Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone
mehrere Stammesfürsten und sprachen wild durcheinander – hatte der Fürst von Lhorga vielleicht Recht? War es ein Zeichen der Götter, dass die Menschen die Elfen unterwerfen sollten?
»Mir ist das Messer nicht geheuer!«, rief schließ-
lich ein junger Fürst. »Es ist das Werk elfischer Zau-berkraft und wird so oder so nur Unheil über uns bringen. Werfen wir es in eine tiefe Schlucht!«
»Bist du des Wahnsinns?« Der Dorfoberste von Hegva sprang schneller auf, als man seinen alten Knochen zugetraut hätte. »Dieses Messer ist ein göttliches Geschenk!«
Eine Tochter von Yugg erhob sich. »Ihr habt beide Recht, edle Fürsten. Wir sollten das Messer loswerden, doch ohne den Göttern dabei undankbar zu sein.
Schickt einen mutigen Krieger aus, um das Messer zu den Hainen der Elfen zurückzubringen.«
»Zu den Elfen?«, empörte sich ein anderer Fürst.
»Lieber weiß ich das Messer in den Händen von Mug-hor, dem Herrn der Toten, als bei den Wilden!«
»Das Messer gebührt dem König!«, rief eine Stimme. Verblüffte Stille trat ein. Die Streitenden wandten sich um und blickten auf einen jungen Stammesführer. Nun, da die Aufmerksamkeit der Versammelten ihm gehörte, stand er auf.
»Ich sage, das Messer gebührt dem König«, wiederholte er. »Vor zwei Jahren schickte ich meine ersten Späher aus, um mehr über den König in Erfah-rung zu bringen. Von ihnen erfuhr ich, dass Gerüchte umgehen, Gerüchte, dass der König auch das Reich der Dunklen Wälder erobern und dessen Völker unterwerfen will. Doch der König von Korr ist ein Mensch und damit unser Bruder. Er wird uns verschonen, wenn wir ihm unsere Brüderlichkeit zeigen.
Wenn wir aber das Messer den Freien Elfen zurück-geben, schenken wir damit dem Feind, der unseren Bruder erstechen will, den Speer! Lasst uns genau überlegen, was wir tun! Wenn wir das Messer für uns bewahren oder gar den Elfen geben, helfen wir vielleicht den Wilden, einen Menschenkönig zu stürzen.
Geben wir dem König von Korr aber das Messer, sichern wir ihm die Macht über die Wilden – und uns seine ewige Freundschaft.«
Eine Weile schwiegen alle. Doch die Gesichter der Versammelten verrieten bereits, dass die gesagten Worte Zustimmung gefunden hatten. Schließlich klang es sehr sinnvoll, dem König gegen die Elfen beizustehen. Denn egal, wer er war, er war ein Mensch – und die Elfen waren feindlich.
»Und wer ist mutig genug, das Messer zu überbringen?«, fragte Celdwyn leise. Ihre Rabenstimme war während der letzten Minuten nicht erklungen.
Nun wurde die Stille nur noch beklemmender und das Feuer schien lauter zu knistern.
Wer war schon bereit für so eine waghalsige Aufgabe? Niemand wusste, wer der König war, und die Schauermärchen seiner Grauen Moorelfenkrieger waren bis in die Dunklen Wälder vorgedrungen. Angeblich lebte der König in einem mächtigen Turm tief in den Marschen, im Reich der Moorelfen versteckt, und der Weg von den Dunklen Wäldern bis nach Korr war auch ohne das magische Messer gefährlich genug.
»Ich weiß jemanden«, sagte plötzlich der unscheinbare Knabe, der neben dem Stammesführer
von Lhorga saß. Der junge Fürstensohn blickte unruhig zu seinem Vater auf, als alle sich ihm zuwandten.
»Das Dornenmädchen. Der Bastard, ihr wisst schon
… Niemand wird um sie bangen.«
Unsichere Blicke wanderten umher.
»Unsinn«, sagte schließlich der Fürst von Lhorga.
»Wir können kein Mädchen allein auf diese Reise schicken. Noch dazu hat sie elfisches Blut, man weiß also nie, ob man ihr trauen kann. Und ich habe ge-hört, dass sie schwachsinnig ist.«
»Ist das nicht ein Vorteil?«, erwiderte eine Tochter Yuggs zögernd. »Ein schwachsinniges Mädchen wird keine Aufmerksamkeit erregen. Sie wird bestimmt unbemerkt bis zum König gelangen, sofern sie nicht zu schwachsinnig ist, um den Weg zu finden …«
»Oh, man kann ihr Angst machen«, schlug der Fürstensohn vor, durch die Zustimmung der Frau offensichtlich ermutigt. »Ja, ja, sie ist furchtsam! Wenn man ihr droht, dass sie aus dem Dorf verbannt wird und den Zorn der Götter auf sich zieht, wird sie tun, was man ihr sagt. Ich kenne sie. Ich habe sie oft genug mit meinen Freunden gesehen.«
Der Fürst von Hegva ergriff rasch das Wort: »Der Knabe hat Recht. Ein einfaches Mädchen wird am wenigsten Misstrauen erregen. Wir müssen ihr gar nicht sagen, was genau es mit dem Messer auf sich hat – erteilt ihr einfach den Befehl, so kann sie auch nichts verraten! Und keiner von uns
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