Ob das wohl gutgeht...
Laken wegzog.
»Doktor«, sagte sie, »ich bin in meinem ganzen Leben noch nicht im Krankenhaus gewesen.«
Natürlich war es Lulus Fehler, daß sie die Karteikarten durcheinandergebracht und Mrs. Gwynneth mit Mrs. Myfanway Evans verwechselt hatte, aber es war doch auch mein Fehler, denn ich kannte beide Frauen seit vielen Jahren und hätte besser aufpassen sollen. Es war mir so peinlich, daß ich meinen Zorn an Lulu ausließ, die heulend nach Hause ging.
Als Fred und Sylvia heimkamen und von dem purpurnen Kokosläufer berichteten, war ich in ausgesprochen schlechter Stimmung. Ich war mit meinen Patienten sozusagen groß geworden und mit vielen seit Beginn meiner Praxis bekannt. Wenn sie nun für mich nur noch Notizen auf einer Karteikarte bedeuteten, dann konnte irgend etwas nicht mehr stimmen.
»Wann wird unser verdammtes Elendsquartier endlich fertig sein?« fuhr ich Sylvia an.
»Ich habe dir doch gesagt, in etwa drei Monaten. Und du brauchst dich gar nicht so zu benehmen.«
»Erst hast du gesagt, in zwei Monaten!« schrie ich.
»Nun, sie haben Schwierigkeiten mit der Baubehörde. Irgend etwas mit den Fundamenten...«
»Nun, wenn du es nicht bald fertigbringst, daß wir umziehen, werde ich überhaupt nicht gehen!« schrie ich weiter. Daraufhin brach Sylvia in Tränen aus. Ich wandte meine Aufmerksamkeit nun Fred zu und war gerade dabei, an ihm meinen restlichen Zorn abzukühlen, als das Telefon läutete.
Ich sah Fred an und er mich.
»Sie haben Dienst, Mann!«
»Eigentlich haben Sie Dienst, ich habe Ihnen nur einen Gefallen getan, weil Sie und Sylvia...«
»Nur keine Aufregung, Mann!« sagte Fred sanft, nahm den Telefonhörer zur Hand und ließ mich beschämt über mein flegelhaftes Benehmen stehen. »Nur keine Aufregung!«
Er lauschte eine Ewigkeit ins Telefon, was mich neugierig werden ließ. Schließlich sagte er ein paar beruhigende Worte und daß er sofort kommen werde.
»Jimmy Roberts«, sagte er, als er den Hörer auflegte. »Er schreit unaufhörlich seit heute früh, und Mrs. Roberts ist, wie sie sagte, mit ihrem Latein am Ende.«
»Das überrascht mich nicht«, sagte ich. »Ihr Mann ist gestern nacht gestorben. Kommodore Roberts, du weißt schon, Sylvia. Koronar-Thrombose, nein, vielleicht weißt du es nicht, du hast schon fest geschlafen.«
»Ich habe dich nur etwas murmeln hören, als du zurückkamst.«
»Ich war erschüttert, dreiundvierzig wäre er geworden. Ich werde hingehen und Jimmy ansehen, Fred. Sie dürfen sich weiter mit dem Kokosläufer beschäftigen.«
»Wie Sie wollen, Mann.«
»Es liegt wahrscheinlich sowieso mehr auf meiner Linie.«
»O.K., Mr. Freud.«
Mrs. Roberts war, wie sie Fred gesagt hatte, tatsächlich »mit ihrem Latein am Ende«.
»Jimmy ist völlig außer Rand und Band, und ich kann es einfach nicht mehr aushalten«, sagte sie. »Er gibt seit heute früh keine Ruhe, schreit ununterbrochen. Wenn man mit ihm spricht, reagiert er ungezogen. Und dabei war er immer so ein guter Junge.«
»Es ist ganz natürlich, daß er so reagiert, Mrs. Roberts.«
»Er ist nicht nur erregt, er benimmt sich einfach merkwürdig. Wie ein Fremder, er stößt mich weg. Ich kann das nicht mehr aushalten, Doktor, sonst hätte ich Sie bestimmt nicht um diese Zeit noch angerufen.«
Während wir die Treppe hinaufstiegen, konnte ich bereits die tierähnlichen Schreie hören, die aus Jimmys Zimmer drangen.
Er saß steil aufgerichtet und weiß vor Anstrengung auf seinem Bett und schrie. Es war kaum glaublich, daß ein Kind eine solche Lautstärke hervorzubringen vermochte.
»Der Doktor ist da«, sagte Mrs. Roberts.
Das Geschrei ließ nicht eine Sekunde nach. Er schien keine Notiz von unserer Gegenwart zu nehmen.
»Jimmy, bitte! Der Doktor ist gekommen!«
»Ich will den Doktor nicht.« Seine Stimme klang heiser.
»Er will dich untersuchen und sehen, was dir fehlt.«
»Mir fehlt gar nichts.«
Meine Trommelfelle waren am Platzen.
»Er scheint völlig verstört zu sein«, sagte ich. »Vermutlich ist es der Tod seines Vaters.«
»Er ist nicht tot«, jammerte Jimmy. »Nein! Nein!«
Mrs. Roberts setzte sich neben ihn aufs Bett und versuchte, ihren Arm um ihn zu legen. Er stieß sie heftig weg. »Jimmy, Liebling, ich versuche seit heute früh, dir das zu erklären. Ich mußte es ihm sagen«, sagte sie zu mir.
»Sie lügt!« Jimmy schrie weiter und versuchte sich in die Ecke des Zimmers zu verkriechen.
»Ich wünschte, es wäre so.« Mrs. Roberts war nun selbst in Tränen.
»Deine
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