Oase der Versuchung
sensationshungrigen Reporter oder einen Computerhacker zu treffen, war er ihr begegnet. Wie tief sie ihn berührte!
Trotzdem würde das seinen Plänen nicht im Wege stehen. Er wollte alles: sie und die Informationen. Und wenn er etwas wollte, bekam er es auch. Nur hatte er nie damit gerechnet, einer Frau wie ihr zu begegnen. Er begehrte sie mehr als alles auf der Welt. Mit Haut und Haaren sollte sie ihm gehören.
Er neigte den Kopf zur Seite und bemerkte voller Genugtuung, dass sie bewundernd sein Haar betrachtete. „Da wir ja jetzt an einem Strang ziehen, sollten wir vielleicht das Kriegsbeil begraben“, schlug er vor.
„Du bist bloß so nett, weil du mich brauchst. Bis eine so große Wunde verheilt, dauert es vier bis zehn Tage.“
Hassan wusste nicht nur das, sondern auch, dass diese Plänkeleien ihr Auftrieb gaben. „Und du brauchst mich. Eine Mitfahrgelegenheit wirst du hier nämlich kaum finden“, scherzte er. „Also spricht nichts dagegen, dass auch du nett zu mir bist.“
Sie seufzte. „Also gut. Ich gebe zu, dass wir uns gegenseitig brauchen.“
Er lachte. „Richtig. In jeder Hinsicht. Auch wenn es dir schwerfällt, das zuzugeben.“
„Ach, sei doch still“, sagte sie nur.
6. KAPITEL
Eigentlich hatte Talia schon vor dem Verlassen des Hubschraubers gewusst, in welch unendlich weiter Landschaft sie sich befanden. Aber nun verschlug es ihr doch die Sprache, denn die Erhabenheit und Größe einer Wüstennacht ließen sich mit nichts vergleichen. Die Einsamkeit und Stille allerdings auch nicht …
Tief beeindruckt sah sie sich um. Da Hassan den Helikopter auf einer hohen Düne gelandet hatte, überblickte Talia wie von einem Aussichtspunkt aus das stürmische Sandmeer, von dem eine geheimnisvolle Kraft ausging.
Am Horizont hoben sich die Dünen mit ihren einzigartigen Farbnuancen scharf von der schwarzen Himmelskuppel ab: ein Bild von unvergänglicher Schönheit. Im Licht der funkelnden Sterne sah es aus, als würden den Dünenabhängen Figuren und Gestalten entwachsen, Monster mit fratzenhaften Gesichtszügen. Mit einem Mal begriff Talia, wie die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht entstanden waren.
Was wäre, wenn gleich ihr persönlicher Geist auftauchen und ihr seine Dienste anbieten würde?
Halt, dachte sie, er ist ja schon da.
Im Moment machte er sich im schrottreifen Heck des Hubschraubers zu schaffen, wo er die Ausrüstung zusammensuchte, die sie für ihren Marsch zur Oase brauchten.
Sie zitterte so sehr, dass ihr die Zähne klapperten – was sie auf ihre Ehrfurcht vor der unberührten Natur und die durchdringende Kälte zurückführte.
Hassan arbeitete sich mit einem Rettungswerkzeug durch das verformte Metall und machte dabei einen Höllenlärm. Außerdem heulte der Wind. Dennoch war Talia, als hätte er sie gehört … Er richtete sich auf und stöhnte.
Seine Wunde! dachte sie erschrocken. Es grenzt sowieso an ein Wunder, wie gut er damit klarkommt. Und das mit nur einer einzigen Schmerzspritze.
Er kam auf sie zu und streichelte ihre Wange mit seinen rauen Händen. „Du frierst ja“, stellte er stirnrunzelnd fest. „Geh wieder ins Cockpit.“
Doch sie schüttelte den Kopf. „Ja, kalt ist mir schon. Aber ich friere nicht“, log sie. „Du bist derjenige, der nur halb angezogen ist!“ Wieder klapperte sie mit den Zähnen.
„Ich glaube, wir sollten erst mal die Spielregeln festlegen. Wenn ich etwas sage, machst du es. Ich bin hier der befehlshabende Offizier.“
Talia stemmte die Hände in die Hüften. „Was soll das? Ich gehöre nicht zu deiner Truppe!“
Hassan sah sie unnachgiebig an. „Immerhin stamme ich aus dieser Gegend. Und ich leite diese Expedition.“
„Ich dachte, wir hätten uns auf Gleichrangigkeit geeinigt.“
„Haben wir auch. Nur hat eben jeder sein Spezialgebiet.“
„Und du bist der Ritter der Wüste, stimmt’s?“
Gespielt verwundert fragte er: „Sieht man mir das nicht an?“
„Doch, doch“, versicherte sie ihm scherzhaft. „Aber wir haben schon festgestellt, dass der Schein oft trügt.“
Als er sie ansah, tat er enttäuscht.
„In deinem Fall natürlich nicht“, sagte sie daraufhin. „Du bist wirklich das Urbild eines Wüstenkriegers. Doch jetzt kommen wir zu meinem Fachgebiet. Als Ärztin sage ich dir: Wenn du noch länger halb nackt herumläufst, verkühlst du dich. Erst wenn du vernünftig angezogen bist – so wie ich –, hast du hier wieder etwas zu sagen. Den Weg ins Heck hast du ja schon freigeschnitten. Also setzt
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