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O diese Rasselbande

O diese Rasselbande

Titel: O diese Rasselbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Ditter
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„Ich bin sicher, daß du mit Seidenhaar fertig wirst“, setzt sie hinzu, als sie merkt, daß Helmut zögert. Da nimmt er die Zügel. Er möchte sie durch eine Ablehnung nicht kränken. Es ist nicht leicht, eine Freundlichkeit von einem Mädchen anzunehmen, das man bisher bekämpft hat.
    Doch alle wären jetzt gern an Helmuts Stelle gewesen. Welchem Jungen lacht nicht das Herz im Leib, wenn er in einem so schmissigen Wagen ein so schönes Pony lenken könnte? Besonders die Stadtjungen sind voller Bewunderung. Sie haben ja nicht alle Tage Gelegenheit, mit Pferden umzugehen. Helmut atmet tief die würzige Luft ein und sieht sich im Walde um. Dunkle Tannenschonungen wechseln mit hellem Laubwald. Das Farnkraut steht stellenweise bis in Schulterhöhe, und das weiche Moos leuchtet wie dunkelgrüner Samt. „Im Sommer haben wir hier in Massen alle Sorten von Waldbeeren, und im Herbst so viele Pilze“, sagt Silke. „Aber bei der Burg ist der Wald am schönsten. Ganz dicke Eichen stehen da, und Tannen, so mächtig, wie du sie noch nie gesehen hast. Und ein bißchen unterhalb der Burg ist eine Wiese, da treten abends die Rehe aus, wenn es dämmrig wird. Das müßtest du mal sehen, wenn eins nach dem anderen aus dem dunklen Wald hervortritt. Erst heben sie ihre schönen Köpfe und sehen umher, und wenn alles still ist und sich nichts regt, dann gehen sie langsam an den kleinen Bach, dessen Quelle dicht bei der Burg entspringt, und trinken. Der Bock bleibt immer ein bißchen zur Seite stehen und gibt acht, wenn die Ricken trinken, und wenn nur ein bißchen was verdächtig scheint, gleich schreckt er. Hast du schon einmal einen Bock schrecken hören?“ Nein, das hat Helmut noch nie gehört.
    „Das ist ein ganz komischer Ton, sag’ ich dir, und als ich es zum ersten Mal hörte, war es mir direkt ein bißchen unheimlich, aber jetzt nicht mehr“, fügt sie gleich hinzu. „Ich bin oft wütend auf den Bock, weil er viel zu ängstlich ist und die Ricken oft warnt, wenn gar nichts los ist, und sie alle in den Wald zurück flüchten. Die Ricken sind viel vorwitziger und würden gar nicht so schnell davonlaufen. Wenn ich sie abends beobachte, traue ich mich fast gar nicht zu atmen, weil ich Angst habe, der Bock merkt was.“
    Plötzlich greift sie in die Zügel, so daß Seidenhaar still steht. Sie wendet sich zu den Jungen um, die ihnen auf den Rädern folgen, und zeigt auf die Schneise, die ihren Weg hier kreuzt. „Hier wechselt jeden Abend ein Rudel Damwild“, sagt sie, „ein Bock ist dabei, dessen Geweih hat vierzehn Enden. Ein Reh geht immer genau hinter dem anderen, und im Herbst sind kleine Kitzen dabei, ganz schmal, braun mit weiß gefleckt. Auch sie gehen immer genau hinter ihrer Mutter.“ Sie zeigt auf die andere Seite, wo in der Baumkrone einer dicken Eiche eine Kanzel errichtet worden ist.
    „Von da aus kann man sie genau beobachten.“
    Dann fahren sie weiter und die Jungen denken, daß es schön sein müßte, so etwas auch einmal zu erleben.
    Endlich macht der "Weg einen Bogen, und als sie aus dem Wald herauskommen, sehen sie Silkes hübsches Vaterhaus oberhalb der Landstraße liegen.
    „Dort wohnen wir“, deutet sie hinunter. „Aber ich will euch erst einmal die Burg zeigen und die Übungswiese.“ Sie wendet nach links und es geht langsam bergauf, wieder in den Wald hinein. Die Jungen steigen von den Rädern. Undurchdringliche Tannendickichte gibt es hier, in denen Rehe und Hasen ihren Unterschlupf haben, und Reineke Fuchs schleicht in mondhellen Nächten durch das Unterholz. Um die alten Bäume ist das Dickicht gelichtet worden, damit die mächtigen Riesen genug Licht und Sonne zum Atmen haben. Es ist ein Paradies für die Singvögel, die ihre Nestchen unter schützenden Blätterdächern gebaut haben. Überall hört man es zwitschern und singen, und das Hämmern der Spechte hallt weit durch den Wald. Ein Eichelhäher schwingt sich aus einem Baum mit lautem Gekrächze.
    „Man darf sie schießen“, sagt Silke, „der Jäger kann sie gar nicht leiden, sie sind die Polizei des Waldes. Man kann noch so vorsichtig gehen und achtgeben, daß kein Hölzchen knackt, auf einmal schwingt sich so ein Häher auf und warnt den Wald mit lautem Geschrei. Alle Tiere wissen dann, daß ein Mensch in der Nähe ist. Aber sie haben ein schönes Gefieder. Ganz schillernd blau und weiß. Vati hat mir den ersten ausstopfen lassen, den ich geschossen habe. Du kannst ihn nachher sehen.“
    Der Wald hat nun die Kuppe des Berges

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