanden zu haben. Es gab nur we nige Stellen, die er hatte flicken müssen, und Daoramu spürte sie rasch mit den Fingern auf. Dann löste sie seinen Gürtel und schaute zu, wie er sich von den Stiefeln und den Hosen befreite. Als er völlig entkleidet vor ihr stand, musterte sie ihn und sagte: »In Jasbor betrachten sich die Liebenden erst eine Weile, ehe sie zusammenkommen.«
Nuramon kannte diesen Brauch. In seiner Sippe war es nach den Drachenkriegen auch üblich gewesen. Eine Weile – das hieß bei ihnen ganze zehn Tage.
Daoramu öffnete den Wollmantel und streifte ihn sich schließlich von den Schultern. Darunter war sie nackt, und was immer die Teredyrer von der Schamhaftigkeit in den Königreichen und den Fürstentümern erzählten, an ihr zeigte sich nichts davon. Sie stand aufrecht da, ihr Brustkorb hob und senkte sich regelmäßig, und kein Rot schoss ihr in die Wangen.
Sie fuhr mit dem Blick über seinen Körper, und Nuramon verspürte einen Hauch von Unsicherheit. Gewiss, die Menschen erzählten sich von Elfen allerlei. Sie besangen ihre Schönheit und sprachen von Vollkommenheit, doch besser hätten sie von Fremdheit geredet. Sie hätten erwähnen können, dass ein Elf wie er neben einem Menschenmann wie Jasgur beinahe wie ein Schwächling wirkte – schlank, jung und ohne jede Rauheit. Doch Daoramus Lächeln, das ein ums andere Mal aufflammte, nur um wieder einer zarten Verträumtheit zu weichen, bewies, dass ihr gefiel, was sie sah.
Und ihm gefiel, was er erblickte. Er hatte in all den Jahren, die er hier nahe Teredyr gelebt hatte, aber auch in den fünfzig Jahren, die er auf dem anderen Kontinent in der Stadt Firnstayn verbracht hatte, viele Frauen gesehen, viel nackte Haut, um nicht überrascht zu sein, wie sehr sich die Körper von Elfen- und Menschenfrauen glichen und unterschieden.
Daoramu war groß, nur einen Hauch kleiner als er, aber nicht so kräftig wie die meisten Frauen in Teredyr. Es lag nicht die Stärke Nylmas in ihrer schlanken Erscheinung. Ihr Oberkörper war so lang und die Schultern so schmal wie die der meisten Elfenfrauen. Ihre Brüste waren wie bei den meisten Menschenfrauen fülliger als die einer Elfe, doch das störte ihn nicht. Er hatte bereits bei seinem alten Freund Mandred bemerkt, dass viele Menschen die Brüste einer Frau als Zeichen ihrer Fruchtbarkeit betrachteten. In seiner Heimat hätte man ihm vorgeworfen, sich wieder einmal in der Fremde den Geschmack verdorben zu haben. Aber er fühlte, dass er ihn erweitert hatte. Er liebte die Wölbung ihrer Brüste und ihrer Hüften, die weiter waren als die einer Elfe, aber keineswegs so breit, wie es sein Volk gern von den Menschen behauptete. Sie brachte Daoramu eine ge schwungene Taille und fügte die Oberschenkel geschmeidig an. Diese waren länger und die Unterschenkel kürzer als die einer Elfe ihrer Größe – doch dies war nun sein Ideal.
Er genoss das Gefühl, Schönheit zu gewahren. Es war wie ein Stoß gegen all jene, die ihn in der Vergangenheit gedemütigt hatten, und gegen alles, was ihn abseits hatte stehen lassen. Hier zählten nur seine Sinne, nicht die der anderen; nicht die einer Königin, die nur das Beste wollte; nicht die einer Sippe, die ihr Ansehen zu mehren wünschte. So fühlte es sich an, frei zu sein. Er war von der Klippe ins Meer gesprungen und aufgetaucht. Und nun bemerkte er, dass er hier in den Wogen nicht allein war.
Langsam traten sie aneinander heran. Daoramu zuckte zusammen, als sie sich in die Arme schlossen und aneinanderschmiegten, dann strich sie ihm die Arme herauf, suchte den Weg auf den Rücken und strich wieder hinab. Sie tat es wieder und wieder, als könne sie nicht glauben, wie lang sein Oberkörper war. Ihr Blick wanderte zwischen seinen Augen hin und her, und die ihren glänzten im Schein seines Barinsteins. Dann küssten sie sich, und Nuramon wurde klar, dass er die Erfüllung der Liebe zwar aus früheren Leben kannte, in dieser Inkarnation aber noch nie erlebt hatte. Mit den befreiten Sinnen fühlte es sich nach so viel mehr an, als er es erwartet hatte.
Daoramus Lippen waren weich, und zwischen den Küssen flüsterte sie ihm Liebesbotschaften ins Ohr. Schließlich fasste sie seine Hände und zog ihn mit sich auf das Bett.
Das Liebesspiel begann in einer
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