NYLONS Mademoiselle hat ein Geheimnis - Erotische Phantasien
seltsamen spitzen Büstenhalter. Er wusste, dass es diese Frauen irgendwo gab, denn Eva Mandorle war doch wohl hoffentlich kein Einzelfall gewesen. Doch was er auch versuchte, immer bekam er zu hören: „Was, du kannst es nur, wenn ich diese Strümpfe anziehe?“ Sie alle taten ihm den Gefallen, und er gab sich einem ausgefeilten langwierigen Vorspiel hin, in dem er sich nur den Beinen und Füßen widmete.
Zwei Frauen waren dabei eingeschlafen.
Als er seine spätere Frau Irene kennenlernte, gab es bereits Strumpfhosen, und er vernahm enttäuscht, dass Frauen diese Neuerung mit einem Aufschrei der Erleichterung begrüßten. Als er Irene bat, Nylons zu tragen, wollte sie davon nichts wissen. Jan musste lernen, ein Mann zu sein, ohne diesen Fetisch. Es gelang ihm, weil er Irene damals begehrte. Aber der Sex zwischen ihnen … nun, er war wohl das, was man normal nannte. Aber das nylonumhüllte Freudenfest, das sich in seinen Phantasien immer wieder abspielte, fand nie statt. Es führte in seinem Kopf ein Eigenleben. Und Irene erfuhr nie, dass er sie in Gedanken mit einem anderen Bild hinterging. Wenn er mit ihr schlief, vermied er es streng, ihre Beine zu berühren.
Seine letzten Versuche startete er dort, wo männliche Wünsche und Phantasien für gewöhnlich fachgemäß erfüllt wurden. Die wenigen Huren, die er besuchte, waren sogar erfreut über eine Abwechslung. Er bat sie auch, ihn mit dem Stock zu schlagen, in der gleichen Position, die er in Evas Schlafzimmer eingenommen hatte. Die Frauen nahmen diesen Wunsch mit einer solchen Selbstverständlichkeit auf, dass Jan der Verdacht kam, dass es womöglich sehr viele Männer wie ihn gab. Aber bei keiner Einzigen sah er noch einmal das Leuchten in den Augen, das er bei Eva gesehen hatte. Der Sommer 1957 schien weit weg, und manchmal redete er sich ein, dass er damals alles nur geträumt hatte.
Die Jahre vergingen, und weil Jan sich nicht mit seinem Fetisch beschäftigen konnte, versank dieser tief in den untersten Schichten seines Inneren. Es war, als würde die Normalität eines Lebens diese Träume begraben, und mit ihnen verschwand auch Eva Mandorle. Sie tauchte erst wieder auf, als Jan die Colonie de Vacances wiederentdeckt hatte.
Kapitel 8
Jan erschrak, als ihn jemand am Arm rüttelte. Es war die Frau von der Rezeption.
„Monsieur, votre chambre est prete.“
Er entschuldigte sich und rappelte sich umständlich auf. Was für ein Bild musste er bieten? Ein alter Mann, eingeklemmt in eine Schulbank. Er musste mit offenem Mund geschlafen haben, denn er war völlig ausgetrocknet. Die Frau führte ihn mit schnellen Schritten ans Ende der Galerie und schloss die letzte Tür auf.
„Auch das noch“, murmelte Jan.
„Pardon?“, fragte die Frau.
„Rien.“ Wie hätte er ihr sagen können, dass dieser Bereich des Gebäudes jener war, in dem damals die Aushilfslehrerin gewohnt hatte? Wie hätte er ihr sagen können, dass seine ganze Reise nur den einzigen Sinn zu haben schien, ihn an diesen verlorenen Sommer zu erinnern?
Das Zimmer war schlicht und edel gehalten, mit Sisal-Teppichboden, Möbeln aus Treibholz und einem ausladenden, bequemen Bett. Er beeilte sich, der Frau zu versichern, dass er zufrieden war. Er wollte sie schnell loswerden. Jan setzte sich aufs Bett und sah sich in dem Zimmer um. Natürlich erinnerte nichts mehr an die karge, hellhörige Kammer, in der er Eva Mandorle beim Sex mit ihrem Liebhaber beobachtet hatte, in der er gezüchtigt worden war.
Was tue ich hier?, fragte er sich. Er kam langsam zur Ruhe, doch dazu kam eine unendliche Traurigkeit. Nicht nur wegen Irene, wegen der Sorgen, seinen entfremdeten Kindern. Es war noch mehr. Die verschütteten Erinnerungen an diesen Sommer und seine Nachwirkungen sagten Jan etwas über sein Leben. Letztendlich war es ihm gelungen, Mademoiselle Mandorle und den Zauber ihrer Strümpfe zu vergessen, weil er sich irgendwann eingeredet hatte, dass es nicht so wichtig war. Dass es möglich sein musste, Frauen zu lieben und zu begehren ohne dieses Accessoire, das ihm einst so sehr den Kopf verdreht hatte. Irgendwann hatte er es wohl unbewusst abgetan und abgewertet zu einer erotischen Spinnerei. Jetzt war ihm ganz traurig und wehmütig zumute.
„Hör auf“, sagte Jan laut in das stille Zimmer hinein. „Du bist nur ein sentimentaler alter Mann. Du bedauerst nur die Zeit, als du noch jung warst.“
Es beruhigte ihn, das zu denken. Aber trotzdem ließ ihn das Gefühl nicht los, dass er etwas verpasst
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