O diese Rasselbande
beiden Kampfhähne, nur einige Schritte voneinander entfernt, gegenüber. Silke verschränkt die Arme auf dem Rücken und tritt entschlossen Fridolin entgegen.
„Den ersten Schlag stecke ich ein, beim zweiten fliegst du wieder“, sagt sie und sieht ihn fest, an.
Nun ist es für einen ordentlichen Jungen nicht schwer, einem Angreifer entgegenzustürzen, aber einem Mädchen, das die Arme auf dem Rücken verschränkt hat und also ungeschützt vor einem steht, eine zu verpassen, ist nicht so einfach. „Mensch Meier, das Mädel ist in Ordnung!“ denkt Fips voll Bewunderung. Er denkt dabei nur das, was die anderen alle auch empfinden.
Das Mädel ist was wert, wer hätte das gedacht!
Und da ist auch schon wieder Helmut Haake.
Er tritt hinter Silke und legt seine Hände auf ihre Schultern. „Fridolin, wenn sie auch nicht zur Rasselbande gehört, so gehört sie vorläufig zu unserer Klassengemeinschaft. Das schützt sie, solange sie hier ist. Es ist ausdrücklich in unseren Bestimmungen festgelegt, daß niemand durch eine Schlägerei die Einigkeit der Klasse verletzen darf. Jede Streitigkeit ist vor den Thing zu bringen. Du hast auf die Bedingungen geschworen, wie wir alle. Mach’ nicht, daß wir dich bestrafen müssen.“ Ja, auch Fridolin hat unter der Kastanie im kleinen Schulhof die Bedingungen in Helmut Haakes Hand beschworen, als die Rasselbande sich auf Gedeih und Verderb zusammenschloß. Tiefe Stille ist in der Klasse. Alle sehen auf Fridolin, dann auf Helmut und wieder auf Fridolin. Was wird nun kommen? Gibt Fridolin nicht nach, müßten sie zum ersten Male Klassenkeile verhängen, und das wäre ein sehr ernster Fall. Es ist keine Kleinigkeit, alle drei Minuten einem frischen Gegner gegenübertreten zu müssen, wenn man selbst bald die Puste verliert. Noch ist Fridolin zu wütend, um sich von Helmut dreinreden zu lassen.
„Ich mache einen Vorschlag“, sagt Silke nun mit heller Stimme, „ihr habt mich eine Lügnerin genannt und darum müßt ihr mir Gelegenheit geben, euch das Gegenteil zu beweisen. Ihr müßt alle zu mir herauskommen und euch davon überzeugen, daß ich die Wahrheit gesprochen habe. Ich werde euch alles zeigen, die Übungswiese, die Burg, mein Pony und meine Waffen. Am Sonnabend müßt ihr alle herauskommen, und wenn ich gelogen habe, werde ich die Klasse freiwillig wieder verlassen.“
Helmut nimmt die Hände von ihren Schultern und Silke fühlt, daß sie allein ist. Sie hat plötzlich große Angst, daß die Jungen ihre Einladung nicht annehmen werden.
„Ihr müßt kommen“, ruft sie fast heftig, „das seid ihr mir schuldig!“
Die Jungen sehen gespannt auf Helmut. Was wird er nun tun? Wird er die Einladung der Langhaarigen annehmen? Auf der anderen Seite hat sie ein bißchen viel aufgeschnitten, man müßte sich das wirklich mal ansehen. Und dann ehrlich, eben hat sie sich großartig benommen. Ein tolles Ding, wie sie den Fridolin langgelegt hat. Keiner hat recht gesehen, wie sie das so schnell fertiggebracht hat. Aber die Beratende Versammlung hat beschlossen, daß sie innerhalb von vier Wochen die Klasse verlassen muß, also muß sie.
Aber kann man dann überhaupt ihr Haus betreten?!
„Du hast recht“, meint Helmut, „keiner von uns wird sich einen Lügner schimpfen lassen, ohne Genugtuung zu verlangen. Aber ich kann das nicht allein entscheiden, du mußt bis morgen warten. Wir werden dir dann sagen, was wir beschlossen haben.“ Er sieht die Jungen an:
„Um halb zwei unter der Kastanie.“
„Dammi!“ denkt Dieter Reich, aus der Gegend von Walsrode, aus der viele der Jungens stammen, „dann fährt uns wieder der Mittagszug davon, und es gibt wieder Rämmidämmi zu Hause“; er hat noch vom letzten Mal genug.
Aber auf der anderen Seite ist es gerade heute so ungeheuer wichtig, daß der ganze Rat geschlossen erscheint, denn - so weiß er - es wird hart auf hart gehen, und bei der Abstimmung ist dann jede Stimme wichtig. Wahrscheinlich werden sie sich mächtig in die Wolle bekommen. Es sind zu viele gegen das Mädel. Die Sache ist zu spannend, als daß man darauf verzichten könnte, auch wenn es wieder Saures zu Hause gibt. Er seufzt. - Es sind harte Opfer, die man für die Rasselbande bringen muß. Aber schließlich hat das Leben erst den richtigen Schwung, seit sie alle so zusammengehören. Immer ist etwas Aufregendes los. Und Dieter ist für Aufregungen - und für Abenteuer.
Der Posten pfeift und die Rasselbande denkt jetzt erst an die Überschwemmung, die sie
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