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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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Torron war nie ein Mann großer Gefühle gewesen. Er wuchs in den tiefen Vierteln Kesselstadts auf, auch wenn heute viele behaupteten, er sei erst viel später als erwachsener Mann hergezogen. Seine Mutter war eine Taschendiebin namens Isred gewesen, unter deren Dielenboden man, als Vio sieben Jahre alt war, eine verweste Leiche fand. Es stellte sich heraus, dass der Tote Vios Vater Edor Juness war, ein unehelicher Sohn gehobener Herkunft, der als Kartenspieler und Trinker gelebt und schließlich als versteckte Leiche geendet hatte. Vio Juness’ Mutter wurde vor Gericht gestellt und an einem schneelosen Wintermorgen auf der Brücke von Grejonn, der
    »Straße der Henker«, wie manche sie wegen den zur Schau gestellten Köpfen ehrloser Verbrecher nannten, enthauptet. Noch bevor Isred Juness’ Kopf über
den braunen Kanalwassern baumelte, hatte Vio seine Mutter vergessen.
    Vio begann, wie so viele Waisen, sich alleine durchzuschlagen und geriet an den bekannten Gano-ven Kaav Volrog. Volrog erkannte große Talente in Vio, und so wurde der Junge zu seiner rechten Hand und stieg mit zwölf Jahren in die finsteren Geschäfte ein. Wie Volrogs ehemaliger Meister, ein legendärer Bandit namens Jakos Torron, es damals für Volrog getan hatte, so nahm nun Volrog Vio unter seine Fitti-che und eröffnete ihm den Eintritt in die zwielichtige Welt der Verbrecher. Vio, »der Ring« nannte man ihn bald – wegen des Rings, den er sich durch die Unterlippe stechen ließ, und seiner Angewohnheit, Volrogs Gegnern eine ringförmige Narbe ins Gesicht zu ritzen.
    Der Junge, auf dem Weg zu einem gefürchteten Mann, besaß dabei eine Kälte und Gefühllosigkeit, die ihn einzigartig und für Volrog unentbehrlich machten.
    Zu dieser Zeit wurde Vio erstmals auf den Fuchsbau aufmerksam. Damals lebte er mit Volrog und dessen Anhängern in verschiedenen Wirtshäusern zweifelhaften Rufes; aber er träumte davon, sein eigenes Reich zu haben, ein Haus, oder noch besser, einen Palast. Der Fuchsbau war in den Händen anderer Banden, die ihre Schmuggelgeschäfte in den alten Ruinen abhielten. Vio bat seinen Meister um einen offenen Kampf. Aber Volrog, der schon zu lange mit den anderen Banden in erträglichem Frieden gelebt hatte, lehnte es ab, Kesselstadts Unterwelt zu beherrschen.
In jenen Tagen starb Kaav Volrog auf geheimnisvolle Weise und sein Name verschwand aus den Straßen der Stadt.
    Nun war Vio der neue Bandenführer. Weil er sich als den wahren Erben des alten Jakos Torron empfand, übernahm er dessen Namen, ließ den Ring hinter sich und wurde als Vio Torron über Nacht zu einem berühmten Mann. Er eroberte den Fuchsbau für sich und erlangte die Gewalt über die dunklen Geschäfte Kesselstadts. Damals war er knapp zwanzig Jahre alt.
    Doch seitdem waren viele Jahre vergangen. Jahre, die sich immer zu wiederholen schienen, ein endlos gleiches Band, das sich abspielte, während die Falten in Torrons Gesicht tiefer, seine Züge härter und seine Wangen hohler wurden. Er war bereits mit zwölf Jahren alt gewesen und zehn Jahre nach seinem Auf-stieg zum wahren Herrscher Kesselstadts lastete das Leben so schwer auf ihm wie ein riesiges Gebirge.
    Nicht nur Gefahr, Hass und der allgegenwärtige Tod, der in Torrons Geschäftsbranche reich bedient war, sondern auch der Wein hatten ihn altern lassen.
    Torron kippte seinen Kelch und spülte das vom Inhalt die Kehle hinunter, was ihm nicht an den Mundwinkeln wieder hinaus rann. Ein Rülpser brachte ihm den versäuerten Geschmack des Hammelfleisches in den Mund zurück. Torron zog sein Messer und stocherte sich damit die Essensreste aus den Zahnlücken. Dabei beobachtete er die Tänzerinnen auf den Tischen und spürte, wie sich der ange-
nehme, ermüdende Rausch des Weins in seine Glieder schlich.
    Es war auch eine Elfe unter den Tänzerinnen. Sie stach unter den anderen Frauen hervor wie ein dunkler Opal unter Kieseln: Sie war wesentlich größer als die Menschenfrauen, gertenschlank und hatte grau-schimmernde Haut. Ihr glattes, dunkles Haar – wie schwarzes Wasser schimmerte es im Fackelschein –
    war nach Elfenart frisiert.
    Torron mochte keine Elfen, ob nun männlich oder weiblich, Tänzerin oder Hehler. Sie waren ihm unheimlich, doch seine Ablehnung ihnen gegenüber speiste sich vor allem aus dem Reichtum, den viele von ihnen angehäuft hatten – und auf den die Menschen schon immer ein neidisches Auge geworfen hatten. Waren sie einmal aus ihren schmuddeligen Stämmen verstoßen, so schien es,

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