NYLONS Mademoiselle hat ein Geheimnis - Erotische Phantasien
geistlosen Tätigkeiten wie Kartoffeln schälen, überprüfte ich in Gedanken jedes Gespräch und jede Geste auf eine eventuelle, verräterische Offenbarung. Aber meine obsessive Beschäftigung mit der Vergangenheit mündete letztlich immer in der beschämenden Erkenntnis, nichts, aber auch gar nichts gemerkt zu haben.
Dabei fing alles so harmlos an: Als Christoph sich ein halbes Jahr vor dem entscheidenden Ereignis auf den ausgeschriebenen Direktorenposten seiner Großbank in Georgia beworben hatte, rechneten wir beide nicht ernsthaft damit, dass aus seinem Luftschloss etwas werden würde. Gut – er war schon als Azubi mit Abstand der Beste gewesen, ebenso wie der jüngste Vermögensberater, und seine Karriere verlief gradlinig aufwärts wie die Kurve der T-Aktien in ihrer Jugendzeit. Aber dies schien doch ein Griff nach den Sternen! Zu seinem Triumph und meinem Entsetzen bestand er das Assessment-Center aber mit Glanz und Gloria. Und nun wollte eine Entscheidung getroffen werden. Ein Umzug der Familie – von Weldingen im Bodenseegebiet in die Vereinigten Staaten – kam nicht in Frage. Lilli stand anderthalb Schuljahre vor dem Abitur und wir, beziehungsweise ich, hatten genügend Zeit, Nerven und diplomatisches Geschick aufwenden müssen, um sie bis hierhin zu bringen. Auch Alex hatte gerade den Sprung von der Realschule auf die Fachklasse »Kommunikation und Medientechnik« geschafft – stolz wie ein Spanier auf seine neue Zugehörigkeit zu einer handverlesenen Hoffnungsträgergruppe.
Wir hatten keine echte Wahl. Zeit auch nicht. Es ging alles so furchtbar schnell, dass man das Gefühl zu träumen gar nicht ablegen konnte. Die Bank gestand ihm neben einer Menge anderer Vorteile eine großzügige Heimflug-Regelung zu. Und ich fügte mich zähneknirschend in mein Schicksal als »grüne Witwe«. Mutter Bank sorgte für alles. Christophs Appartement war bereits gemietet und möbliert, die Formalitäten zu Visum und Aufenthalt liefen verdächtig schnell. In der Hektik der Organisation alles Nötigen kamen wir kaum zum Atem holen.
Unsere letzte Nacht war – zumindest aus meiner Sicht – ein Desaster. Um kurz vor halb zwölf lagen wir endlich in unserem Doppelbett mit den zwei verschiedenen Matratzen – Christophs gesunder Taschenfederkern- und meiner weniger gesunden, dafür gemütlicheren Latexmatratze. Christoph streckte einen Arm nach mir aus. »Komm, rutsch rüber!«
Ich unterdrückte ein Gähnen und schmiegte mich in die angebotene Armbeuge. Genieß es, du wirst es bald genug vermissen, erinnerte ich mich selbst. Meine Wange lag auf seinem Oberarm, dort, wo auch bei so haarigen Männern wie Christoph die Haut ganz zart und glatt ist, und ich sog tief seinen Geruch ein. Der orientalische Duft von Egoïste passte zu ihm, als wäre er für ihn komponiert, und gehörte zu ihm wie ein unverwechselbarer Geruchs-Fingerabdruck. Als ich ihm, acht Jahre zuvor, an Weihnachten das erste Mal eine Flasche Eau de Toilette davon geschenkt hatte, schaute er etwas bedenklich drein. Er fand die Marke zu exotisch, zu erotisch für einen Banker. Inzwischen hatte er sich daran gewöhnt und trug sie mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie seine korrekten, ausgesprochen langweiligen (und saumäßig teuren) Seidenkrawatten. Und er passte fantastisch zu seinem raubtierhaften Charme! Vielleicht war er deshalb so wahnsinnig erfolgreich, weil alle reichen Kundinnen zu Wachs in seinen Händen wurden? In diesem Moment glitt seine freie Hand über meinen Oberschenkel und streifte Zentimeter für Zentimeter den Saum meines Schlaf-T-Shirts hoch.
»Dieses alte Ding könnte ich inzwischen aus einem Haufen Altkleider erfühlen! Warum wirfst du es nicht endlich weg?«
»Weil es mein Lieblingsnachthemd ist. Hilf mir doch mal ...«
Ich drehte und wand mich, einen Arm halb aus dem Ärmel gezogen. Christoph zog kräftig und plötzlich riss der Halsausschnitt mit einem dezenten Raaatsch. Das war mein Lieblingsnachthemd gewesen. Mit innerlichem Abschiedsseufzen entsorgte ich die armseligen Reste über die Bettkante und kuschelte mich wieder an die haarige Oberseite seiner Brust. Die dunklen, krausen Haare kitzelten mich an der Nase, als ich sie leicht darüber rieb. Ich musste niesen. Oh, Gott, Christophs Allergiemedikament! Ich hatte eine größere Menge davon bestellt, weil der Apotheker meinte, speziell dieses würde er in den Staaten nicht so leicht bekommen. Heute Nachmittag hätte ich es abholen sollen. »Wir müssen unbedingt morgen
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