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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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der dem steinernen Dorn erschreckend ähnlich sieht. Sie wendet sich an ihren Begleiter und erkennt plötzlich sein Gesicht; erkennt jedes Detail, sieht seine Lippen, die Nase, die tiefen, finsteren Augen – er packt ihre Hand und Nill schreit auf. Er hat ihr den schwarzen Dorn in die Brust gebohrt. Schmerz, Entsetzen und ein verwirrendes Ge-fühl der Liebe vereinen sich zu einer Flut, die durch jede Zelle ihres Körpers rauscht –
    Mit einem Luftschnappen fuhr Nill auf. Einen Herzschlag lang flirrten die Bilder des Traumes vor ihr; dann umgab sie wieder ihr vertrautes Zimmer.
    Staub schwebte im Licht, das die Sonne durch ihr Fenster warf.
    Es war nichts geschehen. Sie hatte nur geträumt.
    Nill schwang sich kurzentschlossen aus ihrem Bett und zog den seltsamen Stein unter der Matratze hervor. Eine Weile betrachtete sie ihn gedankenverloren. Er war ungeschliffen und sogar ein bisschen krumm, und doch … Nill konnte unmöglich glauben, dass er auf natürliche Weise zu seiner Form gefunden hatte. Er lag ihr perfekt in der Hand, so wie ein Dolch oder ein Messer.
Außerdem war er schön. Sie konnte jetzt, da sein Anblick ihr vertrauter war, kaum die Augen von ihm wenden. Die Schwärze des Dorns war so tief und samtig wie eine mondlose Nacht. Doch an seinen Kanten und Ecken umgab ihn ein Schillern von undefinierbarer Farbe. Was für ein Stein mochte das sein? Sie konnte sich nicht daran erinnern, je einen ähnlichen Gegenstand gesehen zu haben. Die Furcht, die der Dorn gestern in ihr wachgerufen hatte, krib-belte ihr noch ein bisschen im Bauch – aber jetzt gewann die Neugier die Oberhand, was für ein Geheimnis ihn wohl umgab.
    Schließlich stand Nill auf und zog sich an. Wie die meisten Frauen und Mädchen im Dorf trug sie ein Kleid aus grobem Leinen, das ihr ausgefranst um die Waden tanzte. Darüber zog sie eine dunkelgrün ge-färbte Tunika, die Agwin abgelegt hatte, und band einen Gürtel um die Taille. Als sie in ihre knöchel-hohen Schuhe geschlüpft war, steckte sie sich den Dorn in die Rocktasche und strich verstohlen die Tunika darüber glatt. Es war bestimmt besser, wenn sie ihn bei sich behielt.
    Nill verließ ihr Zimmer und ging in Richtung Hof, wo die Kohlköpfe bereits auf sie warteten.

    Das Reich der Dunklen Wälder war unendlich. Es erstreckte sich in alle Himmelsrichtungen, umfasste die tiefen Waldgebiete, in die sich selten Wanderer und Sonnenstrahlen verirrten, die weiten Länder der Birken und Buchen, deren Stämme so mächtig wa-
ren, dass drei Menschen sie nicht umfassen konnten, und Berge: gigantische Berge, deren weiße Gipfel die Bäuche der Wolken durchbohrten. Unzählige Völker und Wesen lebten im Dunklen Waldreich –
    viele von ihnen waren einander nicht einmal bekannt, denn sie waren sich nie begegnet.
    Auch die Menschen hatten sich in ihrem Eifer, die gesamte Welt zu besiedeln, in den Dunklen Wäldern niedergelassen. Man nannte ihre Dörfer, die sich von den nördlichen Gebirgslandschaften bis hin zu den westlichen Tiefwäldern ausdehnten, die Dörfer der Hykaden. Dieser Begriff kam aus der Sprache des Elfenvolkes: Hykaed bedeutete Barbar. Aber da selbst die Menschen jenseits der Dunklen Wälder die Hykadenstämme barbarisch fanden, hatte sich der Name durchgesetzt. Im Verlauf der Zeit hatten die Hykaden wohl vergessen, was ihr Name bedeutete, oder sie erachteten es nicht als Schande, von Elfen –
    die in ihren Augen nichts als Wilde waren – für barbarisch gehalten zu werden. Die Missverständnisse zwischen den beiden Völkern reichten so weit zurück wie die Geschichte ihrer Stämme. Nie hatten Menschen und Elfen in Einklang miteinander gelebt, denn solange es Land, Wasser und Luft gab, konnte die Welt nur einem der Völker gehören.
    Vor allem in den tiefen Wäldern des Südens, wo der Boden fruchtbarer war als irgendwo sonst, die breiten Flüsse Lachse und Krebse im Überfluss boten und die gigantischen Bäume so weit in den Himmel ragten wie Riesen, war die Feindschaft zwischen
Hykadenstämmen und Elfenvolk seit Urzeiten uner-bittlich. Die Menschen unternahmen Hetzjagden auf die Tiere des Nebels, die die Elfen als heilig erachteten, und holzten die von Dunstschwaden und Zau-berkraft durchtränkten Haine ab. Und die Elfen schossen das Wild, auf das die Menschen so angewiesen waren, und waren mit den Wölfen im Bunde, die die Schafe und Hühner der Dörfer rissen. Außerdem beschuldigten die Hykaden die Elfen, immer wieder Menschen mit geheimnisvollen Bannsprü-
    chen und

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