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O diese Rasselbande

O diese Rasselbande

Titel: O diese Rasselbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Ditter
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aus den Steigbügeln und steht mit leichtem Schwung auf Seidenhaars Rücken. Seidenhaar wechselt in Galopp über und Silke steht, die Arme etwas ausgebreitet.
    Jede Bewegung des Pferdes setzt sich in ihrem Körper fort. Bodos Augen brennen vor Begeisterung, und keiner von den Jungen läßt sie für einen Augenblick aus den Augen. Durch einen hellen Zuruf steht Seidenhaar und Silke nimmt die Armbrust. Wieder reitet sie eine Runde, bis sie in die Nähe des alten Baumes kommt, dann legt sie an, zielt und zieht den Hebel ab. Der Pfeil sitzt unterhalb des kleinen roten Kreises im weißen Feld. Dann springt sie ab.
    „So“, ruft sie, „ihr sollt aber nicht nur rumstehen und gucken. Bodo, du kannst doch reiten, nimm Seidenhaar. Er wird sich anständig benehmen. Eine Gruppe kann ja schießen üben, und wer gut turnen kann, der kann ja mal etwas am Reck zeigen. Die Schaukel ist hoch, man kann ganz weit ausschwingen.“
    So bringt sie die Jungen in Bewegung, und bald sind alle eifrig beschäftigt.
    Helmut geht auf Silke zu.
    „Ich möchte dich im Namen der Rasselbande um Verzeihung bitten, daß wir dich eine Lügnerin genannt haben“, sagt er. Silke lacht.
    „Ich bin viel zu glücklich, daß ihr hier seid. - Wozu hast du Lust?“
    „Wenn es dir recht ist, möchte’ ich noch einmal auf den Söller. Es ist wunderbar dort oben.“
    „Komm nur“, nickt sie.
    Helmut steht, die Ellbogen auf die Mauer gestützt, das Gesicht in die Hand gelegt, und seine Augen wandern weit hinaus über Berge und Täler, über Dörfer und Wälder. Er sieht sich satt an der Weite.
    „Man müßte fliegen können“, sagt er, „hoch hinauf, immer höher, bis die Welt ganz klein unter einem ist. - Das wäre schön. - Ich möchte Flieger werden, aber das alberne Herz wird mir einen Strich durch die Rechnung machen. - Ich glaube, man kann nur ganz glücklich werden, wenn man fliegt.“
    „Ich träume oft, ich könnte fliegen“, sagt Silke, „aber ohne Flugzeug, und dann bin ich immer so froh.“
    In Helmut ist ein großes Wundern, daß auch Mädchen so etwas träumen. Er sagt: „Es ist schön bei dir hier. Du hast deinen Vater wohl sehr lieb?“
    „Ja, sehr lieb, er ist der beste Freund, den ich habe“, sagt Silke zärtlich, „man kann über alles mit ihm reden, und immer versteht er mich.“
    Helmuts Augen wandern wieder über die Berge dahin.
    „Ich habe keinen Vater mehr, er ist im Kriege gefallen“, sagt er, „ich glaube, man muß einen Vater haben.“
    „Aber du hast doch eine Mutter?“ fragt Silke erschrocken. Doch da liegt plötzlich ein weiches Lächeln um Helmuts Mund.
    „Ja, natürlich habe ich eine Mutter. Die beste Mutter, die es gibt sogar, und sie hat den schönsten Namen, den es gibt. Aber man muß immer fröhlich bei ihr sein und man kann nicht alles mit ihr reden, sonst macht sie gleich so traurige Augen und wird ängstlich.“
    „Wie heißt sie denn?“ fragt Silke.
    „Anna-Maria“, sagt Helmut leise vor sich hin.
    Die beiden Kinder stehen lange schweigend auf ihrer luftigen Höhe.
    „Wir wollen hinuntergehen“, sagt sie, „ich werde noch ein bißchen spielen“, und holt ihr Akkordeon.
    Sie setzt sich im Innenhof auf die Mauer und beginnt einen Marsch. Einer nach dem anderen kommt heran, angelockt von dem Lied, und dann sind sie auch müde geworden. Sie setzen sich im Hof nieder. Silke spielt:
    O Täler weit, o Höhen, o schöner grüner Wald...
    Und sie beginnen zu singen, es ist eins ihrer Lieblingslieder. Fips schiebt sich so nahe wie möglich an Silke heran. Welch schönes Akkordeon, mit sechzig Bässen und vier Diskantregistern! Wenn man so etwas mal in die Hand nehmen dürfte, welch ein Glück müßte das sein! Aber Fips wird so etwas nie besitzen. Seine Mutter ist nur eine arme Schneiderin, die sich abmüht von früh bis spät, um den kleinen Haushalt zusammenzuhalten und das Notwendigste aufzubringen, das Fips für die höhere Schule benötigt. Es reicht immer gerade für Schuhe und einen ordentlichen Anzug. Das Schulgeld bezahlt ein Onkel, der eine kleine Gastwirtschaft hat. Manchmal geht Fips dort hin und versucht sich auf dem Klavier. Aber er muß sich alles selbst zusammensuchen, Stunden kann er keine bekommen. Aber eines Tages wird er Musiker werden, ein großer Musiker, und wenn er sich das Studium erhungern muß. - Fips ist in den Anblick des Akkordeons ganz versunken. Silke spielt ein neues Lied, und wieder singen alle mit.
    Doch dann legte sie das Akkordeon neben sich. Sie weiß, jetzt ist

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