Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
ein Fragezeichen dasaß.
    »Hier, Claire.« Mary Alice gab ihr die rosafarbene Tablette, und ich reichte ihr die Cola. Erst jetzt sah Schwesterherz so
     richtig Claires schmutziges, mascaraverschmiertes Gesicht. »Oh, Sie armes Ding«, sagte sie. »Maus, hol doch bitte mal einen
     warmen Waschlappen.« Sie hob einen Deckenzipfel hoch, der dabei war, vom Sofa zu gleiten. »Claire, Sie würden sich doch bestimmt
     gern Gesicht und Hände mit einem warmen Waschlappen abwischen? Komm, geh einen holen, Maus.«
    »Du weißt doch selbst, wo sie sind.« Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen.
    Mary Alice drehte sich um und blickte mich an, und ich ging hinaus, zum Wäscheschrank. Ich war kaum eine Minute draußen, aber
     als ich wiederkam, war Schwesterherz schon dabei, Claire über ihren Angreifer auszuquetschen. War es ein Mann oder eine Frau?
     Was für eine Art Messer war es? Was für Worte fielen? Claires Antworten bestanden in kurzem Kopfschütteln.
    »Himmel noch mal, Schwesterherz«, sagte ich. »Die Polizei wird schon noch früh genug all diese Fragen stellen.«
    Und das tat sie auch. Etwa zwei Minuten später klingelte es. Einen Augenblick lang dachte ich, es sei Bonnie Blue. Die Frau,
     die dort stand, war ebenso groß wie sie, und ihre Haut |56| war ebenso schwarz. Aber gleich darauf bemerkte ich meinen Irrtum. Diese Frau war viel jünger, vielleicht dreißig, und sie
     hatte eine Polizeiuniform an.
    »Mrs.   Crane?« sagte sie. »Ich bin Bo Mitchell. Sie haben ein Problem?«
    Bo Mitchell hatte das hinreißendste Lächeln, das ich je gesehen hatte. Fred und ich hatten Tausende von Dollar in die Zähne
     unserer Kinder investiert, um diesen Effekt zu erzielen, aber Bo Mitchell konnten sie nicht das Wasser reichen.
    Ich erklärte, daß ich Mrs.   Hollowell sei und Mrs.   Crane meine Schwester und jemand habe eine Freundin von uns am Vorabend bedroht oder angegriffen. Ich wüßte nicht genau, was
     passiert sei, sie sei aber selbst hier, auf dem Sofa im Wohnzimmer.
    »Darf ich hereinkommen?« fragte Bo Mitchell.
    »Oh, natürlich.« Mir wurde bewußt, daß ich ins Plappern verfallen war, wie immer, wenn ich nervös war, statt sie hereinzubitten.
     Wenigstens hatte ich nicht angefangen, in Reimen zu sprechen, wie ich es manchmal tat. »Bitte hier entlang.«
    Claire saß jetzt aufrecht. Sie sah aus wie ein großäugiges, schwarzhaariges, trauriges Kind. Schwesterherz hatte die Mascara
     und den Schmutz aus ihrem Gesicht gewischt, und die Blässe ihres Gesichtes war erschreckend.
    »Das ist Officer Mitchell.« Dann stellte ich Mary Alice und Claire vor.
    »Ich dachte, Polizeibeamte kommen immer zu zweit«, sagte Mary Alice.
    »Wie auf der Arche Noah?« Bo Mitchell zeigte ihr umwerfendes Lächeln. »Nicht immer. Kommt ganz darauf an, um was es geht.«
    »Kann ich Ihnen einen Kaffee oder eine Cola bringen?« fragte ich. Fred sagt immer, ich würde selbst noch dem Teufel eine Erfrischung
     anbieten, wenn er hereinspazierte. Könnte sein.
    |57| »Nein, danke.« Officer Mitchell setzte sich neben Claire aufs Sofa. »Ich vermute, Sie sind diejenige, die hier ein Problem
     hat, Ms. Moon?«
    Claire nickte. »Jemand hat gestern abend versucht, mich umzubringen.« Ihre Stimme war schwach, aber fest. »Er war in meiner
     Wohnung mit einem Messer.«
    »Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Sind Sie verletzt?«
    »Nein, aber ich wäre tot gewesen, wenn ich den Sicherheitsriegel vorgeschoben hätte.«
    »Wie das?«
    »Wenn ich hätte stehenbleiben müssen, um ihn zurückzuschieben. Ich habe noch gehört, wie das Messer von innen in die Tür fuhr,
     als ich draußen war.«
    Mary Alice und ich blickten uns an. Officer Mitchell hatte ein Klemmbrett dabei und schrieb etwas auf ihr Blatt. »Okay«, sagte
     sie. »Lassen Sie uns erst einmal ein paar Grunddaten festhalten, Ms. Moon. Ihre Adresse?«
    »Valley Trace Nummer 1729.«
    »Verheiratet?«
    »Mein Mann ist tot. Ums Leben gekommen auf einer Autobahn in Kalifornien.«
    Ich schloß die Augen. Ich hatte Haleys Verlust miterlebt und konnte mir vorstellen, was Claire durchgemacht hatte.
    »Ihr Alter?«
    »Dreißig.«
    »Beruf?«
    »Ich arbeite in einer Kunstgalerie.« Claire wandte sich zu Bo Mitchell um. »Bitte, ich bin so müde.«
    »Ich weiß, und es tut mir leid. Aber wir müssen diesen Routinekram hier erledigen, bevor wir uns mit dem eigentlichen Problem
     befassen.«
    Claire nickte seufzend.
    »Der Name der Kunstgalerie?«
    »Mercy-Armistead-Galerie.«
    |58| Bo Mitchell sah von

Weitere Kostenlose Bücher