Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
Vom Netzwerk:
immer erst nach Hause, wenn es bereits dunkel war.
    Manchmal roch er nach dem Schnaps, den es in der
Schänke des Dorfes gab. Manchmal schienen seine Augen feucht.
    »Holzhacken?«, wiederholte Agwin scharf und runzelte die Stirn. »Es ist schon Nacht. Du willst mir doch nicht erzählen, dass du in tiefer Finsternis Bäume fällst? Nun setz dich.«
    Grenjo ließ sich auf seinen Stuhl am Tischende sinken. Agwin schöpfte mit einer Holzkelle aus dem leise dahinköchelnden Kessel und goss die Suppe in eine Schale. Dann stellte sie die Schale vor Grenjo und setzte sich mit auf dem Schoß verschränkten Händen neben ihn.
    »Nill, hol meinem Mann Wasser.«
    Sie nannte ihn immer »mein Mann«, wenn sie mit Nill sprach. Etwas Verächtliches lag in diesen Worten, so als mache sie sich über ihn lustig. Nill goss Wasser in einen Holzbecher und gab ihn Grenjo. Nur für einen kurzen Moment blickte er zu ihr auf und dankte ihr mit dem stillen Lächeln seiner Augen.
    »Du solltest wieder auf die Jagd gehen«, sagte Agwin. Ihre Stirn blieb gerunzelt, fast als sei Grenjos bloße Gegenwart eine Beleidigung. »Ich könnte wieder Hirschfleisch einsalzen und zum Trocknen legen.
    Die anderen Familien haben größere Vorräte als wir, habe ich gehört. Und du bringst immer nur Fisch, Fisch, Fisch – ich kann es nicht mehr sehen, Grenjo.«
    Bevor Grenjo etwas dazu sagen konnte, wandte sich Agwin an Nill: »Willst du nur herumstehen, oder gibst du mir auch etwas zu essen und zu trinken? Soll ich etwa alles selbst tun?« Mit einem star-
ren Lächeln drehte sie sich wieder zu Grenjo. »Dieses Mädchen!«, sagte sie und lachte. »Heute ist sie wieder für Stunden fort geblieben, als ich sie zum Wasserholen schickte. Und als sie wiederkam, hatte sie den einen Eimer schon verschüttet. Sie treibt sich in den finsteren Wäldern herum wie ein wildes Tier!« Mit glühenden Augen lehnte Agwin sich vor und nahm Nill den Löffel aus der Hand, den sie ihr mit der Suppenschale entgegenhielt. »Das ist das Elfenblut, jawohl, sie wird immer mehr eine Elfe! Kein Mensch würde sich so in den Wäldern herumtreiben wie sie. Guck dir ihre Ohren an – da, guck!«
    Agwin ergriff mit Daumen und Zeigefinger Nills Ohr und zog sie zu sich heran. »Da, Grenjo, siehst du’s? Sie werden immer spitzer.«
    Grenjo sah Nill nachdenklich an, bis Agwin ihr Ohr losließ.
    »Wie alt bist du denn jetzt, Nill?«, fragte er.
    Sie warf ihm einen zögernden Blick zu. »Vierzehn Winter und fünfzehn Sommer.«
    Plötzlich breitete sich ein Lächeln auf Grenjos Gesicht aus. Es war ein Gesicht voller Furchen, und doch ließen Augen und Mund erahnen, dass er einmal schön gewesen war. Vielleicht war das gar nicht lange her. Ein paar Tage und Nächte der Traurigkeit reichten schon, um alt zu werden.
    »So alt schon«, murmelte er. »Ich erinnere mich noch an das kleine Mädchen, das früher hier herum-getappt ist und stundenlang die Bäume im Wind beobachtet hat.«
»Sie war ein unerträgliches Nervenbündel«, fügte Agwin hinzu. »Als Kind hat sie mir alle Kraft abver-langt und jetzt macht mir ihre Selbstsucht graue Strähnen.«
    Nill wandte sich zur Tür. Unbemerkt hatte sie sich die Haare wieder über die Ohren gestrichen – das war schon eine Angewohnheit geworden. Sie versteckte alles, was an ihr elfisch war, so sorgfältig wie möglich. »Ich gehe schlafen.«
    Agwin hielt im Suppeschlürfen inne. »Morgen gehst du und verkaufst meine Kohlköpfe auf dem Markt. Und sieh zu, dass man dich nicht vollends übers Ohr haut.«
    Nill blickte verstohlen zu Agwin zurück, ehe sie die Küche verließ. Sie war noch nie übers Ohr gehauen worden. Aber das spielte in Agwins Augen keine Rolle. Sie hätte Nill genauso ungerührt beschuldigt, die Bäume in den Hof gefällt zu haben, die ein Sturm aus der Erde gerissen hatte.
    Nill kletterte eine Stiege hinauf zum Dachboden, wo ihr Zimmer lag. Aus Gewohnheit konnte sie sich in der Dunkelheit bewegen, ohne gegen etwas zu stoßen, bis sie das schmale Strohbett erreichte. Ihr Zimmer war klein und hatte schräge Wände. Ein einziges Fenster, wie ein Guckloch, war über ihrem Bett. Sie öffnete das Binsengeflecht, das das Fenster im Sommer abdeckte, und blickte hinaus.
    Der Wind strich zu ihr herein und kitzelte kühl und duftend auf ihrer Haut. Sie sah die mächtigen Baumwipfel, die sich vor dem Nachthimmel ab-
zeichneten. Blass schimmerte die Mondsichel durch das Geäst. Grillen zirpten und aus der Ferne klang das Heulen der Wölfe.
    Nill

Weitere Kostenlose Bücher