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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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Zaubern in die Tiefen der Wälder zu locken. Denn ganz anders als die Elfen fürchteten die Menschen den Wald, sobald sie alleine und ohne ihr schützendes Feuer waren.
    So war es nicht verwunderlich, dass es in den gesamten Tiefwäldern des Westens nur ein einziges Kind zu geben schien, in dem das Blut beider Völker floss. Nill wusste von keinem ähnlichen Fall, und wenn es doch mehr Kinder gemischten Geblüts gab, so verschwieg man sie ebenso, wie Nill verschwie-gen wurde.
    Trotz ihrer elfischen Abstammung fühlte sich Nill wie ein Mensch. Sie kannte ja nur die Menschen –
    und von den Elfen erzählte man sich so finstere Geschichten, dass Nill sich unmöglich vorstellen konnte, eine von ihnen zu sein. Manchmal war sie sogar dankbar, von ihrer Mutter verstoßen worden zu sein, damit sie nicht zu dem wilden, blutrünstigen Volk gehören musste, das man in ihrem Dorf so hasste und fürchtete.
Nein, hätte man Nill nicht ständig daran erinnert, anders zu sein, wäre sie ein gewöhnlicher Mensch gewesen. Nur ein paar Kleinigkeiten verrieten, dass sie etwas Fremdes, etwas Elfisches in sich hatte: Nill sah nachts besser als die restlichen Dorfbewohner.
    Das Mondlicht konnte für sie so manches in der Dunkelheit erstrahlen lassen, was Menschenaugen nicht erfassten. Ihre Haut bräunte sich in der Sonne nicht, so lange sie auch in den Gemüsebeeten arbeitete, und blieb stets bläulich blass. Und Nill fürchtete sich nicht vor dem Wald. Im Gegenteil, sie fühlte sich von den hohen Bäumen, dem tiefen, weichen Moos, dem undurchdringlichen und ewig tanzenden Grün des Waldes geradezu gerufen. Das Rauschen der Buchen und Weiden lockte sie fort in stille Tiefen, in denen es nichts außer Sonnenlicht und Schatten und den Echos winziger Geräusche gab. Die Angst, sich zu verlaufen oder von den Geschöpfen des Waldes entdeckt zu werden, war Nill völlig unbekannt.
    Und manchmal, da hatte Nill sogar das merkwürdige Gefühl, die Bäume flüstern zu hören. Wenn sie genau in die Stille des Waldes horchte, wenn sie sich auf das Schweigen der uralten Eichen konzentrierte, das wie ein angehaltener Atem in der Luft hing, dann kamen ihr merkwürdige Eingebungen, so als hauche ihr etwas eine Botschaft ein. So wusste Nill oft aus unerklärlichem Grund, wann ein Gewitter heraufziehen würde, ob ein entwurzelter Baum den Hühnerstall zerschlagen oder wann die aufschäumenden Flu-
ten des Flusses über das Ufer treten und die Felder überschwemmen würden.
    Als Nill nun, den schweren Korb mit den Kohlköpfen auf dem Rücken, die kleinen Straßen des Dorfes entlangging, folgten ihr die Blicke der anderen Bewohner. Zwei Mädchen tuschelten hinter vor-gehaltenen Händen und kicherten. Nill ging schneller. Ich hätte mir, dachte sie, noch einmal die Haare kämmen sollen. Bestimmt machten sich die beiden Mädchen darüber lustig, dass sie wie eine Vogel-scheuche aussah.
    Auf dem Platz, der in der Mitte des Dorfes und direkt vor dem Haus des Obersten lag, wurde ein Markt abgehalten. Hühnergackern, Stimmengewirr und Münzengeklimper mischten sich zu dem ge-wöhnlichen Marktlärm, der in Nill so manche dunkle Erinnerung weckte. Sie mochte es nicht, unter Leuten zu sein.
    Stumm und mit gesenktem Kopf baute sie ihre Kohlköpfe auf. Die Schatten der Vorbeigehenden tanzten über sie hinweg und das Lachen von Kindern näherte sich ihr. Plötzlich griffen mehrere Hände nach ihren Kohlköpfen. Erschrocken blickte Nill auf: Eine Schar Jungen und Mädchen, bestimmt nicht älter als zehn, hatte sich lachend um sie versammelt und sprang um sie herum. Im Chor sangen sie:
    »Schmuddelmädchen, Strubbelkind,
    kamst aus dem Sturm, kamst in den Wind, fielst in die Dornen, auf die Erd’, Dornenmädchen, bist nichts wert!« »Gebt mir mein Gemüse zurück!« Nill griff nach den Kohlköpfen, die die Kinder sich gegenseitig zuwarfen, doch sobald sie einen packte, hatten die Kinder bereits einen neuen genommen. »Hört auf! Ver-schwindet!«
    Noch immer sangen sie das Lied vom Dornenmädchen. Sobald Nill einen Schritt auf sie zumachte, kreischten sie vor Freude.
    »Dreckige Elfe! Das Dornenmädchen will mich holen!«
    Dornenmädchen – das war sie also immer noch.
    Ein Junge zog sie so fest an den Haaren, dass sie gegen die aufgestapelten Kohlköpfe fiel. Polternd brach der kleine Turm in sich zusammen und Nill stürzte genau in die Mitte des rollenden Gemüses.
    Die Kinder schrien und suchten das Weite, als sich ein Schatten über sie senkte.
    Benommen blickte

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