O du Mörderische
Bubba zu erkundigen, erreichte aber nur den Anrufbeantworter.
Sie hatte aus einem Katalog ein paar zur Jahreszeit passende automatische Ansagen bestellt, weshalb jetzt eine Stimme »Ich
kann nicht ans Telefon gehn, ich kann nicht ans Telefon gehn« auf die Melodie von ›We wish you a Merry Christmas‹ trällerte.
»Ich rufe an wegen Bubba, ich hoffe, es geht ihm besser«, tirilierte ich meinerseits. »Ruf mich kurz zurück, sobald du Zeit
hast. Ich müsste eigentlich da sein.«
»Was war denn das?« fragte Fred, der gähnend in der Tür stand. »Und wie lang bist du schon auf?«
»Schon ewig. Du bist eine alte Schlafmütze.«
Er kam zu mir herüber, um mich zu umarmen. »Du bist ganz naß.«
»Ich war schon mit Woofer draußen. Es nieselt.«
|196| »Kaffee.« Er schlurfte zum Herd hinüber. Vergangene Weihnachten hatte Freddie ihm ein paar hübsche Lederhausschuhe geschenkt,
mit einem Futter aus Lammwolle. Das Problem ist, es sind Schlappen, und was Fred betrifft, ist dieser Name absolut passend.
Er hat nie den Dreh herausbekommen, sie am Fuß zu behalten, und bemüht sich daher, nie die Füße zu heben, damit er nicht aus
ihnen herausrutscht. Dasselbe Problem hat er mit Badelatschen, mit denen er stets über den Strand geht wie jemand, der ganz
dringend Hämorrhoidensalbe benötigt.
»Krall die Zehen ein«, sage ich ihm. Es ist nutzlos.
»Zeitung.«
Ich deutete darauf. Er schlurfte, den Kaffee in der Hand, ins Wohnzimmer. Ich stopfte die Wäsche in den Trockner, goß mir
noch eine Tasse Kaffee ein und gesellte mich zu ihm.
»Ross Perry hat es erneut auf die Titelseite geschafft«, verkündete er und reichte mir den entsprechenden Teil.
»Na ja, er hat für diese Zeitung gearbeitet. Sie haben ein persönliches Interesse daran.« Ich setzte mich und las, daß die
Polizei nach wie vor keine Anhaltspunkte hatte. Es wurde noch einmal aufgerollt, welchen Part James und Yvonne dabei gespielt
hatten, Ross aus dem Kelly Creek zu ziehen. Die einzige Neuigkeit war, daß die Familie mitteilen ließ, ein Trauergottesdienst
würde erst in einiger Zeit angesetzt.
»Sie beerdigen ihn doch bestimmt in New Orleans«, sagte ich.
»Hm?« Fred hielt den Blick weiter auf seine Seite mit den Kritiken und Kommentaren geheftet.
»Der Gedenkgottesdienst für Ross Perry wird erst in einiger Zeit stattfinden. Mary Alice braucht sich also keine Sorgen zu
machen, daß sie ihr neues schwarzes Kostüm dreimal in einer Woche anziehen muß.«
»Gut.«
»Ich frage mich, wo sie so früh am Sonntagmorgen steckt.«
|197| »Genau«, stimmte Fred mir zu.
»Ich habe mir auf dem Spaziergang mit Woofer beide Beine gebrochen.«
»Da hast du recht.« Er blätterte um.
Ich seufzte, legte meinen Teil der Zeitung beiseite und ging duschen.
»Erstaunlich, wie gut du mit gebrochenen Beinen gehen kannst«, rief mir Fred hinterher. Das war mal wieder typisch.
Eine Viertelstunde später kam ich geduscht und mit gewaschenen Haaren ins Wohnzimmer zurück, wo Fred inzwischen beim Wirtschaftsteil
angelangt war. Er besitzt eine kleine Lupe mit Licht, die er benutzt, um die Aktienkurse zu studieren. Er hat sie am selben
Tag gekauft, an dem er ein paar Wal-Mart-Aktien erworben hat, so daß er sie als Glücksbringer betrachtet. Er würde es niemals
zugeben, aber ich kenne diesen Mann. Und ich würde es meinerseits nicht wagen, ihm zu erzählen, daß ich sein magisches Vergrößerungsglas
dazu benutze, Zecken aus Woofers Ohren zu lösen.
»Na, wie sieht’s aus?« fragte ich und deutete auf die Zeitung.
»Die Wal-Mart-Aktien sind gestiegen.«
»Ich habe darüber nachgedacht, vielleicht sollten wir breiter fächern. Unsere dreißig Wal-Mart-Aktien verkaufen und das Geld
in was Sicheres wie Energieversorgungsbetriebe investieren.«
Fred preßte die Zeitung an sein Herz. »Was Sicheres? Mein Gott, Patricia Anne, es war der Gründer selbst, Sam Walton, der
mir geraten hat, die Wal-Mart-Aktien zu kaufen.«
Das stimmte. Fred hatte auf dem Rückflug von Dallas neben einem netten alten Herrn gesessen, der ihm erzählt hatte, er habe
sein gesamtes Vermögen in Wal-Mart investiert.
»Alles?« hatte Fred gefragt, der sich um den alten Mann Sorgen machte.
|198| »Fast alles. Ich denke, es wird gut laufen.«
Zwei Wochen später hatte Fred, der den Namen des Mannes nicht mitbekommen hatte, zu seiner großen Verblüffung Sam Waltons
Foto auf der Titelseite der ›Time‹ gesehen.
»Das ist ein Zeichen. Ein Omen«, hatte
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