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Obduktion

Obduktion

Titel: Obduktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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weiß, dass ich Überraschungen liebe. Ehrlich gesagt war ich dumm genug zu glauben, es wäre ein Geschenk zu meinem bevorstehenden Geburtstag. Inzwischen weiß ich, dass es das
nicht ist, aber die Überraschung ist viel größer geworden, als ich es mir jemals hätte vorstellen können.«
    »Ach ja«, sagte Jack, und sein Gesicht hellte sich auf. »Du hast bald Geburtstag. Ich glaube, es ist sogar morgen, am 6. Dezember – stimmt’s?«
    »Er hat mir schon seit ewigen Zeiten nichts geschenkt«, fuhr James fort und überging Jacks Frage. »Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht mehr, wie ich auf die Idee kommen konnte, er würde mir dieses Jahr ein Geschenk machen. Aber weil Shawn sowohl Bibelforscher als auch Archäologe ist, dachte ich, es könnte vielleicht ein schönes frühchristliches Relikt sein. Ich hatte ja keine Ahnung.«
    »Und – ist es das?«, fragte Jack.
    »Lass mich zu Ende erzählen«, sagte James. »Damit du begreifst, warum ich in so einer schwierigen Situation bin.«
    Jack nickte. Seine Neugierde war gewachsen. Wahrscheinlich befand sich eine Antiquität in der Kiste. Irgendetwas Ungewöhnliches, nach James’ Reaktion zu schließen.
    »Weil er die Kiste aus dem Vatikan heraus als meinen persönlichen Besitz verschickte, wurde sie vom Zoll nicht weiter untersucht. Weder in Italien noch hier in New York. Sie kam mit dem Overnight-Kurier per Luftfracht und wurde vom JFK-Flughafen direkt hierher gebracht. Weil ich sie für ein Geburtstagsgeschenk hielt, ließ ich die Kiste zu meinen anderen persönlichen Sachen bringen. Wie versprochen, kam Shawn gestern direkt vom Flughafen hierher, kurz nachdem die Kiste angekommen war. Er war in einer sehr eigenartigen Stimmung, angespannt und ziemlich aufgeregt. Er brannte darauf, die Kiste zu öffnen, ich nicht minder, um zu schauen, ob der Inhalt unversehrt geblieben war. Also gingen wir hier herunter, zerschnitten die Metallbänder und schraubten den Deckel
der Holzkiste ab. Zuerst konnte man nur Schaumstoff sehen, weil das Objekt extrem gut eingepackt war. Aber als das oberste Stück Schaumstoff entfernt wurde, so wie ich es jetzt mache, bot sich mir dieser Anblick.« James schob die Finger zwischen das raue Holz und das Verpackungsmaterial und hob Letzteres an.
    Jack beugte sich nach vorn. Es war nicht besonders hell in dem Keller, aber er konnte deutlich einen matten, rechteckigen Stein mit einer flachen, zerkratzten Oberfläche erkennen. Er war nicht sehr beeindruckt. Er hatte erwartet, dass ihm gleich etwas ins Auge springen würde, ein vergoldeter Kelch oder eine Statue oder vielleicht eine schwere Goldschatulle. »Was ist das?«, fragte Jack.
    »Das ist ein Ossuarium. Zur Zeit Christi, plus/minus hundert Jahre, legte man bei jüdischen Begräbnissen in Palästina die Körper der Verstorbenen zunächst ein Jahr lang oder länger in eine höhlenartige Gruft, damit der Körper verwesen konnte. Danach kehrten die Angehörigen zurück, sammelten die Knochen ein und legten sie in ein Behältnis aus Kalkstein. Je nach Wohlstand der Familie war es unterschiedlich groß und verziert. Einen solchen Behälter nennt man Ossuarium.«
    »Gab es nicht kürzlich eine Debatte über ein Ossuarium, auf dem angeblich die Inschrift ›Jakobus, Sohn des Joseph, Bruder des Jesus‹ gefunden wurde?«
    »Ganz genau. In der Tat wurden in letzter Zeit einige Ossuarien mit Inschriften entdeckt, aus denen hervorging, dass sie die sterblichen Überreste von Jesus Christus und seiner nächsten Familie enthielten. Natürlich stellte sich jedes Mal heraus, dass alles reiner Schwindel war, den sich ein paar skrupellose Fälscher ausgedacht hatten. Wegen des Baubooms sind in Jerusalem in den letzten zwanzig Jahren Tausende von Ossuarien aus dem ersten Jahrhundert gefunden worden. Es ist schwer, kein Ossuarium
zu finden, wenn man in dieser Stadt gräbt. Ich bin sicher, dass sich auch dieses Ossuarium als eine dieser Fälschungen erweisen wird, mitsamt seinem angeblichen Inhalt, sofern vorhanden.«
    »Wessen Überreste sollen denn da drin sein?«, fragte Jack neugierig.
    »Die der heiligen Maria, Mutter Christi, Gottesmutter, Kirchenmutter, nach Christus selbst das heiligste Wesen, das je auf der Erde wandelte«, antwortete James, der sichtlich um den richtigen Ausdruck rang.
    Fast eine volle Minute lang starrten James und Jack einander an. Jacks Enttäuschung über den Inhalt der Kiste war noch gewachsen. Eine Schachtel voller Knochen interessierte ihn nicht, und Schätze hatten eine viel

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