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Oben ohne

Oben ohne

Titel: Oben ohne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Heeg
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weiß ja auch, dass ich in Köln war. Es hilft nichts, ich muss offen mit ihr reden.
    »Hallo, Oma.«
    »Hallo, Evelyn, schön, dass du anrufst. Wie war es in Köln?«
    Toll, sie bringt es gleich selbst zur Sprache, das hilft mir natürlich!
    »Sehr interessant. Und es fühlt sich gut an, die Sache in Angriff genommen zu haben. Ich bin sicher, dass ich das Richtige tue. Die Ärztin dort war auch sehr nett.«
    »Das hört sich gut an. Und wie war es bei Anette? Wie geht es ihr?« Sie wechselt gleich wieder das Thema. So richtig schmeckt ihr die Geschichte doch noch nicht. Aber das muss ich jetzt ignorieren.
    »In Köln habe ich einiges Neues erfahren. Der Gentest wird am sichersten, wenn zunächst einmal dein Blut untersucht wird.«
    »Evelyn, das geht nicht. Ich bin nicht mehr so fit, dass ich nach Köln fahren kann. Das ist mir alles zu viel.«
    »Du brauchst gar nicht nach Köln zu fahren, Oma. Ich schicke dir ein Schreiben zu, das du das nächste Mal mit zu deinem Hausarzt nimmst. Du brauchst auch gar keinen extra Termin. Wenn du sowieso da bist, nimmst du den Schrieb mit, und er organisiert dann alles Weitere. Mehr musst du nicht machen. Bitte, es ist sehr wichtig für mich.«
    »Oh, Evelyn, muss das alles sein? Warum ausgerechnet ich?«
    »Oma, das kann ich auch nicht ändern.«
    Ich merke, dass ich sogar etwas wütend werde. Mir liegen Sätze wie »Mir wäre es auch lieber, meine Mutter würde noch leben und ich hätte solche Sorgen gar nicht« auf der Zunge. Aber das würde uns jetzt nicht weiterbringen. Immerhin kommt sie nicht wieder mit der leidigen Schuldfrage. Aber sie will weiterhin nichts damit zu tun haben. Klar, das ist völlig verständlich, drei von vier ihrer Töchter sind am Krebs gestorben. Und ich wühle in den alten Wunden. Es tut mir weh, so hart zu ihr zu sein. Aber ich habe auch Gründe. Und letztendlich tut sie es nicht nur für mich. Schließlich lenkt sie ein.
    »Also, du schickst mir den Schrieb, und ich lasse mir einen Termin beim Hausarzt machen. Und du sagst, ich muss nur damit hingehen? Das ist dann alles klar?«
    »Ja, Oma, mehr ist es nicht. Er weiß dann, was zu tun ist. Und du brauchst dich auch nicht zu beeilen. So dringend ist es nicht.«
    »Doch, das erledige ich schon schnell. Und wir telefonieren dann wieder.«
    »Okay, so machen wir es. Mach’s gut.«
    Nach dem Auflegen muss ich erst mal durchschnaufen. Jetzt war sie wieder sehr kurz angebunden. Aber sie will mir helfen, auch wenn es ihr furchtbar schwerfällt, das ist klar. Ich bin froh, dass ich das Gespräch hinter mir habe. Allerdings habe ich so meine Zweifel, ob das alles klappt. Weiß der Hausarzt wirklich, was zu tun ist? Oma wird ihm sicherlich nichts erklären können. Nun denn. Ich kann jetzt auch nichts daran ändern. Die Kölner werden sich schon melden, wenn sie kein Blut bekommen. Als Informationen zu meiner Familie fehlten, haben sie mich ja auch schriftlich informiert.

EIN WUNDERBARER STAMMBAUM
    Oktober 2003

    Hinter Frankfurt schlängelt sich die Autobahn über Hügel Richtung Köln. Die neue ICE-Strecke verläuft parallel, aber nimmt die Täler mit protzigen Brücken und durchsticht die Hügel in zahllosen Tunnels. Ab und zu prescht ein Zug mit mehr als doppelter Geschwindigkeit an uns vorbei und degradiert uns zu Spielzeugautos. Es ist Ende Oktober 2003, und wir sind auf dem Weg zu einer Tagung, die das Brustkrebszentrum in Köln ausrichtet. Vor einigen Wochen lag ein Schreiben im Briefkasten, das uns zu dem Symposium über erblichen Brustkrebs einlud. Evelyn war zunächst nicht sonderlich begeistert von der Idee, aber ich wollte hinfahren. Der Termin lag am Anfang der Herbstferien, ich hatte sowieso eine Woche Urlaub.
    »Wenn wir morgens losfahren, sind wir pünktlich zum Beginn der Tagung gegen 13 Uhr in Köln.« Evelyn ließ sich schließlich überzeugen.
    Während wir über die hessischen Hügel fahren, will ich wissen, wie Evelyn sich fühlt, aber sie ist wortkarg und sieht genervt aus dem Fenster. Den halben Weg über hat sie Material für eine Freiarbeit ihrer Klasse ausgeschnitten und den Innenraum in eine Schnipselhölle verwandelt. Meine Stimmung ist ebenfalls nicht sonderlich toll, der Anlass für einen Wochenendausflug könnte durchaus angenehmer sein. Aber andererseits langweilt mich mein Job in der Bank gerade mächtig, und so bin ich froh über jede Abwechslung. Und längst ist uns auch klar geworden, dass es nie ein Fehler ist, möglichst viele Informationen zu sammeln.
    Parkplätze um

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