Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone
Zuletzt hab ich mich in einem Korb versteckt.« Er atmete hörbar aus und blickte in alle Richtungen. »Ich sag’s dir, lieber würde ich mich nackt in den Fuchsbau schleichen als in einem muffigen Kerker zu krepieren!«
Scapa grinste – und das war die höchste Ehrbe-zeugung, die jemand von ihm erwarten konnte.
»Und?«, fuhr Fesco fort. »Was macht ihr beide heute noch so? Gibt’s schon einen neuen Plan?«
Scapas Gesicht verfinsterte sich. Er kniff die Augen zusammen, als er in die sonnenüberflutete Menge blickte. »Nein, ich habe mir noch nicht überlegt, wie’s weitergeht. Wir müssen uns etwas viel Besseres ausdenken als diese sinnlosen Einbrüche. Das mit den Waffen ist …« Plötzlich brach er mitten im Satz ab. Mit zitternden Fingern packte er Fesco am Arm, den Blick noch immer in die Menge gerichtet.
»Fesco – ist dir jemand gefolgt?«
»Was? Mir? Nein, ich, äh –«
»Da vorne ist Gregov!«, keuchte Scapa.
Fesco drehte sich erschrocken um, Arane duckte sich wie eine Katze, bereit davon zu springen. In der Menge tauchte das breite Gesicht eines Mannes auf.
Der Backenbart und die blaue Tätowierung, die sich fast über seine ganze Glatze zog, machten ihn unver-kennbar: Es war Gregov, der Mann, der an Torrons Seite klebte wie eine Schmeißfliege an faulem Obst.
Hinter ihm marschierte eine Hand voll weiterer Männer mit vor Anstrengung roten Köpfen. Sie mussten gerannt sein.
»Abhauen!«, zischte Scapa.
Fesco hielt sich die Hand auf den Kopf, damit er die Mütze nicht verlor. Eine Sekunde später waren sie davongeflitzt.
Aber zu spät. Rufe schwollen hinter ihnen an. Fesco duckte sich, damit sein Krauskopf nicht aus der Menge ragte, und holte so weit mit seinen langen Beinen aus wie ein galoppierendes Pferd. Scapa rannte hinter Arane. Links und rechts verschwamm
alles um ihn, nur noch die tanzenden Locken wiesen ihm den Weg. Ein geflochtener Binsenkorb streifte seine Schulter. Hinter ihm brach heilloser Lärm aus, als der Korb umfiel; der Inhalt, Körner oder Nüsse, verstreute sich auf dem Boden.
Arane bog in eine schmale Gasse ab. Das Sonnenlicht war auf einmal wie verschluckt, es dauerte einige Momente, ehe Scapa etwas in der grauen Dunkelheit erkannte: fleckige Mauern, niedrige Dächer, Wäscheleinen. Sie hatten das Ende der Gasse erreicht, da hallten die schweren Schritte von Torrons Männern schon hinter ihnen von Hauswand zu Hauswand.
Scapa keuchte und rannte noch schneller. Die acht Kupfermünzen, die vom Tauschgeschäft heute Morgen übrig geblieben waren, klirrten in seiner Hosentasche. Eine fiel durch ein Loch im Stoff und schlug klappernd auf den Boden. Noch eine Münze fiel.
Dann noch eine.
»Verflucht!« Scapa schloss die Hand um seine Hosentasche und rannte weiter.
Wieder bog Arane ab, Fesco war jetzt ganz vorne.
Er lief geradewegs in eine Sackgasse. Arane stolperte ihm in den Rücken, dann stieß Scapa gegen die beiden.
»Verdammt, was – wieso rennst du hier rein, du Trottel?«, fauchte Arane. Vom Rennen hatten ihre Wangen rote Flecken bekommen.
Fesco zitterte am ganzen Leib, er konnte kaum antworten. »Hier rein«, japste er und stieg durch einen schmalen Hauseingang.
In dem Raum saß eine Familie beim Mittagessen.
Mehrere Männer und Frauen und ein Dutzend Kinder umringten dampfende Schüsseln und Töpfe. Fragend blickten sie auf, als die drei ins Haus stürmten.
»Äh – ahm«, stammelte Fesco. »Kommt!«
Er hechtete an den Leuten vorbei und eine schmale Treppe hinauf. Arane und Scapa beeilten sich, ihm zu folgen. Sogleich erhob sich ein schimpfender Mann und wollte ihnen nach.
Im oberen Stockwerk lagen drei kleine Zimmer nebeneinander, Fesco rannte in eines hinein und beugte sich weit aus dem schmalen Fenster. Hinter ihnen hörten sie das Poltern des Mannes, der die Treppe hinaufkam. Unter dem Fenster waren gerade Gregov und Torrons Männer angekommen. Suchend sahen sie sich in der Sackgasse um.
Fesco wiederholte wie eine Beschwörung immer dasselbe Schimpfwort und klang jedes Mal verzweifelter. Unschlüssig trat er vom Fenster zurück, bis die Tür aufschlug und der Mann von unten hereinpolter-te. »Wer seid ihr? Was macht ihr Rotzbengel in meinem Haus? Ich rufe die Soldaten!«
»Nun zieh dir mal den Zeigestock aus dem Hintern!«
Fesco schaffte es sogar noch, eine Fratze zu schneiden, dann war er mit einem Satz auf dem Fenstersims, griff nach oben und zog sich zum Dach hoch. Scapa und Arane beschlossen ihm schleunigst zu folgen.
Gleichzeitig
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