O diese Rasselbande
Rotfuchs wendet sich um.
„Ich glaube nicht, daß die Pferde durchhalten!“ schreit er. „Sie sind schon zu sehr angestrengt worden.“
„Dann fahre nach Hause!“ ruft Silke angstvoll. Ach ja, nach Hause! Da ist Hühnchens liebevolle Fürsorge.
Der Rotfuchs treibt die erschöpften Pferde durch das Tor. Sie stehen im Hof mit zitternden Flanken und Schaum vor den Mäulern.
Entsetzt kommt Hühnchen gelaufen.
„Ums Himmels willen, Küken, was ist geschehen!“ ruft sie und versucht Silke den ohnmächtigen Knaben vom Schoß zu nehmen. Aber schon ist der Rotfuchs vom Wagen.
„Ich kann es besser“, sagt er, und trägt den Helmut ins Haus. Jetzt, da Silke daheim ist, wollen sie die Kräfte verlassen. „Du mußt Doktor Reich anrufen, Hühnchen“, schluchzt sie, „Helmut hat von Diphtherie einen Herzfehler, das mußt du ihm sagen, vielleicht kann er gleich das richtige dafür mitbringen. Wir waren beim Brand. Ach, es war so schrecklich!“ Weinend wirft sie sich in den Sessel.
Hühnchen erledigt schnell und schweigend, was nötig ist. Sie legt den Jungen in Silkes Bett und sorgt für Wärmflaschen. Dann benachrichtigt sie den Doktor. Mehr kann sie für Helmut jetzt nicht tun. Silke liegt in Vaters Sessel, sie ist ganz verzweifelt.
„Lebt er noch, Hühnchen?“ flüstert sie angstvoll.
„Ja, Kind. Doktor Reich will sofort kommen, und du wirst dich jetzt ebenfalls hinlegen.“ Sie bringt das willenlose Mädchen in ihr eigenes Bett. Sie hat es doch immer gesagt, diese Rumstromerei ist nichts für das Küken, da sieht man es ja wieder. Silke muß noch bittere Tropfen nehmen, und bald danach ist sie eingeschlafen. Sie schläft den Schlaf der Erschöpfung.
Es ist gut, daß sie schläft und daß ihr die zwei schweren Stunden erspart bleiben, in denen Doktor Reich um das winzige Fünkchen Leben in Helmuts Herzen kämpft.
Der Rotfuchs kümmert sich inzwischen um die Pferde. Er hat die schweißnassen Tiere abgerieben, ihnen Decken übergeworfen und sie in den Stall gebracht. Nun sitzt er schweigend in der Küche. Der Forstmeister ist mit allen Männern an der Brandstelle, und es ist möglich, daß man ihn hier brauchen kann. Er möchte dem blonden jungen so gern helfen.
Es erscheint ihm wie eine Ewigkeit, bis Doktor Reich endlich in die Küche tritt, um sich die Hände zu waschen. Sein Gesicht ist ernst.
„So weit wären wir wenigstens“, sagt er, „das Herz schlägt matt aber gleichmäßig. Nur darf er keinen Augenblick allein bleiben. Frau Hahn wird bei ihm wachen, bis ich zurückkomme, denn ich muß nun die Mutter holen und nach einer Pflegerin schicken. Helmut darf nicht bewegt werden, und an einen Transport in das Krankenhaus ist nicht zu denken. "Wie ist es, kannst du noch im Hause bleiben?“
Der Rotfuchs nickt eifrig. Er ist froh, daß er gebraucht wird. Eine knappe Stunde später kehrt Doktor Reich mit Frau Haake und einer Pflegerin zurück. Frau Anna-Maria ist schneebleich, aber gefaßt, nur ihre dunklen Augen sprechen von der Angst des Mutterherzens. Die Hände still im Schoß wacht sie mit der Schwester die ganze Nacht am Bett ihres Jungen.
Erst gegen Morgen kehrt der Forstmeister für eine kurze Stunde nach Hause zurück, um sich zu stärken. Frau Haake tritt ihm entgegen.
„Ich muß um Entschuldigung bitten, daß ich...“, beginnt sie, aber der Forstmeister unterbricht sie sofort.
„Kein Wort mehr, liebe Frau Haake, Sie sind mir herzlich willkommen. Ich halte es für selbstverständlich, daß Sie mein Gast sind, bis es Helmut wieder gut geht.“ Er ergreift mit beiden Händen ihre Rechte und drückt sie herzlich.
Die Blätter an den Bäumen werden schon bunt, als Helmut endlich in seinen Kissen aufrecht sitzen darf. Hühnchen kocht Fleischsuppe, Eierkuchen mit Erdbeermarmelade und backt köstliche Pfirsichtorte. Helmut soll tüchtig essen, damit seine Kräfte wieder wachsen. Die Rasselbande wird nur tropfenweise zugelassen, wie Herr Braun sich ausdrückt. Mehr als drei Jungen auf einmal dürfen nicht kommen, um Helmut und Silke Gesellschaft zu leisten. Nur Fips hat ungehindert Zutritt, weil es den Kindern so viel Freude macht, wenn er auf dem Akkordeon seine Lieder spielt. Und da ist noch einer, der sich ab und zu zur Tür hereinschiebt, das ist der Rotfuchs. Immer hat er ein paar besonders schöne Früchte in seinem Korb oder ein paar Eier und eine gute Landwurst. Er ist schon zufrieden, wenn er still im Zimmer sitzen kann und Fipsens Lieder mit anhört. Er mag gar nicht, daß man
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