Oase der Versuchung
weiter?“
Er schüttelte langsam den Kopf. „Verstehst du denn nicht, dass wir in Lebensgefahr sind?“
„Bisher habe ich geglaubt, dass nur ich in Gefahr bin. Aber ich hatte nicht vor der Wüste Angst …“
„Sondern vor mir!“, stellte Hassan entrüstet fest.
Ungerührt zuckte sie die Schultern. „Richtig. Ich dachte, Sie würden die Situation ausnützen, um mich zum Sprechen zu bringen. Und als klar war, dass ich nichts preisgeben würde, nahm ich nicht an, dass Ihnen mein Wohlbefinden, und vielleicht sogar mein Leben, noch sonderlich am Herzen liegt.“
Hassan spürte das Blut in seinen Adern pulsieren. Er atmete ein paarmal tief durch, ehe er sagte: „Und ich dachte, wir hätten dieses lächerliche Missverständnis, das mich, nebenbei gesagt, tief beleidigt, aus der Welt geschafft!“
Talia sah ihn an, als würde sie bis auf den Grund seiner Seele blicken. „Das schon“, sagte sie zögernd. „Aber erst gerade eben. Und eine neue Meinung über Sie – über dich – muss ich mir erst bilden. Auf die Idee, dass auch du in Gefahr sein könntest, bin ich gar nicht gekommen. Nach der Flucht, den Schüssen und der Notlandung war mir irgendwie … als wären wir bereits in Sicherheit!“
„Wieso?“
„Ich weiß auch nicht. Du hast alles mit Bravour gemeistert – und warst irgendwie völlig unbeeindruckt von der ganzen Situation. Seit wir hier sind, hast du dich anscheinend blendend amüsiert – falls du mich nicht gerade umgarnt oder mir Löcher in den Bauch gefragt hast. Du warst super gelaunt.“
Hassan lachte. „Das liegt nur an dir. Bei allen Widrigkeiten – in deiner Nähe fühle ich mich eben … unbeschwert.“
Sie lächelte herausfordernd. „Als Nächstes behauptest du noch, ich hätte dich gezwungen, mich zu küssen.“
„Das könnte man so sehen. Ansonsten hätte ich ja kaum noch Luft bekommen. Außerdem war ich so dankbar für alles: dass ich dich gefunden habe. Dass du mich gerettet hast. Dass es dich gibt. Und dass du bei mir bist. – Aber am meisten freut mich, dass du mich auch willst.“
Talia blieb erst der Mund offen stehen, dann befeuchtete sie sich die Lippen. Kein Zweifel, sie dachte an den Kuss. Es sah aus, als würde sie ihn noch schmecken. Dann schüttelte sie ärgerlich den Kopf. „Kein Wunder, dass ich mich sicher gefühlt habe. Niemand redet so, wenn er in Lebensgefahr schwebt!“
„Ich schon. Jedenfalls wenn du bei mir bist. – Aber als du mir mit einer zweiten OP gedroht hast, hätte ich es fast mit der Angst zu tun bekommen“, meinte er scherzhaft.
Sie lachte und machte eine beschwichtigende Handbewegung. „Na ja, ich wollte bloß klarstellen, dass nicht nur ich auf dein Wohlwollen angewiesen bin, sondern auch du auf meins. Also sind wir einander ausgeliefert.“
„Wir sitzen beide im selben Boot, will sagen: kaputten Hubschrauber. Wenn wir ausgeliefert sind, dann nur der Wüste. Aber daran hast du anscheinend gar nicht gedacht.“
„Wie hätte ich auch? Wir sind hier notgelandet. Doch du bist Prinz Hassan Aal Shalaan. Wer weiß, welche technischen Möglichkeiten dir zur Verfügung stehen! Ich dachte, du könntest deine Leute zu jeder Zeit an jeden Ort rufen, damit sie dich abholen.“
Bedauernd schüttelte er den Kopf. „Da muss ich dich leider enttäuschen. Mit technischen Spielereien bin ich zwar reichlich ausgestattet, aber leider nützen sie uns gar nichts. Hier gibt es im Umkreis von dreihundert Kilometern keinen Empfang.“
Talia sah ihn mit großen Augen an. „Soll das heißen, deine Leute wissen nicht, wo du bist?“
„Erraten.“
Einen Moment kämpfte sie gegen ihre Furcht, doch dann kam ihr ein Gedanke. „Wenn das so ist, werden bestimmt Einheiten losgeschickt, um die Wüste zu durchkämmen.“
„Ja, das schon. Nur wird es mindestens eine Woche dauern, bis sie uns finden. Und unser Wasser reicht nur für ein paar Tage.“
„So lange kann das unmöglich dauern! Sicher sind die Trupps auf dem neuesten Stand der Technik. Schließlich suchen sie nicht irgendwen, sondern ihren hoch geschätzten Prinzen. Bestimmt ist es nur eine Frage von Stunden, bis sie hier sind.“
Hassan hätte sie am liebsten an sich gezogen, um ihr Mut zu machen. Natürlich würde er sie in Sicherheit bringen. Aber es standen ihnen große Strapazen bevor, auf die er Talia erst einmal vorbereiten musste. „Ohne mich sind meine Männer garantiert zum Ausgangspunkt unserer Expedition zurückgekehrt. Doch sie wissen ja nicht, in welche Richtung ich geflogen
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