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Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Titel: Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerbrand Bakker
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sie fast so häßlich ist wie sie, aber bei Ada liegt das an einer nicht sehr sorgfältig korrigierten Hasenscharte. Ihre Jungen sind Prachtexemplare, mit weißblondem Haar und langen Wimpern – und makellosen Mündern. Ada ist nicht von hier, und vielleicht weiß sie gerade deswegen über jeden in der näheren und weiteren Umgebung so genau Bescheid.
    Ich gieße uns eine zweite Tasse Kaffee ein und unterdrücke ein Gähnen. Ich habe Ada gern, aber ihre Begeisterung und Mitteilsamkeit sind jedesmal ein bißchen viel für mich, vor allem, wenn ich gerade gemolken und das Jungvieh gefüttert habe.
    »Du hast also mit deinem Vater das Schlafzimmer getauscht. Wie geht’s ihm denn? Kann ich gleich kurz zu ihm?«
    »Kannst du gerne«, sage ich. »Obwohl«, lüge ich dann, »er schläft, laß ihn jetzt lieber liegen.«
    Ada trinkt ihren Kaffee und schielt über den Rand ihres Bechers zu mir herüber. »Alt«, sagt sie. »Wie kommst du bloß da drauf? Du hast einen hübschen Kopf, wunderbar dichtes Haar und kein Gramm Fett zuviel am Leib.«
    Ich spüre, daß ich rot werde, und ich bin machtlos dagegen. Nicht nur, weil Ada sagt, daß ich einen hübschen Kopf habe, sondern vor allem, weil ich gelogen habe und Vater mich jeden Moment entlarven kann. Er schläft nicht.
    »Und jetzt wirst du rot wie ein Schuljunge!«
    Ada sitzt auf meinem alten Platz. Da sitzt sie immer, wenn sie hier ist, weil sie durchs Seitenfenster den Hofihres Mannes sieht und deshalb die Vorstellung hat, daß sie so ein Auge auf alles haben kann, obwohl der Hof gut fünfhundert Meter entfernt ist. Ich sitze auf Mutters Platz. Die Nebelkrähe sitzt jetzt schon seit über einer Woche immer auf demselben Ast in der Esche. Nikolaus ist gekommen – aber nicht zu uns – und wieder gegangen. Heute haben wir Samstag, die Sonne scheint, und es ist windstill. Ein klarer Dezembermorgen, an dem alles sehr kahl und scharf umrissen wirkt. Ein Heimwehtag. Wobei dieses Heimweh keine Sehnsucht nach zu Hause ist, da bin ich ja, sondern nach genau solchen Tagen vor langer Zeit. Dann nennt man es anders, sagen wir also Wehmut. Ada würde das nicht verstehen. Weil sie nicht von hier ist, kann sie genau solche Tage vor langer Zeit und an diesem Ort nicht kennen.
    »Hast du hier schon mal eine Nebelkrähe gesehen?« frage ich.
    »Was ist das?«
    »In der Esche sitzt eine.«
    Sie steht auf und schaut durchs Vorderfenster. »Was ist die groß«, sagt sie.
    »Die sitzt da schon seit Tagen und starrt mir den Käse vom Brot.«
    »Lustig«, sagt Ada. Es interessiert sie nicht. Sie dreht sich um und setzt sich wieder hin. Wenn sie spricht, hört es sich an, als hätte sie einen Wattebausch im Mund. Das dürfte mit der Gaumenspalte zusammenhängen. »Was war das mit den Eseln?«
    »Die Jungs hatten das Gatter offengelassen.«
    »Ich werd ihnen sagen, daß sie das nie mehr machen dürfen.«
    »Das hab ich schon.«
    »Ist der Arzt noch mal dagewesen?«
    »Ja, ja.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Das Alter. Er ist einfach alt. Alt und vergeßlich. In letzter Zeit erzählt er auch so komische Sachen.«
    »Was für Sachen?«
    »Ach, alles mögliche. Von früher. Manchmal weiß ich gar nicht, was er meint.« Ich mache eine unbestimmte Handbewegung vor meiner Stirn.
    »Und nun?«
    »Wie, und nun?« Ich stelle meinen Kaffee ab und versuche mit der linken Hand das Glühen von meiner Stirn zu reiben. Mit der linken, weil die Hand dann zwischen Ada und mir ist.
    »Soll ich nicht ab und zu mal vorbeischauen? Ich kann mich gern ein bißchen um ihn kümmern.«
    »Nein nein, ich komme sehr gut zurecht. Es ist ja bald Winter, das einzige, was ich jetzt mache, ist Melken.«
    »Gut.« Sie hat ihren Kaffee ausgetrunken, rutscht auf ihrem Stuhl etwas nach vorn und lehnt sich zurück. Sie starrt durch das Seitenfenster. »Nein, Klaas van Baalen, der ist alt. Du kannst ausgezeichnet für dich selbst sorgen.« Sie starrt weiter nach draußen, sie denkt nach. Vielleicht fragt sie sich, warum Vater oben liegt und warum ich die Böden blaugrau gestrichen habe. »Der redet auch mit niemandem«, sagt sie dann, »der ist menschenscheu und einsam, und seit man seine Schafe abgeholt hat, hat er gar nichts mehr.« Sie schaudert. »Schrecklich.«
    »Ja«, sage ich. Das ist schrecklich.
    »Warum hast du nie geheiratet, Helmer?«
    »Was?«
    »Geheiratet.«
    »Dafür braucht man eine Frau«, sage ich.
    »Ja, aber warum hast du die nicht?«
    »Ach . . .«
    »Dein Bruder damals, der hatte doch eine Freundin? Wollten die

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