O-Män - fast fantastisch
dass er im Fach Werkerziehung nicht besser aufgepasst hat. Wie gerne würde er sein Kostüm selber schneidern, da müsste er niemanden unnötig in seine Geheimpläne einweihen. Ideen für sein Superhelden-Outfit hat er schon genug. Es sollte Wasser abweisend, aber atmungsaktiv sein, damit es keine unschönen Schwitzflecken unter den Achseln gibt. Außerdem kriegt Otto, wenn er stark schwitzt, einen knallroten Kopf, was sicher nicht sehr heroisch aussieht. Otto befürchtet, dass ihn seine Feinde und Neider dann als „Tomatenkopfman“ oder „Erdbeerschädelboy“ bezeichnen könnten. Nur nicht! Das atmungsaktive Material soll brüllende Farben aufweisen. Pink, Neongelb, Giftgrün. Oder doch lieber Blitzblau? Schreirot? Quietschgelb? Otto will als Held alles sein, nur keine graue Maus. Den Bösewichtern und Schurken sollen schon bei seinem Anblick die Tränen kommen. Zudem findet Otto, dass ein greller Dress sehr gut für den Wiedererkennungswert ist.
Aber woher soll Otto so ein Outfit nehmen? Eines, das ihm wie angegossen passt, und in das er blitzschnell rein- und wieder rausflutschen kann, im Falle eines Notfalles? Es wäre wohl megapeinlich, wenn Otto die Bösewichter und Tunichtguts vertrösten müsste, weil sich ein Zippverschluss nicht schnell genug zuzippen lässt. Oder wenn Otto unmenschliche Verrenkungen vollführen müsste, um sich mühsam in sein Kostüm zu pressen. Nicht auszudenken! Nein! So ein Dress, der muss nach Maß gefertigt werden, aus elastischem Stoff, welcher den Belastungen eines Superheldenalltags standhält.
Otto wüsste schon, wer ihm so einen Dress nähen könnte. Mama natürlich. Die näht ja auch die Elvis-Bühnenoutfits von Papa Ondruschka, der aufgrund figürlicher Probleme und akrobatischen Hüftschwungs jedem Kostüm echt alles abverlangt.
Aber wie erklärt man seiner Mutter, dass man ein Superheld werden will? Ist das nicht oberpeinlich? Außerdem: Was soll Otto tun, wenn ihm seine Mutter einfach verbietet, ein Superheld zu sein? Dürfen Mütter das überhaupt? Da klopft es an Ottos Zimmertüre.
Ausgeschläfricht!
„Herein!“, ruft Otto. Mama tritt ins Zimmer. „Gerade habe ich an dich gedacht!“, sagt Otto. Mama lächelt abwesend und stellt einen Teller mit Keksen auf den Schreibtisch. Geistesgegenwärtig lässt Otto die Liste in der obersten Lade verschwinden. Aber Mama hat gar nicht hingesehen. Sie sieht nachdenklich aus und lässt sich auf den Sitzsack plumpsen. „Otterl, ich muss dir was erzählen!“, eröffnet sie die Unterhaltung.
Ihr Tonfall macht Otto ein wenig besorgt. So beginnen Unterhaltungen, wenn man im Verdacht steht, etwas ausgefressen zu haben.
„Es ist wegen dem Professor Schläfrich“, sagt Mama. Otto atmet erleichtert aus.
„Der Professor hat mir eine Mail geschrieben, dass ich ab sofort nicht mehr zu ihm kommen muss, sondern dass ich nur noch im Institut oder von zu Hause aus arbeiten soll. Seit Monaten liege ich ihm deswegen in den Ohren, er hat immer abgelehnt. Und plötzlich kommt er von sich aus mit der Idee! Kommt dir das nicht auch komisch vor?“
„Sei doch froh!“ Otto zuckt mit den Schultern und lehnt sich grinsend zurück.
„Meinst du?“, fragt Mama.
„Klar“, bestätigt Otto. „Und mir kannst du auch gratulieren, ich muss nie mehr zum Dackelsitten. Am Halsband vom Hadschi ist heute ein Zettel gehangen, dass ich die Hundsviecher nur vor der Türe abstellen soll, und dass ich überhaupt nicht mehr kommen brauche!“ „Echt wirklich wahr, Otterl?“, ruft Mama Ondruschka. „Das ist ja supertoll, das müssen wir feiern!“ Sie springt auf, um Otto zu umarmen, doch da fällt ihr etwas ein: „Otto, was meinst du, war der Professor unzufrieden mit uns? Da ist doch irgendetwas faul. Monatelang müssen wir ihm zu Diensten sein, und dann, einfach so, schnipp, eine Mail und ein Zettel, und das soll es gewesen sein? Womöglich will er mich loswerden! Und dann bin ich meinen Job los!“
Oje, so hat Otto das noch gar nicht betrachtet! Aufgeregt schnappt sich Mama Ottos Handy, um am Ambronsius-Möpplinger-Institut anzurufen, aber dort teilt man ihr nur mit, dass der Professor eine Auszeit genommen hat und dass Mama bis zu seiner Rückkehr im Archiv aushelfen soll. Mama fällt ein Stein vom Herzen. Bis auf Weiteres kein grantiger alter Professor Schläfrich! Und Archivarbeit, die ist ihr sowieso das Liebste! Sie schnappt sich den erleichterten Otto und tanzt mit ihm durchs Zimmer, bis beiden schwindlig ist. Dann laufen sie in die
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