Nyx - House of Night: Das Begleitbuch (German Edition)

riechende Substanzen einzusetzen, um solche Bedrohungen abzuwehren, (was natürlich in Wahrheit nur den Gestank überdeckte). 27

Der Mantel im Wandel
    Vor den Fünfzigerjahren trugen die Vampire im Film häufig Umhänge oder Kapuzenmäntel. Dieses visuelle Motiv tritt im HOUSE OF NIGHT besonders in der Ausstattung der roten Jungvampyre, die stark in der Tradition der Schauerromane stehen, und die in Betrogen dunkle Umhänge tragen, in Erscheinung. Theater- und Filmproduzenten hielten sich damals an die Regeln der Zunft und nutzten Mäntel, um die deutlich sexuell aufgeladene Handlung der Penetration des Opfers durch den Biss und den Austausch von Blut in einer Art Selbstzensur vor den Zuschauern zu verbergen. Der Umhang hat seinen Ursprung also auch nicht im Volksglauben, sondern stammt aus den ersten Bühnenfassungen des Dracula-Stoffs aus den Zwanzigerjahren. Anschließend wurde dieses nützliche Kleidungsstück mit dem Universal-Film Dracula (1931) auch im Kino ein fester Bestandteil der gräflichen Garderobe, wo es seit damals, gemeinsam mit einer ganzen Reihe anderer Attribute, zum typischen Bild von Dracula und anderen Vampiren beiträgt.
VAMPI(Y)RE HEUTE
    Das Thema dieses letzten Kapitels liegt mir, wie die Leser schnell feststellen werden, besonders am Herzen. Seit nunmehr über einem Jahr besuche ich regelmäßig und mit Begeisterung das
French Quarter
von New Orleans, Louisiana und die umhegenden Viertel und betreibe ethnografische Studien. In dieser Zeit habe ich herausgefunden, dass diese Stadt ungefähr ein paar Dutzend außergewöhnlicher Bürger hat, die sich – mit einigem Nachdruck – selbst als „Vampi(y)re“ bezeichnen. Sie verstehen sich selbst als Menschen, die in irgendeiner Form menschliches und/oder tierisches Blut (sanguine Vampire), psychische Energie (Psycho-Vampire) oder beides (Hybride) zu sich nehmen beziehungsweise absorbieren. Sie tun dies aus dem Bedürfnis heraus, dass ihr Körper selbst nicht ausreichend eigene natürliche Energie produziere.
    Noch dauern meine Forschungen auf diesem Gebiet an, aber ein Teil dessen, was ich herausgefunden habe, ist bereits ein Stück weit im Titel dieses Kapitels angelegt. Dieser Titel bedeutet zweierlei. Erstens ist der Begriff „Vampi(y)r“ eine Verschmelzung der beiden Schreibweisen, die derzeit in der Community verwendet werden, und diese Verschmelzung ist ein gutes Beispiel für die Ziele der Vereinigung
Voices of the Vampire Community
(VVC). Die Mitglieder dieser Organisation sind wiederum Repräsentanten einer ganzen Reihe von „Gruppen, Häusern, Orden, Glaubensrichtungen und anderer Teile der Vampi(y)r-Community, die sich treffen und in der Lage sind, persönliche Differenzen hintan zu stellen, um zusammenzuarbeiten und Projekte, Ideen und andere intellektuelle Inhalte, zu diskutieren, vorzuschlagen, in die Wege zu leiten und zu unterstützen, um der gesamten Gemeinschaft zu nützen.“ 35
    Zweitens ist der Titel dieses Kapitels auch als Hommage an meinen Landsmann Joseph Laycock und sein Buch
Vampires Today: The Truth About Modern Vampires
zu verstehen, das sich gerade als Standardwerk unseres Themas etabliert. Laycock vertritt die Position – und ich stimme ihm zu -, dass der Vampi(y)r als Personenkategorie bislang in erster Linie durch Literatur, Film und entsprechende Interessengruppen von außen definiert wurde. Erst heute, nach etwas mehr als dreißig Jahren, sehen wir, wie die Vampi(y)r-Community „von dieser Kategorie Besitz ergreift, und sie von innen neu definiert.“ 36 Mit dieser neuen Definition ist der Vampi(y)r aus dem Bereich der Mythen und Vorstellungen herausgetreten und wird, so wie Laycock treffend behauptet, zu einer tatsächlichen und greifbaren Personenkategorie.
    Im Rahmen unseres Unterfangens ist es interessant, festzustellen, dass die Vampirgesellschaft im H OUSE OF N IGHT zahlreiche Gemeinsamkeiten mit der echten Vampi(y)r-Community aufweist. So setzt die „Wandlung“ mit ihrem Verlangen nach Blut bei Jungvampyren im Allgemeinen und bei Zoey im Besonderen im Teenageralter ein. Das lässt sich auch von den Mitgliedern der Vampi(y)r-Community behaupten, die ich befragt und von denen ich gelesen habe. Auch sie berichten, mit dem Abschluss der Pubertät das Verlangen nach Blut oder psychischer Energie verspürt zu haben. Ein weiteres Beispiel bietet die Rede, die Neferet im Rahmen der Zeremonien von Zoeys erstem Vollmondritual in
Gezeichnet
hält. Hier stellt Neferet heraus, dass „[d]ies die Zeit [ist],