O diese Rasselbande
den Kameraden liegen kann! Das ganze Wochenende gehört nun uneingeschränkt ihnen. Der Forstmeister ist oft mit ihnen zusammen. Er lehrt sie das Holz kunstgerecht schichten und das Feuer entzünden, auch wenn es geregnet hat. An den Abenden kommt er hinauf und liest ihnen aus ihren Büchern vor, während die Rasselbande, sanft wie die Lämmer, um ihn herumlagert.
Ihm gehört ihre ganze Verehrung.
Am schönsten fast sind die Abende, wenn sie, nach wilden Geländespielen durch die Wälder, faul am Feuer liegen und in die tanzenden Flammen träumen. Dann greift Fips zum Akkordeon und spielt seine Lieder. Er macht ein Gesicht dabei, als lausche er den Tonen nach, die davon schweben. Er hält den Kopf ein wenig schräg, seine Stirn ist in fünf Falten aufgeteilt, und die Hauptsache an diesem Jungenkopf scheinen die abstehenden Ohren zu sein, die die Tone einfangen. Fips ist ganz Ohr, wie man so sagt.
Helmut, der auf dem Rücken liegt, die Hände unter den Kopf geschoben, beobachtet ihn von unten herauf. Dies ist ein anderer Fips, der hier sitzt und spielt. Er scheint nichts m it dem Fips gemein zu haben, der sonst unter ihnen herumhopst und immer die verrücktesten Einfälle hat. Dann gleiten seine Augen zu Silke hinüber. Sie sitzt nicht weit von ihm am Feuer und schaut verträumt den Flammen zu, die auf und niedertanzend, ein huschendes Schattenspiel auf ihr Gesicht zaubern. Er betrachtet dieses Mädchengesicht, das in seinem Denken und Handeln schon so verankert ist, daß er gar nicht mehr weiß, wie es gewesen ist, ehe sie da war.
Wie von seinen Gedanken angerufen, hebt sie den Kopf und schaut zu ihm hinüber. Sinnend sieht sie ihn an.
„Bist du zufrieden?“ fragen ihre Augen, während sie ihm zulächelt. Auf Helmuts Gesicht setzt sich das Lächeln fort. „Sehr!“ nickt er ihr zu.
Silkes Augen wenden sich wieder dem Feuer zu.
Helmuts Hand tastet nach einem Grashalm, und während er ihn zwischen den Zähnen zerkaut, fühlt er warme Freude in sich aufsteigen. Er weiß, daß er gefunden hat, wonach er sich immer sehnte: einen Kameraden, der ihn auch ohne viele Worte versteht. Nun ist dieser Kamerad kein Junge, sondern ein Mädchen.
Silke fällt mit heller Stimme in Fipsens Lied ein:
Kein schöner Land in dieser Zeit
als hier das unsre weit und breit
wo wir uns finden
wohl unter Linden
zur Abendzeit.
Und die Rasselbande singt zweistimmig mit.
---
An einem Nachmittag in der Woche geht Silke allein zur Burg hinauf. Am kommenden Wochenende soll ein großes Geländespiel veranstaltet werden. Sie nennen es „das Federspiel“. Und dafür hat sie noch eine Menge Federn bunt zu färben.
Eben will sie auf ihre Turmtür zugehen, da sieht sie einen fremden rothaarigen Jungen auf der Mauer sitzen.
Der da drüben scheint ziemlich breit und kräftig gebaut und vielleicht sechzehn Jahre alt zu sein.
Silke hat ihn noch nie gesehen.
Das Auffallendste an ihm sind die fast brandroten Haare, die ihm ziemlich struppig um den Kopf hängen. Der Fremde sieht herausfordernd zu ihr herüber.
„Was machst du denn hier?“ fragt Silke und tritt näher. „Dasselbe könnte ich dich fragen“, antwortet der Fremde. Silke schüttelt den Kopf. - Na sowas! Sie öffnet ihre Tür und geht hinauf.
Es ist ein ganz ungewöhnliches Gefühl für sie, in ihrer Einsamkeit hier oben, die Gegenwart eines Fremden zu wissen. Nach einer Weile schaut sie vom Söller herunter, aber der fremde Junge sitzt noch immer auf der Mauer, kaut an einem Stück Holz und baumelt mit den Beinen.
Am anderen Tage hat sie diese Begegnung vergessen.
Als die Rasselbande am Wochenende sich versammelt und Helmut mit seinen Getreuen das Geländespiel bespricht, das sich diesmal bis hinunter zur Landstraße ausdehnen soll, tritt der Forstmeister zwischen den Bäumen hervor. Zum Erstaunen aller trägt er einen großen Sack auf dem Rücken.
Im Nu ist er umringt. Lachend bestaunt er ihre braunen
Gesichter, die sie sich der Tarnung wegen zugelegt haben. Jeder von ihnen hat sich eine Feder mit einem Stirnband am Hinterkopf befestigt. Eine Gruppe trägt blaue, die andere rote Federn.
„Hier bringe ich euch euren neuen 'Wigwam“, ruft er ihnen zu. Überrascht und schweigend stehen die Jungen um den Sack und wagen nicht recht, Hand an ihn zu legen.
„Packt nur aus“, ermuntert er sie.
Da stürzen sie sich auf das geheimnisvolle Bündel. Mehrere Zeltplanen kommen zum Vorschein, mit dunkelgrüner und hellbrauner Tarnfarbe, denn der Forstmeister hat sie aus dem
Weitere Kostenlose Bücher