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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gehören Glynn.«
    Claire parkte auf einem für »Eigentümer« reservierten Parkplatz, und wir stiegen aus. Es war erst wenige Tage her, daß ich
     das letzte Mal hier gewesen war, aber mittlerweile waren auf den winzigen Rasenflächen die Weihnachtsdekorationen wie Pilze
     aus dem Boden geschossen. »Ich kann es kaum glauben, daß demnächst Weihnachten ist«, sagte Claire.
    »Kennen Sie sich mit ›Mortal Combat‹ aus?« fragte ich.
    Claire drehte sich mit erstaunter, ja fast erschrockener Miene zu mir herum.
    »Das ist ein Videospiel«, beeilte ich mich zu erklären. »Mein zehnjähriger Enkel wünscht es sich zu Weihnachten, und ich mache
     mir Sorgen, ob es nicht zu gewalttätig ist.«
    »Schenken Sie ihm doch so ein Ding, mit dem man sich den Nachthimmel an die Decke projizieren kann. Sie müssen nur das Datum
     eingeben und den Ort, an dem Sie sich befinden.«
    »Das ist eine phantastische Idee, Claire.« Ich meinte es ernst.
    »Mein Mann hatte so was. Er liebte es über alles.«
    Es war das erste Mal, daß sie mir gegenüber ihren Mann erwähnte. Es überraschte mich. Sie steckte den Schlüssel ins Schloß.
    |259| »So, da wären wir.« Sie trat über die Schwelle.
    Der Anblick schockte mich nicht mehr. Die aus dem Sofa hervorquellende Füllung war, was sie war. Baumwolle. Claire und ich
     blieben stehen und sahen uns um.
    »Kann ich Ihnen bei irgend etwas behilflich sein?« fragte ich.
    »Empfehlen Sie mir einen guten Polsterer.« Sie ging zum Sofa hinüber und strich mit der Hand über einen der Schlitze. »Was
     zum Teufel treibt jemanden dazu, so etwas zu tun?«
    »Ich weiß es nicht, Claire.« Ich wußte es wirklich nicht.
    Sie ging zur Tür zurück und fuhr über die Kerbe, die das Messer hinterlassen hatte. »Verdammt«, flüsterte sie. »Verdammt.«
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?« fragte ich. »Ich kann hochgehen und Ihnen ein paar Sachen holen. Sie müssen mir nur sagen, was.«
    »Alles okay. Keine Angst, ich klappe nicht wieder vor Ihren Augen zusammen, Mrs.   Hollowell.«
    Sie machte wirklich den Eindruck, als fühlte sie sich gut. Sie trat einen Schritt von der Tür zurück und beäugte die Kerbe.
     Sie trat wieder näher, blieb davor stehen und maß sie mit Hilfe ihres Körpers ab. »Irgend etwas stimmt hier nicht«, sagte
     sie.
    Ich pflichtete ihr bei, daß hier eine Menge nicht stimmte.
    »Nein, warten Sie eine Sekunde.« Claire stieg ein paar Stufen hoch, kam sie dann wieder herab und ging ein weiteres Mal auf
     die Tür zu. Sie streckte ihre Hand aus, als würde sie nach dem Türknauf greifen. Sie schüttelte den Kopf, wandte sich um und
     ging erneut die Stufen hinauf.
    »Was tun Sie denn da?« fragte ich.
    »Hier stimmt was nicht«, wiederholte sie, während sie die Stufen wieder herabstieg und nach dem Türknauf griff.
    »Können Sie mir vielleicht mal verraten, was das soll?« fragte ich Claire, nachdem sie die Aktion mehrfach wiederholt hatte.
    |260| »Mit der Einstichstelle des Messers ist etwas faul. Schauen Sie sie sich an.«
    Ich ging zur Tür hinüber und besah sie mir. Die Stelle befand sich auf der linken Seite der Tür, und als ich näher trat, wurde
     mir klar, daß ein aus diesem Winkel ankommendes Messer mich in die Brust treffen würde. »Himmel!« sagte ich erschaudernd.
    »Sehen Sie mal.« Claire ging neuerlich die Stufen hoch. »Kommen Sie hierher, Mrs.   Hollowell.«
    Ich folgte ihr, während ich überlegte, was um alles in der Welt sie da tat.
    »Okay«, erklärte sie. »Stellen Sie sich zwei oder drei Stufen über mich.« Sie wartete. »Nun schauen Sie. Ich renne die Stufen
     hinunter, und Sie verfolgen mich mit einem Messer.« Sie rannte die Treppe hinab, stürzte zur Tür und riß sie auf. Ich stand
     auf der Treppe und beobachtete sie.
    Sie kam wieder hoch. »Diesmal kommen Sie hinter mir her und versuchen auf mich einzustechen.«
    »Davor gruselt es mich«, sagte ich.
    »Bitte, Mrs.   Hollowell. Sie werden gleich verstehen, worauf ich hinauswill.«
    »Was für ein Messer war es? Erinnern Sie sich noch?«
    »Ein großes.«
    Ich hob den Arm. »Okay. Ich will hoffen, daß uns das irgendwie weiterbringt.«
    »Laufen Sie einfach hinter mir her und versuchen Sie, auf mich einzustechen. Okay? Ich leg’ los.«
    Claire schoß die Treppe hinab und riß die Tür auf. Ich stand noch immer auf den Stufen, als sie sich umdrehte.
    »Lassen Sie es uns noch einmal versuchen«, sagte ich. Seltsam, welchen Effekt dieses imaginäre Messer auf mich ausübte. Ich
     fühlte mich

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