Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume
verriet keine Regung, denn es lag unter einer Maske aus einer Substanz, die am ehesten mit Platin zu vergleichen war. Bewegungslos und spiegelnd. Das schmale Lächeln verhöhnte sich selbst.
Er gehört mir. Ihr habt kein Recht, ihn zu töten
.
Der Catácon streckte demonstrativ seine gewaltigen Flügel aus und nahm damit fast die ganze Breite des Tempels in Anspruch. Einst hatten gewebte Wandteppiche und bunt bemaltes Töpferwerk die kleine Halle reich geschmückt. Doch seit Jahrhunderten waren davon nur noch zurückgebliebene Fetzen und Scherben zu sehen.
„Dann nehme ich mir das Recht, wenn du nicht fähig bist, ihn zu kontrollieren“, zischte der Catácon. „Er hat unsere Sicherheit gefährdet und ein Dutzend Clerica zu meinem letzten Aufenthaltsort gelockt.“
Der Nybbas knurrte.
Was hat er getan?
„Er hat sich in einem buddhistischen Kloster in seiner wahren Gestalt gezeigt und die Mönche dazu aufgefordert, vor ihm zu knien und ihn anzubeten.“
Na, das hatte doch zumindest Stil.
So schlimm wird es nicht gewesen sein, wenn du noch große Töne spucken kannst. Also sei keine Heulsuse, Catácon. Du selbst triefst vor Arroganz und begehst ständig solchen Übermut
.
Sein Gegenüber warf den Kopf in die Höhe und klapperte drohend mit dem Schnabel. „Wage es nicht, mich zu beleidigen. Ich werde nicht hinnehmen, dass eine solch erbärmliche Kreatur mir Schwierigkeiten verursacht.“
Der Ilyan sah auf. „Ihr habt die Clerica selbst angelockt“, flüsterte er abfällig. „Ihr auf eurer Jagd. Es waren keine Clerica in der Nähe des Klosters, als ich …“
„Lüge!“, stieß der Catácon hervor und hackte nach dem Ilyan.
Dieser schrie hoch auf, als sich der Schnabel tief in seine Schulter bohrte. Dickes, dunkelrotes Blut quoll aus der Wunde und rann unter dem zerrissenen Hemd den alabasterfarbenen Körper herab.
Der Nybbas verschränkte ungerührt die Arme vor der Brust.
Glaubt ihr, das würde mich interessieren? Ich will mein Eigentum und wieder verschwinden. Jetzt. Ich hab heute noch was vor
.
„Dann hol ihn dir, Gaukler!“
Der Catácon riss den Ilyan mit einer Klaue zu Boden und hielt ihn fest. Der echsenähnliche Alácrasio griff an, kaum dass er den Gefangenen losgelassen hatte. In einer Drehung schlug er mit seinem Schwanz nach dem Nybbas, der nur durch einen Sprung zurück dem tödlichen Giftstachel ausweichen konnte. Der Alácrasio verlagerte seine Position freundlicherweise so, dass seine Seite einen Moment ungeschützt war. Der Nybbas stürzte vor, packte seinen Gegner am Hals und schlug seine Zähne in einen Oberarm. Einohrenbetäubender Schrei erklang; so laut, dass Staub und kleine Steinchen von der niedrigen Decke rieselten. Ineinander verkeilt krachten die Dämonen auf die Erde, rollten über den rissigen Granitboden und schlugen gemeinsam vor eine Wand, die angesichts des Aufpralls beinahe einstürzte. Wie im Rausch schlugen und bissen sie aufeinander ein. Schwarzes, bitteres Blut füllte des Nybbas’ Maul und fachte seine Wut zusätzlich an. Seine Krallen zerfetzen schuppige Haut und rissen tiefe Wunden in dunkles Fleisch. Der Alácrasio schnappte und kratzte nach ihm. Sein Schwanz mit der giftigen Stachelspitze peitschte durch die Luft. Doch der Nybbas war ihm überlegen. Seine Zähne fanden den Hals des Gegners, durchtrennten Sehnen, Adern und schließlich mit einem Zerren auch die ledrige Luftröhre. Alle vier Arme des Alácrasios schlugen in ansteigender Todesangst nach ihm, doch mit dem Blut aus seiner Kehle verließen ihn die Kräfte. Mit einem gurgelnden Röcheln brach er zusammen und blieb leblos liegen. Die Macht des Alácrasios versickerte schwarz und rot im zerklüfteten Boden.
Der Nybbas sprang auf. Im gleichen Moment wurde der Ilyan quer durch die kleine Tempelhalle geschleudert. Sein Körper schlug gegen eine grob gemauerte Wand und brachte durch die Wucht des Aufschlags einen Teil der Decke zum Einsturz. Steine fielen auf seinen Körper herab, die Erde bebte.
Der Nybbas sah einen dunklen, schnellen Schatten auf sich zustürzen. Er wirbelte herum. Zu spät. Krallen bohrten sich tief in seine Schultern. Das Gewicht des Catácons warf ihn erneut zu Boden. Er riss die Arme hoch, schlug mit beiden Fäusten von unten gegen den gewaltigen Schnabel, der seinen Schädel spalten wollte. Die Vogelfänge rissen ihm das Fleisch von den Rippen. Brachen die ersten Knochen. Ein hasserfülltes Brüllen ertönte, von Schmerz durchzogen. Es kam aus seiner eigenen Kehle. Auch
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