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Oben ohne

Oben ohne

Titel: Oben ohne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Heeg
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glauben. Tino ist in Feierlaune, er ist sichtlich erleichtert. Ich bin zwar auch froh, merke aber, dass sich keine unbändige Freude einstellt. Es ist die Kostenübernahme für eine Operation, und nicht der Hauptgewinn im Lotto. Das ist schon noch ein Unterschied. Nichtsdestotrotz: Es ist eine Erleichterung zu wissen, dass sich das mögliche finanzielle Desaster etwas beschränkt. Außerdem ist es eine Neuigkeit, über die sich Oma morgen ganz sicher freuen wird.
    Und die Kostenübernahme ist ja letztendlich auch wieder eine Bestätigung, dass das, was ich tue, genau das Richtige ist. Für eine völlig überzogene Reaktion würde die Beihilfe sicherlich kein Geld ausgeben. Das fühlt sich richtig gut an. Ich habe einen weiteren Hinweis bekommen, dass andere meinen Weg verstehen.

    Wir sitzen im Zug nach Stuttgart. Zugfahren ist zwar zu zweit teurer als Autofahren. Es hat aber den Vorteil, dass Tino nebenher arbeiten kann. Das kann er im Auto nicht, da wird ihm schon schlecht, wenn er nur die Landkarte lesen will. Außerdem fahre ich einfach auch gerne Zug. Die Bahncard 50 ist schon Teil meines Freiheitsgefühls. Auch wenn es die DB eigentlich immer schafft, mir ordentlich Verspätung aufzubrummen, wenn ich unterwegs bin. Aber heute ist Tino dabei, der hat bahnmäßig die bessere Aura, da geht alles nach Plan. Es sind noch vier Tage bis zur ersten Operation.
    Ich freue mich sehr auf den Besuch. Seit der zweiten Blutabnahme hat sich das Verhältnis zu Oma wieder komplett entspannt. Und sie zeigt mir jetzt sogar, dass sie stolz darauf ist, wie ich mit meiner Geschichte umgehe.
    Pünktlich zum Mittagessen erreichen wir das Haus am Sonnenberg. Ich habe mir Weckklöße mit Tomatensoße gewünscht, und das kleine Haus ist erfüllt vom Duft nach Tomaten. Das ist ein Essen, das ich mir selber nie koche. Die Tomatensoße ist garantiert aus frischen Tomaten. Organisiert wie sie ist, kocht Oma im Sommer auf Vorrat – und ab damit in den riesigen Gefrierschrank. Dazu gibt es grünen Salat und – wie immer bei Oma – Weißweinschorle. Das gönnt sie sich jeden Mittag.
    Es gibt viel zu erzählen. Zum einen von der Kostenübernahme, zum anderen aber über unseren Urlaub. Nach dem Essen packt Tino den Laptop aus, und wir zeigen Oma unsere Mallorca-Bilder. Ich habe ihr schon immer Urlaubsfotos gezeigt, aber heute kommt sie mir besonders interessiert vor. Schon fast auffällig. Irgendwann mittendrin unterbricht sie uns und hastet hinaus: »Warte mal kurz.«
    Sie kommt zurück und wedelt mit einer Zeitschrift.
    »Evelyn, schau dir mal diese Leserreise an. Mandelblüte in Mallorca. Ich überlege, ob ich mich anmelden soll. Ich habe schon eine Bekannte gefragt, ob sie mitgehen würde.«
    Ich bin begeistert und sage ihr das. Die Reise führt durch alle schönen Städtchen im Norden der Insel. Außerdem ist die Mandelblüte ein echtes Erlebnis. In Deutschland ist die Natur zu diesem Zeitpunkt noch völlig grau. In Mallorca hingegen herrscht farbenprächtiges Frühjahr.
    Oma nickt zu meinen Ausführungen: »Ich finde auch, dass die Reise sehr interessant klingt. Ich hebe die Ausschreibung mal auf. Anmelden kann ich mich im Moment noch nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Evelyn, die Reise ist Ende Februar. Das ist noch eine lange Zeit. Wer weiß, wie es mir bis dahin geht.«
    Was ist denn das für eine Zeitrechnung?
    »Aber du kannst doch eine Reiserücktrittsversicherung abschließen. Dann hast du sicher einen Platz und hast ein wunderschönes Reiseziel vor Augen. Vorfreude ist doch auch wichtig.«
    Oma schaut mich prüfend an: »Meinst du, ich würde das schaffen? Mit dem Fliegen und dem Flughafen und allem?«
    Na ja, ehrlich gesagt finde ich es schon mutig. Der Flughafen in Palma ist riesig. Aber da fahren immer diese Elektro-Golf-Flitzer rum, da können sie Oma einfach draufpacken. Außerdem sind die dort ja grundsätzlich auf ältere Reisende eingestellt. Wenn wir im Februar dort sind, gibt es jedenfalls nur Radler und Rentner auf der Insel.
    »Klar, hier in Stuttgart wirst du zum Flughafen gebracht. Dann helfen die Veranstalter. Deine Bekannte hast du ja auch noch dabei. Was denkt die denn darüber?«
    »Wenn es nach der ginge, hätten wir schon lange gebucht.«
    Ich rede ihr nochmal gut zu. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Oma in den nächsten drei Monaten so abbauen sollte, dass sie das nicht schaffen könnte. Anfang Januar hat sie schon eine andere Reise gebucht, ebenfalls ein alter Traum: eine Fahrt durch die

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