Oberst von Huhn bittet zu Tisch (German Edition)
waren und gut gebraten vom Strand kommen, landen wohl gleich auf dem Teller.
Und was ist – hier wird es nun unfassbar! – mit dem »Scheidenfischfilet mit Banana und Leidenschaftfruchtsosse«, das Herr M. und Frau W. aus Erlangen einmal in ihrem Hotel in Funchal auf Madeira bestellten? Dazu ist zu sagen, dass es sich hier um einen Fisch namens
Espada
oder
Scabbard Fish
handelt, der in den Gewässern um Madeira häufig vorkommt, gern geangelt und noch lieber gegessen wird, zu Deutsch heißt das Tier »Degenfisch« und, da der Degen auch eine Scheide braucht, manchmal »Degenscheidenfisch«.
Die »Leidenschaftfruchtsosse« wird natürlich aus der Passionsfrucht gemacht.
Nicht erklären kann ich, was alles in der »Fenchel-Organsuppe« gesteckt haben mag, die Leserin E. einmal in der Kantine ihres Münchner Arbeitgebers entdeckte. Dafür weiß ich, wie es kam, dass Frau S. aus München auf der Isla Margarita in Venezuela »Zahnstein sosse« entdeckte. Es muss
Sauce de tartare
gewesen sein, der man eina genommen hatte, sodass sie
Sauce de tartre
geworden war – und
tartre
heißt nun mal »Zahnstein«. Alles andere würde ja auch bedeuten, dass man im venezolanischen Tourismus Reisende wirklich bis aufs Letzte auskocht.
Übrigens fand Frau S. im selben Lokal bei einem zweiten Aufenthalt
sweet donuts
auf dem Büffett, das waren dann auf Deutsch »Liebe Berliner«. Falls Sie also ein »lieber Berliner« sein sollten (und noch dazu Zahnstein haben): Meiden Sie vorsichtshalber Venezuela!
Ich schließe dieses Kapitel mit einem Satz, den jemand am Schluss des Angebots eines Catering-Service entdeckte: »Sollten Sie noch weitere Fragen haben, wir braten Sie gerne.« Dazu passt der Name eines Gerichts auf der Karte des Restaurants
Comidas Latitud Caseras
in Porto Christo auf Mallorca: »Allein auf dem Grill mit Kartoffeln und Salat«.
Gibt es eine größere, schlimmere Form der Einsamkeit?
Und dazu wieder passt das Schild, das die Schwester meiner lieben Bekannten H. im Hotel
San Michele
in Verona entdeckte, im Fahrstuhl: »Sagen Sie bitte Bescheid, wenn Sie verbrannt riechen.«
PS: Passen Sie übrigens beim Lebensmitteleinkauf immer gut auf Ihre Kinder auf, Sie haben ja nun gelesen, was passieren kann. Leserin K. hörte mal in einem Supermarkt die Durchsage: »Adriana sucht ihre Mutti. Sie kann bei der Tiefkühlzone abgeholt werden.«
Mistsalat – oder:
Ein vegetarisches Angebot
D er rein vegetarischen Gerichte, mit denen ich hier aufwarten kann, sind es nicht sehr viele, das liegt wohl daran, dass die Fleischverachtung außerhalb Deutschlands noch weit weniger verbreitet ist als bei uns.
Wie mühsam das Leben für den Vegetarier immer noch ist, zeigt sich zum Beispiel im portugiesischen Ort Amarcao de Pêra an der Algarve, wo Leserin S. vor Jahren »Mistsalat« entdeckte – und zwar auf der Speisekarte.
Aus dem Restaurant
La Cascina
des Hotels
Villa Cappugi
in der toskanischen Stadt Pistoia brachte mir Frau K. aus Pfaffenhofen ein Gericht namens »Verbeult von gemuse in sube von kase« mit. Man stellt sich hier zunächst einmal einen Koch vor, der anscheinend so voller Hass auf Vegetarier ist, dass er besinnungslos vor Wut aufs Gemüse einschlägt, sodass es komplett demoliert auf dem Teller erscheint.Zur Ehrenrettung des
La Cascina
muss allerdings gesagt werden: Es handelt sich hier um einen
Sformatino alle verdure in salsa di formaggi
, und ein
Sformatino
ist in der italienischen Küche immer eine Art Küchlein, in der Form gegart, in diesem Fall aus Gemüse bestehend.
Sformare
ist aber auch ein Verb, es bedeutet »deformieren« oder »verbeulen«.
Etwas, das
sformato
ist, ist also verbeult,
sformatino
wäre die Verkleinerungsform. (
Il tavolo
ist zum Beispiel der Tisch,
il tavolino
das Tischchen.)
Vielleicht ist das Gemüse in Pistoia also nur ein bisschen verbeult.
Anderswo, in Dublin nämlich (und dort im
Finnstown Country House Hotel
, dem Geburtsort Oberst von Huhns), müssen die Vegetarier selbst in der Küche tätig werden – und wie lieblos nennt man dann das von ihnen zubereitete Gericht: »Vegetarier hat Aubergine mit gewürztem Reis und Gemüse, Tomate und Basilikumssoße, Mozzarellakäse Vollgestopft«. Im schon erwähnten
Quality Inn
des
Mountain Ranch Resorts
in Williams/Arizona gab es übrigens bis vor drei Jahren auch Mozzarella, indes in folgender Ausführung: »Mozzarella-Käse schlug wiederholt und briet tief«, eine Formulierung, die unwillkürlich an die Betragens-Abteilung von
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