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Ob das wohl gutgeht...

Ob das wohl gutgeht...

Titel: Ob das wohl gutgeht... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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schließlich und endlich nachgab. Sie versuchte mir die harte Nuß mit Erzählungen über unsere zukünftigen Nachbarn zu versüßen, von denen sie durch Miss Pollock bereits einiges erfahren hatte. Es gab einen Lord und eine Lady Sowieso - vielleicht war es aber auch ein Sir, das wußte sie nicht genau - und einen berühmten Schauspieler mit Frau, die allerdings nicht seine richtige Frau war, weil diese nicht in die Scheidung ein willigte; und einen Harley-Street-Arzt, bei dem ich sie ungezogenerweise daran erinnerte, daß Harley Street eine Adresse und nicht eine Qualifikation sei; und einen Gerichtspräsidenten, der sich dann als ein Scheidungsanwalt entpuppte; und einen Mann, dem unzählige Supermärkte gehörten (Leiter einer Filiale, vermutete ich), und, wie sie glaubte, auch irgendeinen Künstler - sie war nicht sicher, ob Miss Pollock nicht von einer Künstlerin gesprochen hatte doch das herauszufinden würde Spaß machen, und vielleicht könnten wir sogar einen Kirchpark-Anlagen-Klub gründen, was für mich einen Beigeschmack von verirrten Schafen hatte. Auch sagte Sylvia, unsere weißen Mäuse und der Goldfisch müßten verschwinden, es sei denn, wir versteckten sie, weil der Vertrag eine entsprechende Klausel enthalte. Ich entgegnete ihr, daß weder weiße Mäuse noch Goldfische dazu neigten, Lärm zu machen, aber sie sagte, daß es nicht darum ginge; wir dürften jedenfalls nicht gleich zu Anfang als aufsässige Mieter auftreten und uns unbeliebt machen. Ich stimmte ihr zu und sagte: »Besonders wenn wir aus mindestens fünfhundert Fenstern des gegenüberliegenden Wohnblocks beobachtet werden.«
    Sylvia hatte ihren Willen durchgesetzt, aber ich fand nachts kaum noch Schlaf. Stundenlang wachliegend, malte ich mir aus, wie verrückt es sein würde, täglich in die Praxis zu fahren, anstatt wie jetzt nur die Treppe hinunterzusteigen, oder nach dem Heimkommen mich sofort wieder in den Wagen zu setzen, um Patienten zu besuchen, die vorher direkt um die Ecke gewohnt hatten.
    In einer solchen schlaflosen Nacht kam mir plötzlich ein Gedanke. Ich stieß Sylvia an. »Er wird nicht hineinpassen.«
    »Wer?« Sie drehte sich auf die andere Seite.
    »Unser Eßzimmertisch.«
    »Eßzimmertisch? «
    »Ja. Er dürfte bis hinaus in den Park reichen; sofern wir ihn überhaupt durch die Treppe hinaufbekommen, was ich bezweifle.«
    »Wie spät ist es?«
    »Drei Uhr. Jemand muß schließlich an diese Dinge denken.«
    »Aber nicht zu dieser heidnischen Stunde. Außerdem habe ich bereits darüber nachgedacht.«
    »Und mit welchem Ergebnis?«
    »Er geht nicht hinein.«
    »Und was werden wir tun?«
    »Ihn verkaufen.«
    »An Fred?«
    »Nein. Fred will überhaupt keine Möbel haben.«
    »Er braucht schließlich Möbel.«
    »Möbel, sagt Fred, sind nur eine Last.«
    »Ach, tatsächlich? Nun, hast du in deinen Plänen auch die Kosten für die Anschaffung neuer Möbel berücksichtigt?«
    »Arterie!« sagte Sylvia und versuchte weiterzuschlafen. Ich weckte sie nochmals auf.
    »Was ist das?«
    »Arterie? Ist doch voll von günstigen Gelegenheiten. Wir können das Haus für einen Pappenstiel möblieren.«
    Arterie war ein Monatsmagazin, das von einer Apotheker-Vereinigung für die medizinischen Berufe herausgegeben wurde. Es hatte einen kostenlosen Anzeigenteil, dessen Spalten ebenso seltsam wie vollgestopft waren. Glaubte Sylvia vielleicht, daß wir unser neues Haus mit einem »kompletten Satz menschlicher Knochen in gutem Zustand«, einem »Blaue-Berge-Zelt«, einem »34er Kombiwagen« oder »zwei erstklassigen Ambulanzwagen« einrichten konnten? Ich las am folgenden Morgen laut vor, was sie anzubieten hatten, während Sylvia ihr Bad nahm. Da gab es eine Nußbaumgarderobe und einen Frisiertisch mit sieben Schubladen und großem Spiegel - Gott weiß, was sie da hineinlegen würde! -, eine »antike, geschnitzte, florentinische Anrichte«, ein »herrliches bayerisches Porzellan-Kaffeeservice, handgemalt, mit Fasanenmuster«, einen »eleganten, kaum getragenen, gefärbten Bisamkragen« oder eine »Schiffsarztuniform für schlanken, hochgewachsenen Träger«.
    »Und was bietet der Röntgenstrahl an?« fragte sie unvermittelt aus dem Bad. »Da ist auch immer viel zu finden.«
    Es stimmte. Ein »Großer Gitarrenkasten, spanisch, in gutem Zustand«, einen »fünfsitzigen Caravan«, »Kilt, Schottenmuster«, »Fernlehrkursus in Physiologie, komplett, mit Fragen und Antworten«, eine »Angelrute, neun Fuß lang, dreigeteiltes Rohr, mit

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