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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Gemälde. »Du meine Güte! Das ist doch nicht etwa ein Abraham?«
    »Doch, ist es«, sagte ich und zog das Bild näher heran, damit Schwesterherz es sehen konnte. »Abraham ist Bonnie Blues Vater.«
    »Du machst Witze.« Sie hielt das Bild hoch. »Bonnie Blue, es ist wundervoll. Ist es zu verkaufen?«
    »Es gehört mir«, sagte ich. »Bonnie Blue hat es mir geschenkt. Und das hier ist echtes Haar von ihm.«
    »Für dich habe ich auch eins, Mary Alice, aber ich dachte nicht, daß ich dich heute sehen würde.«
    »Mrs.   Santa trifft man in der Weihnachtszeit in allen Einkaufszentren«, grinste ich.
    Mary Alice trat mich unter dem Tisch. »Ich greife Bill etwas unter die Arme«, erklärte sie Bonnie Blue. »Ich wünschte nur,
     sie würden ihn nicht andauernd festnehmen.«
    »So hast du doch zumindest eine Gelegenheit, deinem Liebsten heldenmütig zur Seite zu stehen«, bemerkte ich und zog meinen
     Fuß weg, bevor sie mich wieder treten konnte.
    »Halt die Klappe, Maus.« Sie schnappte sich einen Löffel und nahm sich von dem Hühnersalat auf meinem Teller. »Mmmm. Lecker.«
    »Wo steckt denn Bill gerade?« fragte Bonnie Blue.
    »Zieht sein Kostüm aus. Wir haben jetzt Mittagspause. Es gibt ein niedliches Schild, auf dem steht, daß wir weg sind, um |16| das Rentier zu füttern.« Sie nahm sich einen weiteren Bissen von meinem Salat.
    »Bonnie Blue kommt heute abend auch zu der Galerieeröffnung«, sagte ich und zog meinen Teller aus ihrer Reichweite.
    »Das ist ja großartig.« Sie hielt das Bild erneut hoch. »Warum hast du uns nicht erzählt, daß Abraham dein Daddy ist, Bonnie
     Blue?«
    »Wir kamen einfach nie auf das Thema.«
    »Du bist sicher stolz auf ihn. Er wird mit jedem Tag berühmter, weißt du.«
    »Sieht so aus.«
    »Und ich kann es gar nicht erwarten, mein Bild zu sehen.«
    »Ich bringe es heute abend mit«, versprach Bonnie Blue.
    »Auf deinem sind keine Haare von Abraham«, sagte ich.
    In diesem Moment kam glücklicherweise Bill herein. Er war ein gutaussehender Mann, kräftig, aber nicht dick, mit rötlicher
     Gesichtsfarbe und üppigem weißem Haar. Selbst mit zweiundsiebzig schaffte er es noch, den Frauen den Kopf zu verdrehen, eine
     Tatsache, die offenkundig war, als er durch die essende Menge im Restaurant auf uns zuspazierte.
    »Hallo, Patricia Anne. Hallo, Bonnie Blue.« Bill legte meiner Schwester die Hand auf die Schulter, eine Geste, die mir nicht
     entging. Und ihre Hand schloß sich über der seinen.
    Oho, sagte ich mir. Da schien sich ja was Ernsteres anzubahnen. Mr.   Bill Adams hatte Chancen, Ehemann Nummer vier zu werden, obwohl er eigentlich gar nicht ins Schema paßte: Die drei Angetrauten
     von Mary Alice waren alle mindestens fünfundzwanzig Jahre älter gewesen als sie und extrem vermögend. Und sie hatte von jedem
     ein Kind bekommen. Doch mit fünfundsechzig war es vermutlich an der Zeit, mit dieser Tradition zu brechen. Es standen nicht
     mehr allzu viele fünfundzwanzig Jahre ältere Männer zur Verfügung, sie hätte schon eine biblische Figur sein müssen, um noch
     ein Kind zur Welt zu bringen, und sie hatte bereits mehr |17| Geld, als sie jemals ausgeben könnte, von ihren ersten drei Männern.
    Bonnie Blue und ich begrüßten Bill, und ich zeigte ihm mein Bild, das er überschwenglich bewunderte.
    »Daß du uns nie erzählt hast, daß Abraham dein Vater ist!« sagte er zu Bonnie Blue. »Ich habe ein Sweatshirt mit einem seiner
     Schneemänner drauf.«
    Mary Alice sagte: »Er kommt auch zur Eröffnung heute abend. Hast du nicht Lust, mich und Patricia Anne dorthin zu begleiten?«
    »Der Esel nennt sich selbst zuerst«, sagte ich und zog automatisch mein Bein zurück, so daß Mary Alice nicht drankam – weshalb
     mich nur ein böser Blick traf.
    »Ich kann nicht, Schätzchen. Hast du vergessen, daß ich heute abend Poker spiele?« Bill tätschelte ihre Schulter. »Komm, lassen
     wir die beiden Damen in Ruhe speisen und suchen uns einen McDonald’s.«
    »Nur wenn du einen McLean bestellst«, sagte Mary Alice.
    Schätzchen? Fettarmer Burger? »Was ist denn mit denen los?« fragte ich Bonnie Blue, als sie händchenhaltend das Restaurant
     verließen. »Das sieht ja mächtig nach trauter Zweisamkeit aus.«
    »Frag mich nicht«, sagte sie. »Ich bin aus dem Alter raus, in dem man auf alles eine Antwort hat.«
    Ich lachte und zog meinen Teller wieder zu mir heran. »Hast du Zeit, dir den Mantel anzusehen, den ich Haley vielleicht zu
     Weihnachten schenken will?«
    »Erst

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