O diese Rasselbande
mit den Kindern? Wenn ich mir eine gerade Linie von dort oben, wo es so furchtbar brennt, nach Brohl hin denke, dann läuft sie über das Forsthaus oder zumindest hinter dem Forsthaus entlang. Niemand von uns weiß, wie weit in die Hefe der Brand geht. Niemand hat sich die Zeit genommen, den ganzen Brandherd zu umschreiten. Alle haben gleich hier angefangen zu arbeiten, um das Dorf nicht zu gefährden. Wenn der Brand nun schon weiter gelaufen ist, als man annimmt, du hast ja selbst gesehen, wie schnell das Feuer um sich gegriffen hat, - dann ist denen im Forsthaus zumindest der Weg nach Selch abgeschnitten. Sie müssen also den Weg nach Brohl nehmen, er ist außerdem viel näher. Warum sind sie dann nicht hier. Sie müssen doch überhaupt den Brand zu allererst bemerkt haben.“
„Wie weit ist es von hier zum Forsthaus?“ fragt Helmut. „Gar nicht weit, nur fünf Minuten in den Wald hinein.“
„Wenn es so nahe ist, dann werden sie sich schon in Sicherheit bringen.“
„Eben“, sagt Silke, „es ist aber niemand von ihnen hier. Ich werde mal schnell hinlaufen und nachsehen. Hier ist es ja noch gar nicht gefährlich.“
In diesem Augenblick kommt ein ganzer Trupp neuer Helfer. Es sind die Bauern aus Waldeck, die mit dem Lastwagen gekommen sind und unter ihnen auch der Rotfuchs. Alle werden sofort zu neuen Arbeiten eingeteilt.
„Es sind jetzt genug Leute hier“, sagt Silke, „ich laufe mal schnell hin.“
„Ich komme mit“, sagt Helmut und richtet sich auf.
„Nein“, wehrt Silke ab, „das wirst du nicht tun, deine Mutter hat nur noch dich.“
„Und dein Vater hat nur noch dich“, erwidert Helmut und lächelt ein bißchen, „du sagtest doch eben, es sei nicht weit.“
„Nein, so weit ist es nicht, das ist wahr“, und Silke wendet sich schweigend dem Kreuzweg zu, der in den Wald hineinführt.
Der Waldweg scheint auch hier das Feuer abgegrenzt zu haben. Auf der linken Seite schwelt es nur ein bißchen in den Hecken, aber der Weg ist frei, und die rechte Seite des Waldes ist noch ganz unberührt vom Feuer. Aber der Weg ist nicht breit, und über ihnen scheinen sich die breiten Baumkronen ineinander zu verflechten. Sie laufen wie durch einen grünen Dom, und sie laufen so schnell sie können. Silke hat nicht bedacht, daß der Weg immer bergauf geht. Es ist nicht weit vom Dorf. Aber das Forsthaus liegt viel höher. Von hier aus hat man eine wundervolle Aussicht. Es ist ein idyllisches Fleckchen Erde, auf dem das Haus und die Stallungen der Försterei erbaut sind, aber heute haben die Kinder kein Auge dafür. Dichte Rauchschwaden ziehen über die Lichtung hin und hüllen das Wohngebäude ein. Ganz still ist es ringsum, und die Kinder hören plötzlich das Prasseln und Fauchen des Feuers oberhalb des Waldes.
„Siehst du“, sagt Silke gepreßt, „daß es schon in der Richtung nach Selch brennt.“
„Es ist niemand mehr hier“, sagt Helmut und ringt immer noch nach Luft, die ihm bei dem schnellen Laufen weggeblieben ist.
„Das ist es eben“, erwidert das Mädel, „sie lassen doch das ganze Anwesen nicht einfach verbrennen und laufen davon. Sie müßten doch in Brohl sein und Hilfe holen.“
Silke rennt auf dem hübschen Gartenweg, der auf beiden Seiten mit üppig blühenden Blumen eingefaßt ist, dem Hause zu. Sie rüttelt an der Haustür. Sie ist verschlossen. Die Kinder laufen um das Haus herum. Auch der hintere Eingang ist abgesperrt, das Küchenfenster ist zu. Sie laufen über den Hof und sehen in die Ställe. Die beiden Milchschafe sind da und brüllen ihnen ängstlich entgegen, die Kuh muß irgendwo auf der Weide sein. Das Pferd ist fort und der Wagen ist fort.
„Sie sind ausgefahren", weiß nun Silke, „und sie wissen noch nichts von dem Unglück.“
In diesem Augenblick tönt ein langgezogenes Hundegeheul durch die Stille.
Silke packt Helmut am Arm.
„Das ist Hasso, wo mag er sein?“
„Es kam aus dem Haus“, sagt Helmut.
„Aus dem Haus“, wundert sie sich. „Sie fahren doch nicht fort und sperren den Hund im Haus ein. Hasso ist ein guter Wächter und läuft immer frei herum.“
Und wieder heult der Hund.
Silke mustert jedes Fenster im Haus, als könne sie dadurch erfahren, wo der Hund steckt, und plötzlich weiten sich ihre Augen, und sie stößt einen hellen Schrei aus:
„Hansi“, schreit sie, „Hansi!“ und voller Schrecken starrt sie Helmut an.
„Die Kinder sind im Haus, Helmut, die Kinder.“
„Wieso denn nur?“ sagt Helmut erschrocken.
Silke zeigt
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