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Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Titel: Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerbrand Bakker
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kann es nicht hören, weil die Nebelkrähe zu schreien anfängt. Sie kommt hinter dem Haus hervor und fliegt gegen Henks Stirn. Sie schlägt wild mit den Flügeln, um in der Luft zu bleiben, und stößt sich mit den Beinen von Henks Schädel ab, während das Fahrrad und Henk unter ihr wegkippen. Noch einen Augenblick bleibt sie über ihm hängen, fast wie ein rüttelnder Riesen-Turmfalke, der eine Maus erspäht hat, dann steigt sie auf und fliegt zwischen den Bäumen an der Eselkoppel hindurch, Richtung Marken.
    »Henk ist gestürzt«, sagt Ronald.
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    »Henk ist gestürzt«, hat Ronald gesagt. »Ist über den Haufen geflogen worden«, würde ich sagen. Als ich zu ihm kam, versuchte er aufzustehen. Er schaffte es gerade mal, sich auf Hände und Knie zu stützen, das Blut floß ihm über die Stirn. Ich sagte ihm, daß er sitzenbleiben sollte. Ronald wuchtete das Fahrrad hoch, aber weil es Vaters altes Rad ist, ein schweres, solides Rad,rutschte ihm der Lenker aus der Hand. Der Sattel traf Henk im Rücken.
    »Laß nur, Ronald«, sagte ich.
    »Was ist passiert?« fragte Henk.
    »Ich hol den Verbandkasten.«

    Als ich wieder aus der Milchkammer kam, stand Ronald neben Henk, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und schaute sich um. »Er hat überhaupt nichts gesagt«, teilte er mit. »Aber er hat auch nicht geweint.«
    Ich kniete mich hin und tupfte mit einem sauberen, angefeuchteten Geschirrtuch das Blut von Henks Kopf.
    Ronald sah mir über die Schulter. »Soo ein Schnitt!« rief er, und ich überlegte nicht mehr, ob ich die Wunde selbst versorgen könnte. Ich beschloß, den Hausarzt zu überspringen, und fuhr direkt zum Krankenhaus in Purmerend. In der Ambulanz warteten schon ein paar Leute, aber Henk wurde vorgezogen, ich glaube, wegen des blutgetränkten Geschirrtuchs, das er an den Kopf preßte. Die größte Wunde – die Schnabelwunde – wurde gesäubert und genäht. Die Schrammen – von den Klauen der Nebelkrähe – nur gesäubert. Ob mein Sohn in den letzten Jahren eine Tetanusimpfung bekommen habe, wollte der Arzt wissen. Ich fragte Henk, und weil der nichts von einer Impfung wußte, bekam er nun noch eine Spritze. Der Arzt war froh, daß Henk so kurze Haare hatte. Er legte dicken Gazeverband auf die genähte Wunde und zog ihm eine Art elastische Badekappe mit feinen Maschen über den Kopf. So etwas sei ihm noch nie untergekommen, er habe nicht einmal gewußt, daß es Nebelkrähen gibt. Sehr originell, sagte er lächelnd zu Henk, sich auf diese Art einen Schnitt in der Kopfhaut zuzulegen. Henk konnte nicht darüber lachen.
    Auf der Rückfahrt saß Henk schweigend und mit stierem Blick neben mir. »Mein Sohn«, sagte ich. Er fand das nicht lustig und seufzte tief. Seine Haare waren ganz unter der komischen Verbandmütze verschwunden, und wenn diese Mütze nicht gewesen wäre und er nicht so tief geseufzt hätte, dann hätte ich jetzt in sein Haar gegriffen. Als ich auf den Hof einbog und um Vaters Rad herumfahren wollte, sah ich, daß es vor der Hauswand lag. Ronald hatte sich also doch noch nützlich machen wollen, bevor er nach Hause ging. Im Flur packte ich Henk an beiden Ellbogen und drehte ihn zum Spiegel. Er wich seinem eigenen Blick aus, und einen Moment dachte ich, er würde gleich sein Spiegelbild anspucken.

    Jetzt sitzt er schon seit einer halben Stunde im Wohnzimmer auf dem Sofa. Er sagt nichts, der Fernseher ist nicht eingeschaltet. Ab und zu reibt er mit der rechten Hand über seinen linken Oberarm. Er will keinen Kaffee, er will nichts essen. Die Nebelkrähe ist noch nicht auf ihren angestammten Platz zurückgekehrt.

    Natürlich brauche ich keine Hilfe, um die Esel auf ihre Koppel zu bringen. Ich öffne das Gatter, gehe zum Stall, mache auch dort das Gatter auf und wandere langsam zur Eselkoppel zurück. Sie kommen hinter mir her, schlagen aus und schreien, überholen mich aber nicht. Kurz vor dem geöffneten Gatter mache ich ihnen Platz. Erst dann springen sie an mir vorbei und traben ein paar Runden. Als sie sich wieder etwas beruhigt haben, beschnuppern sie den neuen Zaun. Ich schließe das Gatter, mache den Strick fest und gehe dicht am Drahtgeflecht entlang zur Straße. Die Narzissen am Fuß der Baumstämme müssen jetzt jeden Tag herauskommen. Esnieselt noch. Ich gehe um die Ecke und folge dem neuen Zaun, bis ich bei den Resten des Knechtshauses ankomme. Auf den letzten zwanzig oder dreißig Metern laufen die Esel auf der anderen Seite neben mir her. Sie glänzen vor Nässe und

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