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Oben ohne

Oben ohne

Titel: Oben ohne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Heeg
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ich will da echt nicht darüber nachdenken. Ich vertraue darauf, dass das schon wieder wird.« Außerdem: Schlimmer als im Sommer, als es mir so schlecht ging, kann es eigentlich nicht werden. Tino grinst. Er weiß, was ich meine, denn damals hätte ich mir auch ein Schild umhängen können, auf dem »Fass mich nicht an« stand.
    Wir liegen noch einige Augenblicke schweigend da, und kurz darauf ist er wieder in sein Buch vertieft.
    Bisher habe ich das lieber alles verdrängt. Es gibt ja keine Antworten darauf. Nicht vor Frühjahr nächsten Jahres. Ich kann nicht mal garantieren, dass ich dann überhaupt schon Nähe oder Zärtlichkeiten zulassen kann. Ich merke ja jetzt schon, dass es immer schwieriger wird.

    Wir sind zurück aus Mallorca. Es sind noch zehn Tage bis zur ersten OP: Willkommen in der Realität. Der Briefkasten quillt über, aber nachdem ich alles durchgeschaut habe, bin ich enttäuscht: weder irgendeine Kostenübernahme noch eine Benachrichtigung für ein Päckchen mit der Kompressionshose. Ich brauche direkt nach der OP eine Kompressionshose, das hat uns Professor Feller gleich beim ersten Gespräch erklärt. Die Hose komprimiert das Gewebe am Po, wo die Operation große Narben hinterlassen wird, sodass sich dort keine Wundflüssigkeit einlagern kann. Feller empfiehlt uns das Fabrikat einer niederländischen Firma, das nicht so teuer ist und trotzdem seinen Zweck erfüllt. Ich habe dort per Internet erst mal ein Exemplar bestellt. Keine Ahnung, ob mir eine reichen wird. Aber ich kann ja jederzeit nachkaufen. Doch zunächst sollte die erste Hose langsam eintreffen.
    Heute ist Sonntag, und entsprechend kann ich gar nichts tun. In gedämpfter Stimmung räumen wir unsere Taschen aus. Bald türmen sich Berge dreckiger Wäsche vor unserer Waschmaschine. Außerdem muss ich mich bei Oma zurückmelden. Ich seufze. Also gut, hat ja keiner behauptet, dass das alles ein Zuckerschlecken wird. Immerhin hatten wir einen Traumurlaub. Das darf ich nicht vergessen.
    Am nächsten Morgen wache ich auf und weiß sofort: noch neun Tage. Nach dem Frühstück kümmere ich mich sofort um die Kompressionshose, das hat jetzt erste Priorität, da die Bestellung im Internet weiter auf sich warten lässt. Schon vor dem Urlaub hatte ich mehrfach versucht, telefonisch und per E-Mail etwas über die Lieferzeiten zu erfahren. Jetzt muss Plan B her.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Ich stehe im Sanitätshaus gleich neben dem Freiburger Stadttheater.
    »Ich bräuchte eine Kompressionshose in dieser Art.«
    Ich halte der Frau hinter der Theke die Beschreibung jener Hose hin, die ich im Internet bestellt habe. Sie wirft einen kurzen Blick darauf.
    »Es tut mir leid. Wir führen keinerlei Bedarf für Fettabsaugungen.«
    Was?
    Die Verkäuferin gibt mir die Beschreibung zurück. Ich starre sie sprachlos an. Was hat sie da eben gesagt? Sehe ich so aus, als ob ich mir Fett absaugen lassen würde? Geht’s ihr noch gut? Ich stopfe die Beschreibung in meine Tasche. Nichts wie raus hier. Das ist es also: das größte Sanitätsgeschäft in Freiburg. Super, und nun? Ich stehe ziemlich gedemütigt auf der Straße herum. Soll ich mich auf die Suche nach einem weiteren Sanitätsgeschäft machen? Ich habe gerade keine Ahnung, wo noch ein anderes derartiges Fachgeschäft ist. Aber ich habe auch null Bedarf nach weiteren Demütigungen. Ich hätte die Frau ja auch ordentlich anpflaumen können. Aber dazu bin ich gerade viel zu dünnhäutig.
    Als heulendes Elend komme ich dann auch wieder zu Hause an. Beim Heimradeln aus der Stadt wurde der ganze Ärger zu Tränen.
    »Und, warst du erfolgreich?«
    Tino schaut erst jetzt vom Computer auf, und damit ist seine Frage wohl schon beantwortet.
    Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt habe, erkläre ich ihm, dass sie mir im Sanitätshaus unterstellt haben, dass ich die Hose fürs Fettabsaugen bräuchte. »Die hat dich ernsthaft gefragt, ob es für eine Fettabsaugung ist?« Tino ist ebenso baff, wie ich es war.
    »Nein, gefragt hat sie nicht. Sie ist einfach davon ausgegangen.«
    »So eine blöde Kuh.«
    Wir diskutieren, wie wir weiter vorgehen sollen. Ich frage Tino, ob er nicht bei anderen Sanitätshäusern in Freiburg anrufen könne.
    »Komm, wir schauen, ob wir nicht einen Anbieter im Internet finden. Wenn wir denen erklären, dass es schnell gehen muss, ist das vielleicht einfacher.«
    Noch immer ziemlich bedröpelt hole ich mir einen Stuhl und setze mich neben Tino vor den Computer. Ich schaue zu,

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