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Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Titel: Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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der Anflug eines Lächelns auf seinen Lippen echt war.
    „Hey“, meinte er leise. „Nicht sauer sein, okay?“
    Mehr nicht. Im Hintergrund sang Lenny Kravitz etwas von Engeln und Joana schämte sich für ihren kitschigen Musikgeschmack.
    Sie drehte sich seufzend um und machte ein paar Schritte in ihre Wohnung. Als sie sich ihm wieder zuwandte, lehnte er immer noch am Türrahmen. Seine Haltung drückte Arroganz aus, was im krassen Widerspruch zu seinem Lächeln stand. Ob es ein entschuldigendes Lächeln war oder sie den Eindruck auf reines Wunschdenken zurückführen sollte, wusste sie allerdings nicht.
    „Was willst du?“, blaffte sie ihn an und stemmte die Fäuste in die Hüften. Wie eine Furie. Sie errötete und nahm die Hände wieder runter.
    Er senkte den Kopf, biss sich leicht auf die Unterlippe. Joana musste scharf Luftholen und zwang sich dazu, den Blick von seinem Mund zu lösen. Auf die hübsch definierte Brustmuskulatur zu starren, die sich unter seinem T-Shirt abzeichnete, war noch viel dämlicher. Er sah so gut aus, dass es die reinste Unverschämtheit war.
    „Wir waren doch verabredet. Acht Uhr.“
    „Acht Uhr – vor genau zwei Tagen.“
    „Ich musste … geschäftlich verreisen und hatte deine Telefonnummer nicht.“
    Sie zog die Brauen hoch. Würde ein ‚Es tut mir leid‘ folgen?
    „Darf ich reinkommen?“
    Natürlich kam nichts dergleichen. Joana schnaubte. Auf eine Entschuldigung würde sie bei diesem Mann vermutlich lange warten können. Trotzdem murmelte sie: „Okay.“
    Er folgte ihr in die Wohnküche und während Joana eine Flasche Wasser, Orangensaft und Gläser zusammensuchte, um ihre Hände zu beschäftigen, beobachtete sie, wie er sich neugierig umsah. Er schnupperte an dem riesigen, roten Basilikum, der mit seinen Ausmaßen längst die Herrschaft über den Esstisch beansprucht hatte, sah ihre CDs durch, blätterte in einigen herumliegenden Büchern und betrachtete ausgiebig die Ölgemälde an der Wand. Vor einem größeren Bild, das die afrikanische Savanne zeigte, blieb er stehen, nahm die Sonnenbrille ab und legte sie auf das Sideboard.
    „Hast du das gemalt?“
    Sie schob aufdringliche Basilikumtriebe zur Seite und erkämpfte den Gläsern damit einen Platz auf dem Tisch. „Ja“, meinte sie knapp. „Früher.“
    „Warst du mal dort?“
    „Nee.“
    „Aber du würdest gern, hab ich recht?“
    Erneut demonstrierte er, wie tief er in ihren Kopf zu sehen vermochte. Es wunderte sie kaum noch, es ärgerte sie nur.
    „Was soll das, Nicholas?“
    „Du tust selten, was du wirklich willst, so ist es doch?“ Seine Stimme war leise, kaum mehr als ein Flüstern. Seine Augen waren auf das Bild gerichtet, als würde es ihm eine Geschichte erzählen. Ihre Geschichte. „Du lässt dich von Konventionen leiten. Dich von Regeln kontrollieren, die andere gemacht haben. Warum? Aus Angst, vermute ich. Weißt du, was die afrikanischen Malinké sagen? ‚Die Furcht vor einer Gefahr ist ungleich gefährlicher, als die Gefahr es selbst zu sein vermag.‘“
    „Wie schön“, sagte Joana, nur um sich nicht einzugestehen, dass ihr eigentlich die Worte fehlten. „Wie schön, dass du mir Fragen stellst und sie selbst beantwortest. Sehr praktisch, denn so muss ich nicht …“
    Er trat hinter sie. Nicht schnell, eher gemächlich. Und doch, ohne ihr einen Moment Zeit zu lassen, um zurückzuweichen.
    „Sei nicht mehr sauer.“ Sie glaubte, seinen Atem am Ohr zu spüren. „Es war wirklich eine dringende Angelegenheit, die mich davon abhielt, zu kommen. Du würdest es verstehen.“
    Sie zweifelte daran. Aber um zu widersprechen, hätte sie eine feste Stimme benötigt, derer sie nicht mehr habhaft werden konnte. Einfach zu nicken war dagegen leicht. So unverschämt leicht. Sein Körper berührte den ihren nicht, aber er war so nah, dass mehr auch gar nicht nötig war, um ihre Haut kribbeln zu lassen. Joana war klar, dass es keinen Sinn mehr hatte, ihn abzuweisen. Sie zappelte längst in seinem Netz und dieeinzige Möglichkeit, sich nicht hilflos von ihm einspinnen zu lassen, war selbst die Initiative zu ergreifen. Ihn zu überrumpeln, bevor er sie überrumpeln konnte. Sie schloss die Augen. Ignorierte, dass in ihrem Körper das reine Verlangen gegen eine fremdartige Angst ankämpfte. Dachte an die Weisheit der Malinké, wer immer die auch sein mochten.
    Sie spürte seine Brust an ihrem Rücken. In einer fließenden Bewegung drehte sie sich um, schlang beide Hände um seinen Nacken und zog ihn zu

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