O diese Rasselbande
aber herausgefunden, daß man mit all denen, die in Frage kommen, bestens etwas anfangen kann. Und das freut sie mächtig.
Der Wichtigste von allen ist vorläufig Karl Münzheim aus der Untersekunda, von der Baustoffgroßhandlung Gebrüder Münzheim. Karl und noch drei andere Kameraden, deren Väter mit Zement oder Fußböden zu tun haben, sind sich der Ehre, von der Rasselbande ins Vertrauen gezogen zu werden, vollauf bewußt. Sie haben ihr großes Ehrenwort gegeben, ihren Klassenkameraden gegenüber zu schweigen. Und sie halten ihr Wort getreulich, obgleich sie von ihren Mitschülern genug bestürmt werden, die unbedingt wissen wollen, was da unter der Kastanie eigentlich los ist, und wie es bei der Rasselbande zugehe. Aber sie schweigen und lassen sich gern beneiden.
Denn auch die anderen Jungen wären allzugern mal mit der Rasselbande zusammengekommen, die sich sonst immer so streng für sich hält.
Karl und seine Kameraden haben schnell begriffen, worauf es ankommt, und sich zu Hause bei ihren Vätern ordentlich ins Zeug gelegt. Sie haben eine wahre Beredsamkeit entwickelt, denn das Vertrauen der Rasselbande zu besitzen und dann zu versagen, ist unmöglich! Sogar, wenn man älter ist als sie.
Aber es muß alles der Reihe nach erzählt werden. Das Wichtigste ist zunächst, daß Silke Braun in die Rasselbande aufgenommen wird. Sie muß sich zu den drei „Bedingungen“ bekennen, die für den Zusammenhalt der Rasselbande so wichtig sind. Außerdem soll die blaue Kassette, in der diese Bedingungen aufbewahrt werden, und die, in Wachstuch gehüllt, neben der Kastanie vergraben liegt, vom kleinen Schulhof zur Burg gebracht werden. Dort soll von jetzt ab ihr Versammlungsort sein. Die dreihundertjährige Eiche an der Burgmauer ist dazu ausersehen, den Schatz zwischen ihren Wurzeln zu bergen. Ganz selbstverständlich muß all das unter großer Feierlichkeit geschehen, und zwar gleich in dieser Woche.
Durch all die weittragenden Ereignisse der letzten Vergangenheit und der nahen Zukunft ist die Schule beträchtlich in den Hintergrund gerückt. Man lernt sein Pensum herunter und möchte möglichst wenig Aufsehen machen, aber nicht etwa, weil ihnen das gegebene Wort an den Rex auf die Seele drückt. Die Freizeit der Nachmittage ist zu kostbar geworden. Sie werden sich hüten, sie durch unnütze Strafarbeiten zu verkürzen. Die Rasselbande ist zu beschäftigt, um Zeit für Dummheiten zu haben.
Am Sonnabend um vier Uhr beginnt ein lebhafter Betrieb im kleinen Schulhof unter der Kastanie. In festlicher Aufmachung versammelt sich die vollzählige Rasselbande. Alle sind in weißen Hemden und dunkelblauen, kurzen Hosen erschienen. Durch die Speichen ihrer Räder haben sie buntes Kreppapier geflochten und die Lenkstangen mit Blumen geschmückt. Silkes Wagen steht, wie zu einem Blumenkorso hergerichtet, im Hof und Seidenhaars Fell glänzt wie Seide. Die kostbare Kassette mit den drei Bedingungen soll im Wagen zur Burg überführt werden. Für diese feierliche Angelegenheit wäre es zu banal gewesen, den Zug zu nehmen. Silke hat ihr weißes Kleid an. Hier, am alten Beratungsplatz soll sie heute in die Rasselbande aufgenommen werden.
Alle nehmen im Halbkreis um die Kastanie Aufstellung. In der Mitte steht Silke Helmut gegenüber, der, den Rücken gegen den Baum gelehnt, mit seiner Rechten fest ihre Hand umfaßt. Zwischen ihnen, auf dem Fußboden, steht die Kassette.
„Schwörst du, daß du die von uns gemeinsam aufgestellten Bedingungen freiwillig befolgen willst?“ beginnt Helmut mit feierlicher Stimme.
Und Silke antwortet ebenso feierlich:
„Ich schwöre.“
„Schwörst du, daß du der Rasselbande durch die ganze Schulzeit die Treue halten willst?“
„Ja, das schwöre ich!“
„Dann mußt du noch einmal die Bedingungen nachsprechen!“ Und Helmut beginnt aus dem Kopf.
„Die erste Bedingung ist Einigkeit! - Kein Mitglied der
Rasselbande darf gegen einen Kameraden die Hand erheben. Alle Streitigkeiten müssen vor die Beratende Versammlung gebracht werden. - Die Beratende Versammlung besteht aus der ganzen Rasselbande.
Die zweite Bedingung ist Gehorsam! - Jeder fügt sich den Entscheidungen der Beratenden Versammlung, auch, wenn es ihm nicht recht ist.
Die dritte Bedingung ist Verschwiegenheit! - Niemals darf ein Mitglied der Rasselbande seinen Kameraden verraten, auch nicht, wenn er sich vor Strafe schützen kann.
Verletzt einer diese Bedingungen, dann kann er mit Klassenkeile bestraft werden. Mitglieder
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