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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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habe Mercy auf dem Heimweg hinterherfahren wollen,
     nicht weil das eine schlechte Gegend wäre oder so, aber er wollte nicht, daß sie allein abschloß und durch die Stadt fuhr.
     Also half er ihr ein wenig beim Aufräumen und ging zu seinem Auto, in der Erwartung, daß sie direkt nachkäme. Nur, daß sie
     das nicht tat.«
    »Und wo war Claire?«
    »James Butler hatte sie schon früher nach Hause gebracht. Mercy war noch geblieben, um sich mit ein paar Kunden zu unterhalten.«
    »Ich frage mich, ob sie von Mercys Tod weiß.«
    Schwesterherz zuckte die Achseln. »Willst du überhaupt hören, was ich dir zu erzählen habe?«
    |50| Wollte ich, klar.
    »Nun, als Mercy nicht gleich kam, vermutete er erst, sie hätte noch einen Anruf erhalten oder sei zur Toilette gegangen. Schließlich
     ging er nach ihr schauen, und sie lag neben der Tür am Boden und griff sich an die Brust.« Mary Alice griff sich zu Demonstrationszwecken
     an ihren üppigen Busen. »Ein Herzanfall. Er rief den Notarzt, und Bonnie Blue sagt, sie hätten Wiederbelebungsversuche und
     all das gemacht, aber es war zu spät.«
    »Und davor nie die Rede von Herzproblemen.«
    »Nein«, sagte Mary Alice. Wir schwiegen einen Moment und riefen uns beide, da bin ich mir sicher, die so gesund wirkende rothaarige
     Frau vor Augen, die wir am Abend zuvor voller Elan durch ihre Galerie hatten laufen sehen.
    »Und, was ist mit Claire?« fragte Mary Alice schließlich.
    »Was meinst du mit: Was ist mit Claire? Du hast sie doch gesehen, im Wohnzimmer.«
    »Ich dachte, du hättest vielleicht herausgefunden, warum sie hier bei dir aufgetaucht ist.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie scheint ruhig zu schlafen«, sagte ich, »ich werde sie jetzt nicht stören. Welches Problem sie
     hat, wird sich zu gebührender Zeit herausstellen.«
    »Hmmm«, sagte Schwesterherz. »Vielleicht hat sie Fieber.«
    »Vielleicht«, sagte ich, »aber du gehst da jetzt nicht rein und störst sie, um es herauszufinden. Sie muß erst mal schlafen.«
    »Na ja, aber es ist doch zugegebenermaßen seltsam, daß du sie jahrelang nicht gesehen hast und sie dann in dieser Verfassung
     hier auftaucht.«
    »Sie hat mich gestern abend gesehen. Und sie hat sich noch gut an mich erinnert.«
    »Vielleicht mißhandelt sie ihr Mann?« mutmaßte Mary Alice.
    Ich erschauerte, als ich daran dachte, wie zerbrechlich Claire |51| sich angefühlt hatte, als ich ihr ins Haus geholfen hatte. »Mein Gott, ich hoffe nicht. Mißhandlungen hat sie in ihrem Leben
     schon genug erfahren.«
    »Jede einzelne ist schon eine zu viel«, sagte Mary Alice.
    Ausnahmsweise war ich mit meiner Schwester einmal völlig einer Meinung. »Ich werde es herausfinden, wenn sie aufwacht«, sagte
     ich. »Vielleicht steht sie auch nur unter Schock wegen Mercys Tod.«
    »Sag mir einfach Bescheid, wenn du was weißt. Wir müssen erst um zwei im Einkaufszentrum sein, aber ich habe um elf einen
     Termin bei Delta von Delta Hairlines.«
    »O nein! Du läßt dir doch nicht etwa das Haar schwarz färben!«
    »Ich habe Delta gesagt, daß ich ihre Meinung hören will.«
    »Hol eine zweite ein.«
    »Du solltest mitkommen, Patricia Anne. Laß auch was mit deinen Haaren machen.«
    Ich fuhr mit der Hand durch mein lockiges graues Haar. »Ich denk’ ja nicht im Traum dran.«
    Mary Alice stand vom Bett auf und schlüpfte in weiße mexikanische Sandalen.
    »Die sind doch nicht etwa winterweiß?« fragte ich.
    »Das waren einfach die ersten Schuhe, die ich gefunden habe, Miss Oberschlau!«
    Ich folgte ihr den Flur hinunter ins Wohnzimmer. Wir blickten einen Moment lang auf die schlafende Claire hinab, die wieder
     auf dem Rücken lag.
    »Meinst du, mit ihr ist alles okay?« flüsterte Mary Alice.
    Da riß Claire plötzlich die Augen auf und starrte uns an.
    »Die Polizei«, sagte sie, »mein Gott, wir müssen sofort die Polizei rufen.«

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    Claire setzte sich auf und schlug die Hände vors Gesicht.
    »Ohhh«, wimmerte sie und schaukelte mit dem Oberkörper vor und zurück.
    »Claire«, sagte ich, »Claire.« Ich saß auf der Sofakante, legte meinen Arm um sie und versuchte sie zu beruhigen. »Sie haben
     nur schlecht geträumt.«
    »Neiiin«, stöhnte sie laut auf. »Rufen Sie die Polizei.«
    »Aber warum denn, Claire?«
    Mary Alice, die aufgesprungen war, als Claire die Augen geöffnet hatte, griff nach dem Telefon auf dem Couchtisch. Ich gab
     ihr einen Klaps auf die Hand. »Was tust du?«
    »Sie sagte, wir sollen die Polizei rufen.«
    Ich funkelte Mary

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