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Obduktion

Obduktion

Titel: Obduktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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sein könnte …« Shawn zögerte und schaute abwechselnd Sana und Jack an.
    »Ist ja gut. Jetzt sag schon!«, protestierte Sana. Ihr Puls raste immer noch.
    »Wir sind ganz Ohr«, stimmte Jack zu. »Leg los!«
    »Seid ihr auch sicher, dass ihr bereit seid?«, neckte Shawn sie, um die Spannung zu steigern.
    »Ich gehe jetzt ins Labor zurück und mache einen neuen Durchlauf«, sagte Sana und stieß sich von dem Tisch ab, an dem sie lehnte.
    »Warte!«, sagte Shawn und hielt sie am Arm fest. »Ich sag’s euch, versprochen!«
    »Du hast genau fünf Sekunden, oder ich gehe ins Labor«, sagte Sana. Sie hatte genug davon und wollte sein Spiel nicht länger mitspielen. Sie war zu aufgeregt.
    »Lasst uns für einen Moment diese palästinensische Frau vergessen. Wir haben zwei identische Proben. Die der matrilinearen Eva und die der Frau aus dem Ossuarium. Abgesehen davon, dass sie die gleiche mitochondriale DNA haben, worin ähneln sie sich?«
    Sana sah zu Jack, der ihren fragenden Blick zurückgab. »Sie waren keine Zeitgenossen, falls du das denkst«, sagte Sana. »Die matrilineare Eva hätte vor vielen Hunderttausend Jahren gelebt.«

    »Nein, nein«, sagte Shawn. »Das ist nicht ihre Gemeinsamkeit. Lasst es mich noch mal anders versuchen. Ich glaube, dass die Knochen in dem Ossuarium die von Maria, der Mutter von Jesus von Nazareth, sind. Lasst uns mal für einen Moment davon ausgehen, dass das so ist. Das würde sie für viele, viele Menschen zu außergewöhnlich heiligen Gegenständen machen. Könnt ihr mir folgen?«
    »Natürlich«, sagte Sana ungeduldig.
    »Nun, wenn wir jetzt auch ein paar Knochen von der matrilinearen Eva hier hätten, was wäre bei beiden gleich, abgesehen von der mitochondrialen DNA-Sequenz?«
    »Vielleicht hätte sie auch dieselbe Kern-DNA«, schlug Jack vor.
    »Ja, vielleicht, aber das ist nicht die Antwort, die ich hören wollte«, sagte Shawn, genauso ungeduldig wie Sana. »Denk mal aus theologischer Sicht.«
    Jack schüttelte den Kopf, während er zu Sana blickte. Sie schüttelte ebenfalls den Kopf. »Du wirst uns schon sagen müssen, was du hören willst.«
    »Theologisch gesprochen wurden beide direkt von Gottvater geschaffen. Erinnert ihr euch an den katholischen Festtag, den James am vergangenen Sonntag gefeiert hat? Es war das Fest der unbefleckten Empfängnis, und dabei geht es darum, wie aus Maria die sündenfreie Mutter Christi wurde. Und auch Eva war am Anfang frei von Sünde, und weil sie die erste Frau war, gab es niemanden außer Gott, der sie hätte erschaffen können. Überlegt mal, wie viele Vorlagen wird Gott wohl für die Erschaffung des Menschen gehabt haben? Ich würde annehmen, es war nur eine, und wenn ich das in der Sprache der mitochondrialen DNA-Sequenzen beschreiben sollte, ist das, was wir hier vor uns haben, die eine. Er benutzte sowohl für Eva als auch für Maria dasselbe Rezept,
und das Interessante daran ist, dass sie sich so unterschiedlich entwickelt haben, obwohl sie doch eigentlich Zwillinge sind.«
    Ein paar Minuten lang sprach keiner ein Wort. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, bis Jack das Schweigen brach: »Wenn das wahr ist, dann habt ihr beide zufällig, aber wissenschaftlich, die Existenz Gottes bewiesen.«
    Shawn und Sana lachten vergnügt und fielen sich um den Hals, obwohl Sana noch ihre komplette Schutzkleidung trug. »Unsere Fachaufsätze werden zu Klassikern, noch ehe sie überhaupt veröffentlicht sind«, rief Shawn und löste sich von Sana. »Ich muss zurück an die Arbeit! Ich kann es kaum erwarten, alle drei Schriftrollen zu übersetzen. In meinem ganzen Leben war ich noch nie so aufgeregt wegen ein paar Seiten Papier.«
    »Ich werde noch ein paar Proben durchlaufen lassen, nur um ganz sicherzugehen«, verkündete Sana.
    »Und während ihr das tut«, sagte Jack und stand auf, »werde ich nach Hause fahren und meine Frau überreden, sich eine Pause zu gönnen.« Doch eigentlich hatte Jack etwas ganz anderes vor. Er hatte am Morgen mit JJs Kinderonkologen im Memorial telefoniert und ihn gefragt, ob sie JJ für ein neues Blutbild in die Klinik bringen sollten, um den Stand seiner allergischen Reaktion gegen das Mäuseprotein zu überprüfen.
    »Herzlichen Glückwunsch«, rief Jack, als er die Tür zum Flur öffnete. Shawn und Sana winkten ihm zu. Sana war auf dem Weg in den Umkleideraum, um noch einmal die Schutzkleidung zu wechseln. Shawn entfaltete schon wieder akribisch seine Schriftrollen. »Um welche Uhrzeit morgen früh?«, rief

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