Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone
Hilfe, die Elfenritter zückten ihre Klingen und schlugen nach den fremdartigen Schlingen, aber für jeden der lebendigen Algenarme, den sie zerschnitten, schossen drei neue aus dem finsteren Wasser. Überall klebte das Gewächs, ringelte sich noch zusammen wie Würmer, wenn es zerhackt war, kroch ihnen in die Kleider, klammerte sich um ihre Knöchel und versuchte, sie mit eisernem Griff zu erwürgen.
Kaveh stieß einen wilden Fluch aus. Dann warf er sich direkt vor Nill und war innerhalb eines Augenblicks von den Fangarmen umschlossen. Nill spürte wie im Traum, dass die Schlingen sich von ihr lösten, um sich auf Kaveh zu stürzen. Es sog und schmatzte in der Dunkelheit. Der Prinz schlug mit dem Schwert um sich, verhedderte sich mit den Fü-
ßen im Algengewächs, und noch immer mit der Klinge nach den Fangarmen schlagend, stürzte er ins schäumende Wasser.
»KAVEH!«
Rings um Nill erhob sich Geschrei. Bruno rannte schnaubend und winselnd von einer Floßecke zur anderen.
»Er ist gefallen!«
Nill stürzte auf die Knie und tauchte die Arme ins blubbernde Wasser. Sie ertastete weiche, ringelige Algen, die sich unter ihren wühlenden Händen wanden wie Würmer und sofort an ihren Fingern festsogen.
»Nein«, wimmerte sie. »Kaveh!« Er war wegen ihr ins Wasser gestürzt. Er war dort unten, in der kalten Tiefe. Inmitten der Algen. Er trug einen Brustpanzer – damit ging er mit Sicherheit unter!
»Tut doch was!«, schluchzte Nill. Die Elfenritter zerrten sich schon die Umhänge und Brustpanzer ab, denn mit dem schweren Metall konnten sie nicht schwimmen, geschweige denn Kaveh helfen. Erijel stöhnte, während er an seinen Schulterpanzern riss.
Wieso waren die Schnallen nur so verflucht festge-zogen?! Die Blicke der Gefährten irrten über das Wasser. Wieso tauchte Kaveh nicht auf …?! Nill stiegen Tränen in die Augen.
»Verdammt, gebt mir ein Messer!«, schrie sie, sprang auf und wandte sich um – und ihr Blick traf Scapa. Schwer atmend stand er vor ihr und zerrte sich die letzte Alge vom Hals. Nill packte ihn am Arm und riss ihm seinen Dolch aus der Hand.
»Halt!« Er hielt sie fest, bevor sie ins Wasser springen konnte, und versuchte, ihr den Dolch wieder aus der Faust zu winden.
»Lass mich los!«, schrie sie. Kaveh war dort unten. Und Scapa hielt sie davon ab, ihm zu helfen!
»Lass mich los! Kaveh stirbt, du – du –«
»Du springst nicht! Ich springe.« Scapa sah sie an, mit einem Blick, der ihr bis ins Innerste drang. Dann riss er ihr den Dolch aus den Fingern und stürzte sich in den schwarzen Fluss.
»Verfluchter Kerl!« Erijel stürmte mit bloßem Oberkörper an den Rand des Floßes. Dann stockte er, weil er nicht recht wusste, ob er wütend oder verzweifelt oder erleichtert war. »Der – der soll sich be-eilen !«
Scapa tauchte in eisige Finsternis. Ihm war für einen Augenblick, als erdrücke die Kälte seinen Brust-korb. Dann riss er die Augen auf, aber er erkannte na-türlich nichts – noch weniger sogar als oben auf dem Floß. Er war allein auf seinen Tastsinn angewiesen.
Langsam stieß er sich hinab. Die Algen strichen ihm über das Gesicht, die Arme, die Beine, den Nacken. Scapa schwamm in ihnen. Sie ringelten sich zusammen wie Schlangen, rollten sich träge um seine Brust, seine Hüfte, seine Füße. Er schlug mit dem Dolch um sich, zerfetzte das lebende Dickicht, nur um einen Moment später wieder dicht umschlossen zu werden.
Plötzlich hörte er etwas. Einen Schrei, gedämpft durch Wasser. Scapa drehte sich um. Luftbläschen
tanzten vor ihm. Das musste Kaveh sein. Scapa tauchte tiefer, die Hände vorgestreckt, bis er etwas ertastete, das nicht schleimig war: einen Umhang.
Kavehs Schulter.
Der Prinz prustete einen Schwarm Luftblasen. Die lebendigen Algen hatten ihn komplett gefesselt, und er trieb in ihren Fangarmen. Sie warteten darauf, dass er in ihren Armen ertrank.
Scapa holte aus und zerschnitt die dichten Pflan-zenwürmer. Es war, als brodele die Finsternis um ihn herum. Mit immer heftigeren Hieben schlug er durch das Pflanzengewirr, bis er den Prinz an der Seite umfassen konnte. Mittlerweile regte Kaveh sich nicht mehr. Scapa stieß sich mit hastigen Schwimmzügen in die Höhe, denn längst ging auch ihm die Luft aus
… Blasen wirbelten ihm aus der Nase und dem Mund. Kaveh hing schwer in seinen Armen, und Scapa glaubte tiefer zu sinken, je mehr er sich anstrengte. Die ekelerregenden Algen glitten ihm über die Haut, krallten sich an seinen Händen, Fingern,
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