O diese Rasselbande
hinten aufs Rad nehmen.
Silke hat Seidenhaar besonders gründlich und liebevoll gebürstet, und sein schönes, weißbraungeflecktes Fell glänzt seidig. Sie legt ihm das Geschirr um und putzt noch einmal die blanken Beschläge nach, so daß man sich in den großen, silbernen Knöpfen ordentlich spiegeln kann.
Auch der Wagen ist gewaschen. Sie hat Hähnchen darum angebettelt, denn es fehlt ihr wieder mal die Zeit, es selber zu tun. Die roten Plüschpolster sehen wie neu aus. Als Seidenhaar eingespannt ist, geht sie noch einmal ein paar Schritte zurück und betrachtet kritisch ihr Werk. Eine Prinzessin könnte keinen schöneren Wagen haben, findet sie, und Helmut wird gewiß gern darin fahren.
Dann zieht sie sich um. Hier sollen die Jungen sich nicht an ihren Röcken stören. Sie holt ihren geliebten Reitanzug hervor und die Stiefel, und sie muß denken, wie wenig sie ihn getragen hat, seit sie die Schule besucht. Fast bleiben nur die Sonntage, an denen sie Zeit zum Reiten hat. Sie schlüpft in ein Polohemd und knöpft die Weste darüber. Rasch fährt sie mit dem Kamm noch einmal durch das Haar und saust die Treppe hinunter. Bevor sie in den Wagen springt, schlingt sie beide Arme um Seidenhaars Hals.
„Mach’s gut, mein Kleiner“, flüstert sie, „wir müssen ihnen heute gefallen.“ Fest drückt sie ihre Wange einen Augenblick an das warme Fell und streichelt ihrem Liebling zärtlich die weiße Mähne. Dann springt sie in den Wagen und nimmt die Zügel. Seidenhaar fällt gleich in munteren Trab.
Am Wald trifft sie den Vater.
„Nun, mein Schatz“, sagt er gutgelaunt, „willst du die Herren abholen?“
„Ach Vati, ich bin schrecklich aufgeregt“, lacht sie und gibt ihm schnell noch einen Kuß, ehe sie weiterfährt.
Der Forstmeister schaut lächelnd seinem Tochterchen nach, bis der Wagen im Wald verschwindet.
Zehn Minuten nach neun Uhr fährt Silke am Bahnhof vor. Natürlich fährt sie erst einen eleganten Bogen, ehe sie an den Stufen hält, die zum Bahnhof emporführen.
Fips bleibt vor Staunen der Mund offen stehen.
Silke winkt mit der Hand zu den Jungen hinüber, natürlich nur so ein bißchen, dann springt sie aus dem Wagen und geht die paar Stufen zum Bahnhof hinauf. Die Blicke aller Jungen hängen an ihren Reithosen und den blanken Stiefeln.
„Was soll man dazu sagen“, sagt Fips überwältigt.
Bodo kann es nicht abwarten. Er schiebt sich an Seidenhaar heran, betrachtet ihn von allen Seiten und streichelt das glänzende Fell. Seidenhaar schnaubt leise und wie zur Begrüßung. Bodo sieht Jule an, der hinter ihm hergekommen ist.
„Was sagst du dazu?“ fragt er.
„Klasse“, antwortet Jule.
Bodo nickt. Da Bodo und Jule sowieso am Wagen stehen, sehen die anderen nicht ein, warum sie nicht auch herankommen sollen. Und bald stehen sie alle um den Wagen herum und begutachten lebhaft alle Einzelheiten. Timm, der immer alles genau untersuchen muß, bückt sich sogar und sieht unter den Wagen. Da rollt der Zug ein.
Silke steht auf dem Bahnsteig und sieht den Zug entlang, und als Helmut aus dem Abteil springt, geht sie ihm entgegen. „Guten Morgen“, begrüßt sie den Überraschten. „Ich dachte, es würde dir recht sein, wenn ich dich und die Jungen abhole. Vielleicht macht es dir Freude, in meinem Wagen zu fahren.“
„Es ist sehr freundlich von dir“, antwortet Helmut, der immer weiß, wie man sich benehmen muß, wenn es darauf ankommt. Als sie aus dem Bahnhofsgebäude treten, finden sie alle Jungen um den Wagen versammelt.
„Schön, daß ihr da seid“, begrüßt Helmut die Rasselbande. „Silke will mich in ihrem Wagen mitnehmen, wir können dann gleich zusammen losfahren.“ Die beiden steigen ein. „Los!“ ruft sie lachend, und die ganze Rasselbande setzt sich in Bewegung. Sie schnalzt mit der Zunge, und Seidenhaar trabt die Landstraße entlang. Zuerst geht es unter Kastanien vorbei, die ihre weißen Kerzen aufgesteckt haben, und dann biegen sie in den langen Weg zum Walde hin ein. Sie könnten auf der Landstraße bis nach Hause fahren, aber Silke will den Jungen gleich ein Stück von ihrem geliebten Wald zeigen. Mächtige Tannen stehen am Rand des Weges, und man hört den Wind in ihnen rauschen. Helmut ist noch nie in einem so leichten, einachsigen Wagen gefahren. Er findet es wunderschön, so in gleichmäßigem Tempo durch den Wald zu traben. Seine Augen leuchten und auf seinem Gesicht ist eine leichte Röte.
„Magst du auch mal?“ fragt Silke und hält ihm die Zügel hin.
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