Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone
egal.« Cev blickte in die Runde. »Ich werde mitkämpfen.«
Erleichterte Rufe wurden laut. Nun standen alle auf, reckten die Fäuste und stimmten in den Jubel ein.
Scapa drehte sich zu Arane um. Sie lächelte.
Der Fuchsbau
Innerhalb der nächsten fünf Tage hatten Scapa, Arane und ihre Verbündeten mehrere dutzend Anhänger aufgelesen. In Gruppen zogen sie durch die Straßen, blieben vor jedem Jungen und Mädchen stehen und fragten sie: »Verlangt Torron Schutzgeld von dir?«
Und weil jeder bejahte, erklärten sie: »Dann kannst du jetzt um deine Freiheit kämpfen. Wir zahlen dir alles zurück, was du Torron je geben musstest. Wenn du nur Mut dazu hast.«
Auf diese Art sammelten sich mehr als siebzig Stra-
ßenkinder hinter Scapa und Arane. In allen Winkeln Kesselstadts tuschelte man über den Bandenkrieg,
der sich wie ein Gewitter zusammenbraute. Es gab Gerüchte über Verräter, die zu Torron überliefen, und Drohungen, dass Torrons Männer jedes Kind töten würden, das ihnen über den Weg lief. Aber all das konnte nicht aufhalten, was Scapa und Arane begonnen hatten. Sie bereiteten sich vor, eisern und entschlossen, so wie unzählige andere Jungen und Mädchen.
An dem Tag, der der letzte vor dem Kampf sein sollte, hing der Himmel düster und schwer über Kesselstadt. Die sommerliche Hitze lastete auf den tiefsten Vierteln, kein Windzug rührte sich, und die Feuchtigkeit eines nahenden Gewitters mischte sich in die Gerüche der Stadt. In der Nacht begann es erst leicht zu nieseln, dann goss es in Strömen. Weite Pfützen bildeten sich, zogen in blutroten Bächen durch die Gassen und überfluteten manche Gegen-den. Die Laternenanzünder gingen auf Stelzenschu-hen von Straßenlampe zu Straßenlampe. In manchen Vierteln stand das Wasser auch so hoch, dass sie die Laternen ganz ausließen.
Scapa, der in dieser Nacht nicht schlief, beobachtete vom dunkelroten Vorhang aus, wie die grau-braune Brühe von der Straße über den Rand des Zimmers schwappte und den Fußboden über-schwemmte. Als das Wasser seine Schuhe einholte, trat er nicht davor zurück.
»Wieso Elfen?«, flüsterte eine Stimme hinter ihm.
Ohne gleich zu antworten, löste er seine drei Haarzöpfe. Straff band er sich die vorderen Strähnen
zurück, dann kniete er nieder und schöpfte mit der Hand Wasser vom Boden. Er schrubbte sich den Schmutz von Wangen und Stirn und wischte sich das Gesicht am Ärmel trocken. »Jede Hand zählt«, antwortete er schließlich.
Arane, die bis jetzt mit angewinkelten Beinen auf ihrem Stuhl gesessen hatte, erhob sich. Ihre Füße traten platschend ins Wasser, das sich immer weiter in den Raum vortastete. »Elfen!«, zischte sie und kam auf Scapa zu. Sie fasste ihn eindringlich am Ärmel.
»Du hast erlaubt, dass elfische Jungen mit uns kämpfen! Wenn sie uns nicht gleich verraten, dann werden sie am Ende noch mit uns gemeinsam den Fuchsbau bewohnen!«
Arane schien fassungslos, aber Scapa sah sie nicht einmal an. Sein Blick war hinaus in die Dunkelheit gerichtet. Nur der Regen glomm manchmal im Mondschein auf, wie in silbrigen Fäden zog er sich durch die Nacht. Es sah so schön aus, dass Scapa ganz schwer zumute wurde.
»Am Ende werden die Elfen die Macht über den Fuchsbau an sich reißen, und dann gehört Kesselstadt endgültig den Schlammfressern!«
Scapa drehte sich um. »Traust du uns beiden so wenig zu, den Fuchsbau behalten zu können?«
Dass Scapa nicht so hitzig wie sie, sondern sehr leise und ruhig geantwortet hatte, schien sie nur noch wütender zu machen. Ihre Nasenflügel bebten. »Aber es ist nicht die Angelegenheit der Elfen! Es ist unser Krieg.«
»Und du willst ihn doch gewinnen, oder?« Scapa sah sie von oben bis unten an. »Dafür können uns ruhig ein paar Leute mehr helfen. Elfen, Menschen –
ist doch egal, wer oder was sie sind, Hauptsache wir haben am Ende, was wir wollen.«
Arane atmete langsam aus. Der Zorn wich aus ihrem Gesicht und ein unzufriedenes Zucken ging ihr um den Mund. Scapa beobachtete den Wechsel ihrer Gefühle geduldig. Manchmal kam es ihm fast vor, als könne sie ihre Empfindungen lenken, wie es ihr gerade passte. Als diene alles, was sie von sich zeigte, irgendeiner Strategie.
Plötzlich spürte er, wie ihm ein Kloß in den Hals stieg, und er musste schwer schlucken.
»Was wirst du eigentlich tun?«, fragte er leise.
Seine Stimme war mit einem Mal dünn.
Arane erwiderte seinen Blick. »Was willst du?«, flüsterte sie.
»Ich will nicht, dass du kämpfst.«
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