O diese Rasselbande
sie beginnen in den Waldweg hineinzurennen. Sie wissen nicht, daß dieser Qualm genau so gefährlich ist wie das Feuer. Man kann zwar nicht verbrennen, aber noch schneller ersticken. Der Rauch beißt in die Augen, dringt in Nase und Mund. Sie husten, ringen nach Luft und können die Augen nicht aufhalten. Hansi strampelt mit Ärmchen und Beinchen und schreit:
„Hansi will nis, Hansi will nis.“
Helmut braucht seine ganze Kraft, um den Jungen festzuhalten. Auch Silke schleppt schwer an dem dicken Annchen. Das Kind hat beide Ärmchen um ihren Hals gedrückt und preßt das Köpfchen fest an ihre Wange, das macht ihr das Atmen noch schwerer. An Rennen ist nicht zu denken. Sie stolpern nur vorwärts, sich mit den Kindern abmühend, und ringen nach Luft. Fünf Minuten! Der Weg ist endlos und nie werden sie ans Ziel kommen. Der Weg streckt sich vor ihnen aus und wächst, je länger sie gehen. Silke versucht, mit der einen Hand das Taschentuch vor den Mund zu pressen und hustet und keucht.
„Vati“, denkt sie, „Vatichen!“ und das beruhigt sie etwas. „Du mußt das Taschentuch vor den Mund nehmen, dann geht es besser“, will sie zu Helmut sagen und dreht sich um. Helmut ist ein ganzes Stück hinter ihr zurückgeblieben. Er steht mitten auf dem Wege und seine Augen sind ganz weit geöffnet. Dann schwankt er und stürzt nach vorn, den Jungen unter sich begrabend. Silke will einen Schrei ausstoßen, aber sie öffnet nur den Mund, sie bringt keinen Ton heraus. Sie dreht um und geht zurück, sie packt Hansi am Arm, zerrt ihn hervor und schleppt ihn hinter sich her, sie denkt nicht mehr daran, ob es ihm weh tut, sie denkt überhaupt nicht mehr. Ganz mechanisch geht sie vorwärts, die Augen immer geradeaus gerichtet, dahin, wo endlich der Weg einmal aufhören muß. - Muß! Hansi stolpert und fällt, aber sie bleibt keinen Augenblick stehen, sie schleift ihn hinter sich her, den anderen Arm fest um Klein-Annchen gepreßt.
Als der Rotfuchs vom Lastwagen sprang, sah er sofort, daß die fremden Jungen am Feuer arbeiteten. Irgendwie zog es ihn in ihre Nähe. Jetzt hat er Gelegenheit, ihnen zu beweisen, daß er doch ein Kerl ist. Er packt die Axt und schlägt gewaltig zu. Seine Augen wandern umher. Er sucht das Mädchen und den Blonden, der ihr Anführer ist, aber er kann sie noch nicht entdecken. Viel hat er nach seiner Gefangenschaft auf der Burg an die Rasselbande denken müssen. Ist es nicht prima, wie sie so in Gemeinschaft spielen und untereinander Kameradschaft halten? Es müßte schön sein, so viele gute Kameraden zu haben, mit denen man die Zeit verbringt. Seit damals gibt es Nächte, in denen der Rotfuchs nicht mehr schlafen kann. Zwei große Mädchenaugen stehen dann dicht über seinem Gesicht, und eine sanfte Stimme sagt traurig: „Warum bist du so bös zu mir? Ich habe dir doch nichts getan.“
Es hilft nichts, daß der Rotfuchs sich dann krachend in seinem Bett herumwirft und die Augen fest zumacht. Die Augen sehen durch seine Lider hindurch und die sanfte Stimme ist im Raum, ob er will oder nicht. Kein Wort ist damals über sein Erlebnis bei der Rasselbande über seine Lippen gekommen. In jener Nacht zu Hause angekommen, kühlte er sich den schmerzenden Rücken und zog ein frisches Leinenhemd über. Er schlief die ganze Nacht nicht, aber am anderen Morgen sagte er kein Wort. Als der Schulzenpeter ihn nach der Kirche mit einem Wortschwall überfiel und ihm von der Gemeinheit berichtete, die diese Bande begangen hatte, ihn aus seinem väterlichen Hause heraus mitten in der Nacht gefangenzunehmen, und daß man blutige Rache nehmen müsse, da fauchte er nur:
„Halt’s Maul“, mehr sagte er nicht. Er sagt überhaupt wenig in dieser Zeit. Schweigend tut er seine Arbeit, sitzt schweigend bei den Mahlzeiten und schweigend geht er an seinen Freunden im Dorf vorbei.
Auch seiner Mutter fiel das veränderte Wesen ihres Jungen auf. „Er wird eben älter“, sagte der Vater gleichmütig, als sie mit ihm darüber sprach. Mehrmals ertappte sich der Rotfuchs dabei, daß er den Weg zur alten Burg eingeschlagen hatte, in der Hoffnung, dem Mädchen zu begegnen oder einem der Jungen, die ja zu ihr gehören. Wütend auf sich selbst, kehrte er dann immer wieder um. Ein geheimnisvolles Band zieht ihn immer wieder zu denen dort oben hin, obgleich er sich laut einzureden versucht, daß er sie hassen müsse.
Und nun sind sie hier, und nun kann er ihnen vielleicht endlich beweisen, daß er kein feiger Dieb ist, sondern daß er
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